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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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lische, spanische, französische; war in der Kriegszeit, eine Art Seeräuber, Sir. --
Und euer Vater? -- Nie einen gehabt, Sir. -- Aber die Mutter muß euch ge¬
sagt haben. -- Zu viel gefragt für einen Penny, Sir, Zeit ist Geld, Sir.
Und damit wandelt das Amphibium gravitätisch ab. Jetzt stürmen aber eine Masse
kleiner Pennyliebhaber auf mich los; der eine Junge hält mir mit beiden Händen
ein Ungethüm von einer Schildkröte vor's Gesicht, andere wollen mir MusÄ ein
verkaufen, el" drolliger kleiner Teufel gar zieht einen Stein aus der Tasche, reißt
den Mund von einem Ohr zum andern auf und schreit: Ein echter Brightoner
Kieselstein, Sir! Für einen Penny, Sir, einen einzigen Penny! Dort an den
CliffS gefunden, Sir, ich zerschlag' ihn vor Ihren Augen. -- Richtig, er schmeißt
den Stein mit solcher Gewalt auf eine Quader des Straßenpflasters, daß er zer¬
springt, und will mir beweisen, daß sich auf der Durchschnittsfläche ein Portrait
erkennen lasse"). -- Sehen Sie, Sir, das leibhafte Portrait einer reichen Erbin,
zum Entführer schön, Sir, laufen Sie mit ihr davon und sein Sie glücklich, Sir.
-- Ja, ja, ich laufe schon. Glücklicher Weise habe ich zum Hause meiner Gast¬
freunde an der Ecke des Negency Sauare, dort, wo die grün angestochenen V^r-
andahs um den ersten und zweiten Stock laufen, keine dreißig Schritt. Im Hans^
flnr springt mir Johann lächelnd entgegen. Ach, Herr von gut, daß Sie kom¬
men. Der Großvater frägt seit einer Stunde nach Ihnen.




Preußen und der Bundesstaat.



Die rothen Sammetsessel im Augustinerkloster zu Erfurt werden heul besetzt,
der Reichstag beginnt und wir sehn wieder blauen Himmel über Deutschland. Aus
einer schlechten Zeit des Schwankens und Zweitelns sind die Angelegenheiten des
Bundesstaates und Deutschlands endlich vor die. Tribüne von Repräsentanten der'
N-deivr gekommen. Wir täuschen uns nicht über die Größe des moralischen Ein-
sses, welchen das Erfurter Parlament auf die öffentliche Meinung ausüben
wird. Wie seine Vertreter gewählt worden sind, fast ohne eine Spur von Begei¬
sterung, so werdeu auch die Verhandlungen des Parlaments von dem größten
Theil der Nation ohne Enthusiasmus, in vielen Theilen Deutschlands mit den ent¬
gegengesetzten Empfindungen beurtheilt werden. Denn der Reichstag in Erfurt
ist im Großen betrachtet, nichts als die Versammlung einer Partei, welcher in den



*) Man erzählt, daß sich oft in den "Bnghton Muth" Figuren, Landschaften und an¬
dere Zeichnungen finden. Mir ist das Naturspiel nie zu Gesicht gekommen.
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lische, spanische, französische; war in der Kriegszeit, eine Art Seeräuber, Sir. —
Und euer Vater? — Nie einen gehabt, Sir. — Aber die Mutter muß euch ge¬
sagt haben. — Zu viel gefragt für einen Penny, Sir, Zeit ist Geld, Sir.
Und damit wandelt das Amphibium gravitätisch ab. Jetzt stürmen aber eine Masse
kleiner Pennyliebhaber auf mich los; der eine Junge hält mir mit beiden Händen
ein Ungethüm von einer Schildkröte vor's Gesicht, andere wollen mir MusÄ ein
verkaufen, el» drolliger kleiner Teufel gar zieht einen Stein aus der Tasche, reißt
den Mund von einem Ohr zum andern auf und schreit: Ein echter Brightoner
Kieselstein, Sir! Für einen Penny, Sir, einen einzigen Penny! Dort an den
CliffS gefunden, Sir, ich zerschlag' ihn vor Ihren Augen. — Richtig, er schmeißt
den Stein mit solcher Gewalt auf eine Quader des Straßenpflasters, daß er zer¬
springt, und will mir beweisen, daß sich auf der Durchschnittsfläche ein Portrait
erkennen lasse"). — Sehen Sie, Sir, das leibhafte Portrait einer reichen Erbin,
zum Entführer schön, Sir, laufen Sie mit ihr davon und sein Sie glücklich, Sir.
— Ja, ja, ich laufe schon. Glücklicher Weise habe ich zum Hause meiner Gast¬
freunde an der Ecke des Negency Sauare, dort, wo die grün angestochenen V^r-
andahs um den ersten und zweiten Stock laufen, keine dreißig Schritt. Im Hans^
flnr springt mir Johann lächelnd entgegen. Ach, Herr von gut, daß Sie kom¬
men. Der Großvater frägt seit einer Stunde nach Ihnen.




Preußen und der Bundesstaat.



Die rothen Sammetsessel im Augustinerkloster zu Erfurt werden heul besetzt,
der Reichstag beginnt und wir sehn wieder blauen Himmel über Deutschland. Aus
einer schlechten Zeit des Schwankens und Zweitelns sind die Angelegenheiten des
Bundesstaates und Deutschlands endlich vor die. Tribüne von Repräsentanten der'
N-deivr gekommen. Wir täuschen uns nicht über die Größe des moralischen Ein-
sses, welchen das Erfurter Parlament auf die öffentliche Meinung ausüben
wird. Wie seine Vertreter gewählt worden sind, fast ohne eine Spur von Begei¬
sterung, so werdeu auch die Verhandlungen des Parlaments von dem größten
Theil der Nation ohne Enthusiasmus, in vielen Theilen Deutschlands mit den ent¬
gegengesetzten Empfindungen beurtheilt werden. Denn der Reichstag in Erfurt
ist im Großen betrachtet, nichts als die Versammlung einer Partei, welcher in den



*) Man erzählt, daß sich oft in den „Bnghton Muth" Figuren, Landschaften und an¬
dere Zeichnungen finden. Mir ist das Naturspiel nie zu Gesicht gekommen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/507>, abgerufen am 15.06.2024.