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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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Sei du zum Zeugen mir erlaubt,
Du Opfer glänzender Verbrechen,
Im Sturm für deiner Väter Schwächen
Gefall'mes königliches Haupt!
Zum Tod' muß Ludwig sich bereite",
Und die gekrönte Stirn gesenkt
Sieht man ihn zum Schaffote schreiten,
Dem Platz des Gränlö, mit Blut getränkt;
Volk und Gesetze waren taub --
Das bini'ge Mordbeil nur regierte:
Der Purpur, der deu König zierte,
Wird seiner wilden Henker Raub.
Selbstmächt'ger Bösewicht und Sünder!
Ich hasse Dich und Deine Brut --
Dein Untergang, der Deiner Kinder,
Entflammt mein Aug' zu froher Glut;
Auf Deiner Stirn gefurchtem Feld
Trägst Du, ain warnendes Erempel,
Des VolköfluchS untilgbaren Stempel --
Du Vorwurf Gottes in der Welt!
Wenn auf der Newa dunkeln Wogen
Des Mondes klares Bild sich wiegt,
Und dem Gewühl des Tags entzogen
Rings Alles tief im Schlummer liegt --
Dann sorgenvoll der Sänger schaut
Das Denkmal langer SchreckcuLjahre:
Die öde, weiße Burg der Zare,
Die furchtbar durch de" Nebel graut.

Er hört aus jener Mauern Schlunde
Die finstre Stimme Klio'S was'n --
Er sieht vor sich die letzte Stunde
Kaligula'S lebendig stehn: --
Geschmückt mit Band und Orden bricht,
Berauscht von Wein und argen Tücken,
Der Mordschwarm ein mit stieren Blicken:
Im Herzen Furcht, Trotz im Gesicht.
ES schwieg der felle Wächter dorten,
Als sich die Brücke niedcrwand,
Im macht'gar Dunkel sind die Pforten
- Geöffnet von Vcrräthcrhcmd;
Der Janitscharen Rotte bricht
Herein -- o Schrecken unsrer Tage!
Von ihrem mörderischen Schlage
Fällt der gekrönte Bösewicht.

O nehmt'S, Ihr Herrscher! Euch zur Lehre:
Nicht Strafe", nicht des Kerkers Nacht,
Nicht Orden, Krieger, noch Altäre
Sind für Euch eine SchutzcSwacht.
Vor des Gesetzes sich'rar Macht
Sollt Ihr die stolze" Häupter beugen --
Und Freiheit, Ruhe wird sich zeige"
Als Volks und Thrones treue Wacht! --

Frankreich: Eugen Sue, Carrikati(ren, dramatische Symphonie.

Engen Sue, Repräsentant der Hauptstadt von Frankreich! Nicht umsonst habe
ich vor einigen Wochen sein Portrait gezeichnet. Die tollgewordene Romantik dazu be¬
rufen, die Welt wieder in ihre Fugen einzurenken! Ein zweiter Großherzog von


Sei du zum Zeugen mir erlaubt,
Du Opfer glänzender Verbrechen,
Im Sturm für deiner Väter Schwächen
Gefall'mes königliches Haupt!
Zum Tod' muß Ludwig sich bereite»,
Und die gekrönte Stirn gesenkt
Sieht man ihn zum Schaffote schreiten,
Dem Platz des Gränlö, mit Blut getränkt;
Volk und Gesetze waren taub —
Das bini'ge Mordbeil nur regierte:
Der Purpur, der deu König zierte,
Wird seiner wilden Henker Raub.
Selbstmächt'ger Bösewicht und Sünder!
Ich hasse Dich und Deine Brut —
Dein Untergang, der Deiner Kinder,
Entflammt mein Aug' zu froher Glut;
Auf Deiner Stirn gefurchtem Feld
Trägst Du, ain warnendes Erempel,
Des VolköfluchS untilgbaren Stempel —
Du Vorwurf Gottes in der Welt!
Wenn auf der Newa dunkeln Wogen
Des Mondes klares Bild sich wiegt,
Und dem Gewühl des Tags entzogen
Rings Alles tief im Schlummer liegt —
Dann sorgenvoll der Sänger schaut
Das Denkmal langer SchreckcuLjahre:
Die öde, weiße Burg der Zare,
Die furchtbar durch de» Nebel graut.

Er hört aus jener Mauern Schlunde
Die finstre Stimme Klio'S was'n —
Er sieht vor sich die letzte Stunde
Kaligula'S lebendig stehn: —
Geschmückt mit Band und Orden bricht,
Berauscht von Wein und argen Tücken,
Der Mordschwarm ein mit stieren Blicken:
Im Herzen Furcht, Trotz im Gesicht.
ES schwieg der felle Wächter dorten,
Als sich die Brücke niedcrwand,
Im macht'gar Dunkel sind die Pforten
- Geöffnet von Vcrräthcrhcmd;
Der Janitscharen Rotte bricht
Herein — o Schrecken unsrer Tage!
Von ihrem mörderischen Schlage
Fällt der gekrönte Bösewicht.

O nehmt'S, Ihr Herrscher! Euch zur Lehre:
Nicht Strafe», nicht des Kerkers Nacht,
Nicht Orden, Krieger, noch Altäre
Sind für Euch eine SchutzcSwacht.
Vor des Gesetzes sich'rar Macht
Sollt Ihr die stolze» Häupter beugen —
Und Freiheit, Ruhe wird sich zeige»
Als Volks und Thrones treue Wacht! —

Frankreich: Eugen Sue, Carrikati(ren, dramatische Symphonie.

Engen Sue, Repräsentant der Hauptstadt von Frankreich! Nicht umsonst habe
ich vor einigen Wochen sein Portrait gezeichnet. Die tollgewordene Romantik dazu be¬
rufen, die Welt wieder in ihre Fugen einzurenken! Ein zweiter Großherzog von


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[0286] Sei du zum Zeugen mir erlaubt, Du Opfer glänzender Verbrechen, Im Sturm für deiner Väter Schwächen Gefall'mes königliches Haupt! Zum Tod' muß Ludwig sich bereite», Und die gekrönte Stirn gesenkt Sieht man ihn zum Schaffote schreiten, Dem Platz des Gränlö, mit Blut getränkt; Volk und Gesetze waren taub — Das bini'ge Mordbeil nur regierte: Der Purpur, der deu König zierte, Wird seiner wilden Henker Raub. Selbstmächt'ger Bösewicht und Sünder! Ich hasse Dich und Deine Brut — Dein Untergang, der Deiner Kinder, Entflammt mein Aug' zu froher Glut; Auf Deiner Stirn gefurchtem Feld Trägst Du, ain warnendes Erempel, Des VolköfluchS untilgbaren Stempel — Du Vorwurf Gottes in der Welt! Wenn auf der Newa dunkeln Wogen Des Mondes klares Bild sich wiegt, Und dem Gewühl des Tags entzogen Rings Alles tief im Schlummer liegt — Dann sorgenvoll der Sänger schaut Das Denkmal langer SchreckcuLjahre: Die öde, weiße Burg der Zare, Die furchtbar durch de» Nebel graut. Er hört aus jener Mauern Schlunde Die finstre Stimme Klio'S was'n — Er sieht vor sich die letzte Stunde Kaligula'S lebendig stehn: — Geschmückt mit Band und Orden bricht, Berauscht von Wein und argen Tücken, Der Mordschwarm ein mit stieren Blicken: Im Herzen Furcht, Trotz im Gesicht. ES schwieg der felle Wächter dorten, Als sich die Brücke niedcrwand, Im macht'gar Dunkel sind die Pforten - Geöffnet von Vcrräthcrhcmd; Der Janitscharen Rotte bricht Herein — o Schrecken unsrer Tage! Von ihrem mörderischen Schlage Fällt der gekrönte Bösewicht. O nehmt'S, Ihr Herrscher! Euch zur Lehre: Nicht Strafe», nicht des Kerkers Nacht, Nicht Orden, Krieger, noch Altäre Sind für Euch eine SchutzcSwacht. Vor des Gesetzes sich'rar Macht Sollt Ihr die stolze» Häupter beugen — Und Freiheit, Ruhe wird sich zeige» Als Volks und Thrones treue Wacht! — Frankreich: Eugen Sue, Carrikati(ren, dramatische Symphonie. Engen Sue, Repräsentant der Hauptstadt von Frankreich! Nicht umsonst habe ich vor einigen Wochen sein Portrait gezeichnet. Die tollgewordene Romantik dazu be¬ rufen, die Welt wieder in ihre Fugen einzurenken! Ein zweiter Großherzog von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/286>, abgerufen am 17.06.2024.