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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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mit ihrer Ausführung der preußische Staat auf einem der schönsten Cultur¬
gebiete die glänzende Führerschaft der deutscheu Bildung übernommen hätte.

Herr v. Ladenl'erg sprach sich in einer Kammersitzung vom Februar 18!>0
über das beabsichtigte System in der Behandlung deS Kunstwesens unter Ander!"
folgendermaßen aus. Die Aufgabe sei, in die Kunst, ihrer gauzen Ausdehnung
nach, eine E luden zu bringen. Eine systematische Einheit würde dahin führen,
daß junge Talente ermittelt und bet'anne werden, daß sie dann durch Unterricht
und anderweit die erforderliche Unterstützung erhalten, ihnen die Gelegenheit ge¬
geben werde, sich gründlich auszubilden. Mit verhältnißmäßig wenigen Kosten
würden auf solchem Wege Künstler herangebildet werden, welche dem Vaterlande
Ehre machen. Aber anch in Bezug auf die bereits ausgebildeten Künstler müsst
für eine zweckmäßige Bertheilung lohnender Arbeit gesorgt werden. Systematische
Ausbildung nach allen Seiten und möglichste Sicherung deö Unterhalts unter
Förderung gleichmäßiger Arbeit sei die Hauptaufgabe für die Kunstgesetze. Auch
das Theater sei in das allgemeine Gebiet der Künste mit hineinzuziehen, um ihm
einen größern künstlerischen und sittlichem Werth zu verleihen. -- Dies etwa
waren die Hauptpunkte in der Rede des Hrn. v. Ladenberg. Sehen wir nun,
wie man ihnen durch die beabsichtigte" Organisationen zu entsprechen suchte.

Das Erste, was mau in das,Auge saßte, war eine Reorganisation unsrer
zum Theil recht altersschwachen Akademie der Künste. In der mit der Akademie
verbundenen Schule für bildende Kunst send bereits einige der kleineren Refocme"
eingetreten, welche mit dem Gesammtprojeete in Verbindung standen. So nament¬
lich die Abtrennung der gewerblichen Zeichenklassen, welche gleich der Bauakademie
in den Bereich des Ministeriums für Handel und Gewerbe übergingen, sodan"
die Einführung einer naturgemäßer", die selbstthätige Anschauung und Auffassung
am darzustellenden Gegenstande fördernden Lehrmethode. Die wichtigste Umge¬
staltung jedoch blieb ein frommer Wunsch. Es handelte sich nämlich hauptsächlich
n"l eine Ausdehnung des lebendig anregenden Unterrichts im Atelier der verschie¬
denen Meister. Um diese zu bewerkstelligen, mußte freilich eine theilweise Ver¬
jüngung des Lehrerpersonalö und des akademischen Senats vorausgehen, welche
wesentlich mit dem Gesammlplane in Verbindung stand. Die eigentlich künstleri¬
sche Schule, der Styl, lernt sich nicht in der Zeichenklasse, sondern im Atelier des
gediegenen Meisters, und gerade diese wichtigste Seite der Ausbildung ist bis
hier gänzlich dem Zufall überlassen.

Seit mehreren Jahren ist mit der Akademie eine musikalische Section ver¬
bunden, von der ein Theil zum Senate, ein anderer Theil zu deu Mitgliedern d^'
Anstalt zählt. Das Ministerium holt von dieser meist ans Ehrenämtern beste¬
henden Section Gutachten ein, und von den angestellten Mnstker", den M"sik-
directorcu Ruugeuhagen und Grell, wird jährlich eine bescheidene Anzahl vo"
Schülern in der Composition unterrichtet. Beide Lehrer stehen im Greisenalter,


mit ihrer Ausführung der preußische Staat auf einem der schönsten Cultur¬
gebiete die glänzende Führerschaft der deutscheu Bildung übernommen hätte.

Herr v. Ladenl'erg sprach sich in einer Kammersitzung vom Februar 18!>0
über das beabsichtigte System in der Behandlung deS Kunstwesens unter Ander!»
folgendermaßen aus. Die Aufgabe sei, in die Kunst, ihrer gauzen Ausdehnung
nach, eine E luden zu bringen. Eine systematische Einheit würde dahin führen,
daß junge Talente ermittelt und bet'anne werden, daß sie dann durch Unterricht
und anderweit die erforderliche Unterstützung erhalten, ihnen die Gelegenheit ge¬
geben werde, sich gründlich auszubilden. Mit verhältnißmäßig wenigen Kosten
würden auf solchem Wege Künstler herangebildet werden, welche dem Vaterlande
Ehre machen. Aber anch in Bezug auf die bereits ausgebildeten Künstler müsst
für eine zweckmäßige Bertheilung lohnender Arbeit gesorgt werden. Systematische
Ausbildung nach allen Seiten und möglichste Sicherung deö Unterhalts unter
Förderung gleichmäßiger Arbeit sei die Hauptaufgabe für die Kunstgesetze. Auch
das Theater sei in das allgemeine Gebiet der Künste mit hineinzuziehen, um ihm
einen größern künstlerischen und sittlichem Werth zu verleihen. — Dies etwa
waren die Hauptpunkte in der Rede des Hrn. v. Ladenberg. Sehen wir nun,
wie man ihnen durch die beabsichtigte» Organisationen zu entsprechen suchte.

Das Erste, was mau in das,Auge saßte, war eine Reorganisation unsrer
zum Theil recht altersschwachen Akademie der Künste. In der mit der Akademie
verbundenen Schule für bildende Kunst send bereits einige der kleineren Refocme»
eingetreten, welche mit dem Gesammtprojeete in Verbindung standen. So nament¬
lich die Abtrennung der gewerblichen Zeichenklassen, welche gleich der Bauakademie
in den Bereich des Ministeriums für Handel und Gewerbe übergingen, sodan»
die Einführung einer naturgemäßer», die selbstthätige Anschauung und Auffassung
am darzustellenden Gegenstande fördernden Lehrmethode. Die wichtigste Umge¬
staltung jedoch blieb ein frommer Wunsch. Es handelte sich nämlich hauptsächlich
n»l eine Ausdehnung des lebendig anregenden Unterrichts im Atelier der verschie¬
denen Meister. Um diese zu bewerkstelligen, mußte freilich eine theilweise Ver¬
jüngung des Lehrerpersonalö und des akademischen Senats vorausgehen, welche
wesentlich mit dem Gesammlplane in Verbindung stand. Die eigentlich künstleri¬
sche Schule, der Styl, lernt sich nicht in der Zeichenklasse, sondern im Atelier des
gediegenen Meisters, und gerade diese wichtigste Seite der Ausbildung ist bis
hier gänzlich dem Zufall überlassen.

Seit mehreren Jahren ist mit der Akademie eine musikalische Section ver¬
bunden, von der ein Theil zum Senate, ein anderer Theil zu deu Mitgliedern d^'
Anstalt zählt. Das Ministerium holt von dieser meist ans Ehrenämtern beste¬
henden Section Gutachten ein, und von den angestellten Mnstker», den M»sik-
directorcu Ruugeuhagen und Grell, wird jährlich eine bescheidene Anzahl vo»
Schülern in der Composition unterrichtet. Beide Lehrer stehen im Greisenalter,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/406>, abgerufen am 29.04.2024.