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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Semilleros (Pflanzbeete), in der Regel höher gelegen, werden besäet, und aus
diesen im October die jungen Pflanzen in die tiefer gelegenen Felder versetzt.
Im Januar bis März ist der Tabak zum Schnitte reif. Zwischen der Vueltabajo
und Havanna liegen die Partidos de San Marco, San Felipe, San Antonio,
welche den Partido Tabak liefern. Dieser ist es hauptsächlich, welcher als "Ha¬
vanna" oder auch "Cabannaö" Tabak nach Europa kommt. Er ist meist größer
und feiner von Blatt, und häufig schöner von Farbe, wie das Product der
Vueltabajo, aber weniger gut von Qualität. In Havanna verarbeiten ihn ein¬
zelne Fabriken; unter den größeren z. B. Nencurrel und früher die Alemaua.

Die Plantagenbesitzer sind nur selten Fabrikanten. In den Partidos kommt
es zwar vor, daß die Besitzer von Kaffeeplantagen etwas Tabak erbauen, und
diesen dnrch ihre Neger in den Jahreszeiten verarbeiten lassen, in welchen der
Kaffeebau weniger Hände beschäftigt, Fabrikanten sind sie aber darum noch
nicht. Das Product dieser -- mehr Hausindustrie als Fabrikation -- sind die
bekannten Pflanzer- oder Landcigarren.

In den Fabriken Havanna's sind fast eben so viele Weiße -- theils Creolen,
theils Eingewanderte von Spanien und den Kanarischen Inseln -- als Farbige
beschäftigt. Die Fabel, daß die Negerinnen Cigarren ans den Schenkeln drehen
sollen, danken wir der Comtesse Merlin, die überhaupt in ihrem Buche "la Havaune"
viel Falsches über ihr Geburtsland erzählt hat. Das Wahre an der Sache
ist, daß die Guajiras (eingeborne Weiße im Innern der Insel) dem Gaste
eine Veguerocigarre aus freier Hand drehen, sie anbrennen, einige Züge thun
und dann zum Weitermuchcn überreichen, -- eine Sitte, welche vielleicht noch
von den jetzt ganz verschwundenen Ureinwohnern der Insel aus die neuere Ze^
vererbt worden ist; -- wenigstens erinnert der Gebrauch an die Friedenspfeife
der Nordamerikanischen Indianer.

Die "tropischen Pflanzer" von spanischer Herkunft wenigstens bringen es im
Rauchen selten über "Papiercigarren", und würden ihnen schwere "Tabanvs^
wahrscheinlich eben so schlecht bekommen, wie 3 bis i Flaschen Portwein, wel¬
chen die Abkömmlinge der mäßigen Spanier auch in den Tropenländern me
trinken. In Havanna sind es hauptsächlich die Nvrdcuropäer und die Nord¬
amerikaner, welche Tabanvs rauchen; die Creolen und auch die meisten Altspanier
rauchen Cigarrillos. Die Guajiros -- die Bauern im Innern, ein kerniger
Menschenschlag, welcher es auch war, der, Lopez voriges Jahr von Cardenas
vertrieb, und diesen Sommer die "LibemtoreS" bei Bahia Hondo mit Flinten¬
schüssen empfing -- find es fast allein, welche Tabanvs puros und zwar Vegucros
rauchen.

Bei der Farbenbezcichnung gehört "ligt)t" zwischen yellow und lightbrown.
Weniger gebräuchlich ist die Sortirung der Cigarren in "flvjo" leicht, "cntresuerte"
mittelschwer und "snerte" schwer, so wie die der Siloah in /V bis wobei ^ die


Semilleros (Pflanzbeete), in der Regel höher gelegen, werden besäet, und aus
diesen im October die jungen Pflanzen in die tiefer gelegenen Felder versetzt.
Im Januar bis März ist der Tabak zum Schnitte reif. Zwischen der Vueltabajo
und Havanna liegen die Partidos de San Marco, San Felipe, San Antonio,
welche den Partido Tabak liefern. Dieser ist es hauptsächlich, welcher als „Ha¬
vanna" oder auch „Cabannaö" Tabak nach Europa kommt. Er ist meist größer
und feiner von Blatt, und häufig schöner von Farbe, wie das Product der
Vueltabajo, aber weniger gut von Qualität. In Havanna verarbeiten ihn ein¬
zelne Fabriken; unter den größeren z. B. Nencurrel und früher die Alemaua.

Die Plantagenbesitzer sind nur selten Fabrikanten. In den Partidos kommt
es zwar vor, daß die Besitzer von Kaffeeplantagen etwas Tabak erbauen, und
diesen dnrch ihre Neger in den Jahreszeiten verarbeiten lassen, in welchen der
Kaffeebau weniger Hände beschäftigt, Fabrikanten sind sie aber darum noch
nicht. Das Product dieser — mehr Hausindustrie als Fabrikation — sind die
bekannten Pflanzer- oder Landcigarren.

In den Fabriken Havanna's sind fast eben so viele Weiße — theils Creolen,
theils Eingewanderte von Spanien und den Kanarischen Inseln — als Farbige
beschäftigt. Die Fabel, daß die Negerinnen Cigarren ans den Schenkeln drehen
sollen, danken wir der Comtesse Merlin, die überhaupt in ihrem Buche „la Havaune"
viel Falsches über ihr Geburtsland erzählt hat. Das Wahre an der Sache
ist, daß die Guajiras (eingeborne Weiße im Innern der Insel) dem Gaste
eine Veguerocigarre aus freier Hand drehen, sie anbrennen, einige Züge thun
und dann zum Weitermuchcn überreichen, — eine Sitte, welche vielleicht noch
von den jetzt ganz verschwundenen Ureinwohnern der Insel aus die neuere Ze^
vererbt worden ist; — wenigstens erinnert der Gebrauch an die Friedenspfeife
der Nordamerikanischen Indianer.

Die „tropischen Pflanzer" von spanischer Herkunft wenigstens bringen es im
Rauchen selten über „Papiercigarren", und würden ihnen schwere „Tabanvs^
wahrscheinlich eben so schlecht bekommen, wie 3 bis i Flaschen Portwein, wel¬
chen die Abkömmlinge der mäßigen Spanier auch in den Tropenländern me
trinken. In Havanna sind es hauptsächlich die Nvrdcuropäer und die Nord¬
amerikaner, welche Tabanvs rauchen; die Creolen und auch die meisten Altspanier
rauchen Cigarrillos. Die Guajiros — die Bauern im Innern, ein kerniger
Menschenschlag, welcher es auch war, der, Lopez voriges Jahr von Cardenas
vertrieb, und diesen Sommer die „LibemtoreS" bei Bahia Hondo mit Flinten¬
schüssen empfing — find es fast allein, welche Tabanvs puros und zwar Vegucros
rauchen.

Bei der Farbenbezcichnung gehört „ligt)t" zwischen yellow und lightbrown.
Weniger gebräuchlich ist die Sortirung der Cigarren in „flvjo" leicht, „cntresuerte"
mittelschwer und „snerte" schwer, so wie die der Siloah in /V bis wobei ^ die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/308>, abgerufen am 29.04.2024.