Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

bürgerlichen Verkehr, und macht ihn oft wild und abstoßend; aber dieser soldatische
Uebennutl) ist verschwunden, so wie er dein Bolle im Ganzen, wie es in der
"(iarälz nMvuu,!"" auftritt, gegenübersteht. Das "pvuplv ä<; 1" Kranes" ist
dem französischen Soldaten das Höchste auf Erden, er selbst sühlt sich stets als
einen Theil desselben; daher ist, ich wiederhole, eine Herrschaft, die in Frankreich
nicht von dem entschiedenen Willen des Volkes getragen wird, auf die Dauer eine
Unmöglichkeit, und würde am Heere selbst die geringste Stütze finden.

Dem Auslande gegenüber schwinden diese Bedenklichkeiten der französischen
Soldaten, und die Politik vermag sie leicht für jeden ihrer Zwecke zu verwenden,
sobald sie ihrer militairischen Eitelkeit schmeichelt. Die Expedition gegen
Rom war den dazu verwandten Truppen sehr unangenehm, und diese hätten viel
lieber den römischen Republikanern Hilfe gegen die Conservativen geleistet, als
umgekehrt Letzteren als Bundesgenossen gedient. Da sie aber marschiren mußten,
so kämpften sie nun auch gegen den auswärtigen Feind aus militairischem Ehrgeiz/
und schössen bei der Einnahme und Behauptung Roms ihre politischen Freunde
ohne Bedeuten nieder. Im letzten Sommer hörte ich in einem Kaffeehause
zu Toulon mehrere SergeantMajvrö, welche einige ihrer Kameraden verhöhnten,
die so eben aus Rom zurückgekommen waren, und erklärten, es sei eine Schande
für französische Truppen, zu solchen Zwecken benutzt zu werde", und als Bundes-
genossen der östreichischen "Stockschläger" zu dienen. Da "ahn einer der Go
neckten das Wort, und sprach mit großer Energie: Es sei wahr, diese Expedition
sei ein Unrecht, eine monströse That, aber die Schande davon salle ans den Pra'
sidcnten. Die Soldaten hätten gegen diese fremden Römer doch so gut als
möglich kämpfen müssen. Ob mau denn im Heere wolle, daß es in der Welt
heiße, französische Soldaten vermöchten die römischen Republikaner nicht zu be¬
siegen? Alle anwesenden Soldaten gaben dem Sprecher lebhaft Recht, und das
Necken hörte auf der Stelle auf.

Dieser Gedanke "pour ter gloirv v>. I'donne.ur <1v in, 1''i-laco" zu kämpfe"/
ist der stete Begleiter aller französischen Soldaten jeglichen Grades. Jetzt ist
Algier das einzige Land, in dem diesem Ehrgeiz genügt werden kann; der Dienst
daselbst ist hart und anstrengend, eine fortgesetzte Reihe von Entbehrungen und
Mihseligkeite", vou denen man bei den deutschen Heeren keinen Begriff h"t'
Tag und Nacht ans den Beine", fortwährende Neckereien von einem listige"/
blutgierigen nud raschen Feind, der stets da angreift, wo mau ihn am wenigste"
vermuthet, und der, wenn man ihm zu Leibe rückt, blitzschnell verschwindet. Un¬
ausgesetzte Patrouillen lind ein mit äußerster Vorsicht zu handhabender Vorposten¬
dienst sind im Jnnern von Algerien stets nothwendig; die geringste Versäuuunß
rächt sich häufig durch Niedermetzelung der sorglose", wie es i" diesem Sommer
noch z. B. zwei Grenadier - Compagnien vom 9. Linienregiment, die sich vo"
den Kabyleu überfallen ließen, geschah. Dazu oft schlechte und ungenügende


bürgerlichen Verkehr, und macht ihn oft wild und abstoßend; aber dieser soldatische
Uebennutl) ist verschwunden, so wie er dein Bolle im Ganzen, wie es in der
„(iarälz nMvuu,!«" auftritt, gegenübersteht. Das „pvuplv ä<; 1» Kranes" ist
dem französischen Soldaten das Höchste auf Erden, er selbst sühlt sich stets als
einen Theil desselben; daher ist, ich wiederhole, eine Herrschaft, die in Frankreich
nicht von dem entschiedenen Willen des Volkes getragen wird, auf die Dauer eine
Unmöglichkeit, und würde am Heere selbst die geringste Stütze finden.

Dem Auslande gegenüber schwinden diese Bedenklichkeiten der französischen
Soldaten, und die Politik vermag sie leicht für jeden ihrer Zwecke zu verwenden,
sobald sie ihrer militairischen Eitelkeit schmeichelt. Die Expedition gegen
Rom war den dazu verwandten Truppen sehr unangenehm, und diese hätten viel
lieber den römischen Republikanern Hilfe gegen die Conservativen geleistet, als
umgekehrt Letzteren als Bundesgenossen gedient. Da sie aber marschiren mußten,
so kämpften sie nun auch gegen den auswärtigen Feind aus militairischem Ehrgeiz/
und schössen bei der Einnahme und Behauptung Roms ihre politischen Freunde
ohne Bedeuten nieder. Im letzten Sommer hörte ich in einem Kaffeehause
zu Toulon mehrere SergeantMajvrö, welche einige ihrer Kameraden verhöhnten,
die so eben aus Rom zurückgekommen waren, und erklärten, es sei eine Schande
für französische Truppen, zu solchen Zwecken benutzt zu werde», und als Bundes-
genossen der östreichischen „Stockschläger" zu dienen. Da »ahn einer der Go
neckten das Wort, und sprach mit großer Energie: Es sei wahr, diese Expedition
sei ein Unrecht, eine monströse That, aber die Schande davon salle ans den Pra'
sidcnten. Die Soldaten hätten gegen diese fremden Römer doch so gut als
möglich kämpfen müssen. Ob mau denn im Heere wolle, daß es in der Welt
heiße, französische Soldaten vermöchten die römischen Republikaner nicht zu be¬
siegen? Alle anwesenden Soldaten gaben dem Sprecher lebhaft Recht, und das
Necken hörte auf der Stelle auf.

Dieser Gedanke „pour ter gloirv v>. I'donne.ur <1v in, 1''i-laco" zu kämpfe»/
ist der stete Begleiter aller französischen Soldaten jeglichen Grades. Jetzt ist
Algier das einzige Land, in dem diesem Ehrgeiz genügt werden kann; der Dienst
daselbst ist hart und anstrengend, eine fortgesetzte Reihe von Entbehrungen und
Mihseligkeite», vou denen man bei den deutschen Heeren keinen Begriff h"t'
Tag und Nacht ans den Beine», fortwährende Neckereien von einem listige»/
blutgierigen nud raschen Feind, der stets da angreift, wo mau ihn am wenigste»
vermuthet, und der, wenn man ihm zu Leibe rückt, blitzschnell verschwindet. Un¬
ausgesetzte Patrouillen lind ein mit äußerster Vorsicht zu handhabender Vorposten¬
dienst sind im Jnnern von Algerien stets nothwendig; die geringste Versäuuunß
rächt sich häufig durch Niedermetzelung der sorglose», wie es i» diesem Sommer
noch z. B. zwei Grenadier - Compagnien vom 9. Linienregiment, die sich vo»
den Kabyleu überfallen ließen, geschah. Dazu oft schlechte und ungenügende


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0414" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281031"/>
          <p xml:id="ID_1189" prev="#ID_1188"> bürgerlichen Verkehr, und macht ihn oft wild und abstoßend; aber dieser soldatische<lb/>
Uebennutl) ist verschwunden, so wie er dein Bolle im Ganzen, wie es in der<lb/>
&#x201E;(iarälz nMvuu,!«" auftritt, gegenübersteht. Das &#x201E;pvuplv ä&lt;; 1» Kranes" ist<lb/>
dem französischen Soldaten das Höchste auf Erden, er selbst sühlt sich stets als<lb/>
einen Theil desselben; daher ist, ich wiederhole, eine Herrschaft, die in Frankreich<lb/>
nicht von dem entschiedenen Willen des Volkes getragen wird, auf die Dauer eine<lb/>
Unmöglichkeit, und würde am Heere selbst die geringste Stütze finden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1190"> Dem Auslande gegenüber schwinden diese Bedenklichkeiten der französischen<lb/>
Soldaten, und die Politik vermag sie leicht für jeden ihrer Zwecke zu verwenden,<lb/>
sobald sie ihrer militairischen Eitelkeit schmeichelt. Die Expedition gegen<lb/>
Rom war den dazu verwandten Truppen sehr unangenehm, und diese hätten viel<lb/>
lieber den römischen Republikanern Hilfe gegen die Conservativen geleistet, als<lb/>
umgekehrt Letzteren als Bundesgenossen gedient. Da sie aber marschiren mußten,<lb/>
so kämpften sie nun auch gegen den auswärtigen Feind aus militairischem Ehrgeiz/<lb/>
und schössen bei der Einnahme und Behauptung Roms ihre politischen Freunde<lb/>
ohne Bedeuten nieder. Im letzten Sommer hörte ich in einem Kaffeehause<lb/>
zu Toulon mehrere SergeantMajvrö, welche einige ihrer Kameraden verhöhnten,<lb/>
die so eben aus Rom zurückgekommen waren, und erklärten, es sei eine Schande<lb/>
für französische Truppen, zu solchen Zwecken benutzt zu werde», und als Bundes-<lb/>
genossen der östreichischen &#x201E;Stockschläger" zu dienen. Da »ahn einer der Go<lb/>
neckten das Wort, und sprach mit großer Energie: Es sei wahr, diese Expedition<lb/>
sei ein Unrecht, eine monströse That, aber die Schande davon salle ans den Pra'<lb/>
sidcnten. Die Soldaten hätten gegen diese fremden Römer doch so gut als<lb/>
möglich kämpfen müssen. Ob mau denn im Heere wolle, daß es in der Welt<lb/>
heiße, französische Soldaten vermöchten die römischen Republikaner nicht zu be¬<lb/>
siegen? Alle anwesenden Soldaten gaben dem Sprecher lebhaft Recht, und das<lb/>
Necken hörte auf der Stelle auf.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1191" next="#ID_1192"> Dieser Gedanke &#x201E;pour ter gloirv v&gt;. I'donne.ur &lt;1v in, 1''i-laco" zu kämpfe»/<lb/>
ist der stete Begleiter aller französischen Soldaten jeglichen Grades. Jetzt ist<lb/>
Algier das einzige Land, in dem diesem Ehrgeiz genügt werden kann; der Dienst<lb/>
daselbst ist hart und anstrengend, eine fortgesetzte Reihe von Entbehrungen und<lb/>
Mihseligkeite», vou denen man bei den deutschen Heeren keinen Begriff h"t'<lb/>
Tag und Nacht ans den Beine», fortwährende Neckereien von einem listige»/<lb/>
blutgierigen nud raschen Feind, der stets da angreift, wo mau ihn am wenigste»<lb/>
vermuthet, und der, wenn man ihm zu Leibe rückt, blitzschnell verschwindet. Un¬<lb/>
ausgesetzte Patrouillen lind ein mit äußerster Vorsicht zu handhabender Vorposten¬<lb/>
dienst sind im Jnnern von Algerien stets nothwendig; die geringste Versäuuunß<lb/>
rächt sich häufig durch Niedermetzelung der sorglose», wie es i» diesem Sommer<lb/>
noch z. B. zwei Grenadier - Compagnien vom 9. Linienregiment, die sich vo»<lb/>
den Kabyleu überfallen ließen, geschah.  Dazu oft schlechte und ungenügende</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0414] bürgerlichen Verkehr, und macht ihn oft wild und abstoßend; aber dieser soldatische Uebennutl) ist verschwunden, so wie er dein Bolle im Ganzen, wie es in der „(iarälz nMvuu,!«" auftritt, gegenübersteht. Das „pvuplv ä<; 1» Kranes" ist dem französischen Soldaten das Höchste auf Erden, er selbst sühlt sich stets als einen Theil desselben; daher ist, ich wiederhole, eine Herrschaft, die in Frankreich nicht von dem entschiedenen Willen des Volkes getragen wird, auf die Dauer eine Unmöglichkeit, und würde am Heere selbst die geringste Stütze finden. Dem Auslande gegenüber schwinden diese Bedenklichkeiten der französischen Soldaten, und die Politik vermag sie leicht für jeden ihrer Zwecke zu verwenden, sobald sie ihrer militairischen Eitelkeit schmeichelt. Die Expedition gegen Rom war den dazu verwandten Truppen sehr unangenehm, und diese hätten viel lieber den römischen Republikanern Hilfe gegen die Conservativen geleistet, als umgekehrt Letzteren als Bundesgenossen gedient. Da sie aber marschiren mußten, so kämpften sie nun auch gegen den auswärtigen Feind aus militairischem Ehrgeiz/ und schössen bei der Einnahme und Behauptung Roms ihre politischen Freunde ohne Bedeuten nieder. Im letzten Sommer hörte ich in einem Kaffeehause zu Toulon mehrere SergeantMajvrö, welche einige ihrer Kameraden verhöhnten, die so eben aus Rom zurückgekommen waren, und erklärten, es sei eine Schande für französische Truppen, zu solchen Zwecken benutzt zu werde», und als Bundes- genossen der östreichischen „Stockschläger" zu dienen. Da »ahn einer der Go neckten das Wort, und sprach mit großer Energie: Es sei wahr, diese Expedition sei ein Unrecht, eine monströse That, aber die Schande davon salle ans den Pra' sidcnten. Die Soldaten hätten gegen diese fremden Römer doch so gut als möglich kämpfen müssen. Ob mau denn im Heere wolle, daß es in der Welt heiße, französische Soldaten vermöchten die römischen Republikaner nicht zu be¬ siegen? Alle anwesenden Soldaten gaben dem Sprecher lebhaft Recht, und das Necken hörte auf der Stelle auf. Dieser Gedanke „pour ter gloirv v>. I'donne.ur <1v in, 1''i-laco" zu kämpfe»/ ist der stete Begleiter aller französischen Soldaten jeglichen Grades. Jetzt ist Algier das einzige Land, in dem diesem Ehrgeiz genügt werden kann; der Dienst daselbst ist hart und anstrengend, eine fortgesetzte Reihe von Entbehrungen und Mihseligkeite», vou denen man bei den deutschen Heeren keinen Begriff h"t' Tag und Nacht ans den Beine», fortwährende Neckereien von einem listige»/ blutgierigen nud raschen Feind, der stets da angreift, wo mau ihn am wenigste» vermuthet, und der, wenn man ihm zu Leibe rückt, blitzschnell verschwindet. Un¬ ausgesetzte Patrouillen lind ein mit äußerster Vorsicht zu handhabender Vorposten¬ dienst sind im Jnnern von Algerien stets nothwendig; die geringste Versäuuunß rächt sich häufig durch Niedermetzelung der sorglose», wie es i» diesem Sommer noch z. B. zwei Grenadier - Compagnien vom 9. Linienregiment, die sich vo» den Kabyleu überfallen ließen, geschah. Dazu oft schlechte und ungenügende

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/414
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/414>, abgerufen am 28.05.2024.