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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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ehrt hat! -- Da hört doch aber wirklich Vieles auf. Wenn man fortfährt, die Mutter
Gottes ähnliche unprivilegirtc Wunder thun zu lassen, so wird sich ,am Ende der
Papst ins Mittel legen müssen. -- Daß übrigens diese Tollhänslereien unter dem
Namen einer so ehrenwerthen und durch vie.in frühere'Leistungen ausgezeichneten Firma
erscheinen, kann ich mir nur daraus erklären, daß sie dem Volk einmal durch ein
schlagendes Beispiel zeigen wollte, wie weit es mit ihm gekommen ist. --

Die Friedrichsehre enthält eine Sammlung von Gedichten über Friedrich den
Großen zum historischen Zweck; sie sollen uns nämlich die Stimmung der Zeit versinnlichen.
Der Sammler hätte zweckmäßiger daran gethan, wenn er sich auf die wirklichen Zeit'
genossen eingeschränkt und von spätern Dichtern nur solche ausgenommen hätte, die
einen wirklich poetischen Werth haben. Wir finden aber eine ganze Reihe Gedichte von
Theodor PostHumus, welcher Name, wie uns in der Parenthese gesagt wird, ein Pseu¬
donym ist sür Baron von Droschke, deren Aufnahme weder durch historische uoch ästhetische
Gründe motivirt ist. An sich ist der Gedanke dieser Sammlung, die sich auf das
Berliner Fricdrichsdcnkmal bezieht, ganz zweckmäßig, wenn auch in diesem Augenblick
der damit verbündend patriotische Zweck keine große Aussicht auf Erfolg haben sollte. --

Der dritte von den angeführten Dichtern hat wirkliches Talent; es sind poetische
Empfindungen und eine gewisse Kühnheit der Phantasie darin, ans der sich Etwas
machen läßt, und, was bei unsern Dichtern noch seltener ist, ein gewisses Gefühl für
Rhythmus und Melodie; aber einerseits muß sich der Dichter vor Heine'schen Remi¬
niscenzen hüten, andererseits sich bemühen, der Herr seiner Bilder zu bleiben und sich
nicht von ihnen meistern zu lassen. Das Letztere gilt z. B. von dem Gedicht: Ewige
Flucht, von dem ich hier die erste Strophe als Probe mittheile:

Herr Meyer, der Verfasser der vierten Sammlung, bewegt sich im Ganzen ni
verständigen, gemäßigten Empfindungen, wenn auch seine Ausdrucke zuweilen an a"^'
quirle Dichterwciscn erinnern, z. B. in einer Vossischen "Sehnsucht nach dem Süden

.,^
Ferner in der allzu chronologischen Angabe über die Empfindungen eines "O! ^
morgens":


ehrt hat! — Da hört doch aber wirklich Vieles auf. Wenn man fortfährt, die Mutter
Gottes ähnliche unprivilegirtc Wunder thun zu lassen, so wird sich ,am Ende der
Papst ins Mittel legen müssen. — Daß übrigens diese Tollhänslereien unter dem
Namen einer so ehrenwerthen und durch vie.in frühere'Leistungen ausgezeichneten Firma
erscheinen, kann ich mir nur daraus erklären, daß sie dem Volk einmal durch ein
schlagendes Beispiel zeigen wollte, wie weit es mit ihm gekommen ist. —

Die Friedrichsehre enthält eine Sammlung von Gedichten über Friedrich den
Großen zum historischen Zweck; sie sollen uns nämlich die Stimmung der Zeit versinnlichen.
Der Sammler hätte zweckmäßiger daran gethan, wenn er sich auf die wirklichen Zeit'
genossen eingeschränkt und von spätern Dichtern nur solche ausgenommen hätte, die
einen wirklich poetischen Werth haben. Wir finden aber eine ganze Reihe Gedichte von
Theodor PostHumus, welcher Name, wie uns in der Parenthese gesagt wird, ein Pseu¬
donym ist sür Baron von Droschke, deren Aufnahme weder durch historische uoch ästhetische
Gründe motivirt ist. An sich ist der Gedanke dieser Sammlung, die sich auf das
Berliner Fricdrichsdcnkmal bezieht, ganz zweckmäßig, wenn auch in diesem Augenblick
der damit verbündend patriotische Zweck keine große Aussicht auf Erfolg haben sollte. —

Der dritte von den angeführten Dichtern hat wirkliches Talent; es sind poetische
Empfindungen und eine gewisse Kühnheit der Phantasie darin, ans der sich Etwas
machen läßt, und, was bei unsern Dichtern noch seltener ist, ein gewisses Gefühl für
Rhythmus und Melodie; aber einerseits muß sich der Dichter vor Heine'schen Remi¬
niscenzen hüten, andererseits sich bemühen, der Herr seiner Bilder zu bleiben und sich
nicht von ihnen meistern zu lassen. Das Letztere gilt z. B. von dem Gedicht: Ewige
Flucht, von dem ich hier die erste Strophe als Probe mittheile:

Herr Meyer, der Verfasser der vierten Sammlung, bewegt sich im Ganzen ni
verständigen, gemäßigten Empfindungen, wenn auch seine Ausdrucke zuweilen an a»^'
quirle Dichterwciscn erinnern, z. B. in einer Vossischen „Sehnsucht nach dem Süden

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Ferner in der allzu chronologischen Angabe über die Empfindungen eines „O! ^
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/520>, abgerufen am 22.05.2024.