Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.10,000 Fr. betrug. So blieben ihm also noch 2000 Fr. jährlich übrig. Ende Seitdem Brnmmell sich uicht mehr im Mittelpunkte der Londoner Gesellschaft 10,000 Fr. betrug. So blieben ihm also noch 2000 Fr. jährlich übrig. Ende Seitdem Brnmmell sich uicht mehr im Mittelpunkte der Londoner Gesellschaft <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0428" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281045"/> <p xml:id="ID_1221" prev="#ID_1220"> 10,000 Fr. betrug. So blieben ihm also noch 2000 Fr. jährlich übrig. Ende<lb/> September -1830 verließ er Calais, suchte aber erst, bevor er sich in seinen neuen<lb/> Aufenthaltsort begrub, Zerstreuung und Entschädigung für die vieljährige Lange¬<lb/> weile von Calais , in deu Vergnügungen der Hauptstadt Paris. Während seines<lb/> achttägigen Aufenthalts daselbst fand er sich ganz wieder in seinem Elemente, und<lb/> bewegte sich in den vornehmsten Kreisen. Endlich entriß er sich dem berauschenden<lb/> Wirbel von Zerstreuungen, und am October 1830 traf der neue englische<lb/> Konsul in Caen ein. Vor seiner Abreise aus Paris hatte er sich noch eine Dose<lb/> bestellt, welche 2S00 Fr., mehr als sein ganzes Jahreseinkommen, kostete. In<lb/> demselben Style lebte er in Caen, er kam daselbst mit vierspänniger Extrapost an,<lb/> stieg im vornehmsten Hotel ab, und bestellte sofort ein superfeines Diner. Nach<lb/> einem halben Jahre war er eben so verschuldet wie in Calais.</p><lb/> <p xml:id="ID_1222" next="#ID_1223"> Seitdem Brnmmell sich uicht mehr im Mittelpunkte der Londoner Gesellschaft<lb/> bewegte, verliert sein Leben den größten Theil seiner Anziehungskraft für uus.<lb/> Den Capitain Jesse, der den Schritten seines Helden mit einem in's Kleinlichste<lb/> eingehenden Enthusiasmus folgt, können wir nicht nachgehen. Wir wollen ihm<lb/> blos noch das Bild des gefeierten Dandys entnehmen, wie er sich zu jener Zeit<lb/> den staunenden Bewohnern von Caen zeigt. „Brnmmell," erzählt sein Biograph,<lb/> „blieb den Whigfarben (blau und gelb) bis an sein Lebensende treu. Abends<lb/> trug er einen blauen Frack mit Sammetkragen, gelbe Weste, schwarzes Beinkleid<lb/> und Stiefeln. Der Knoten seines Halstuches war stets untadelhaft. Als<lb/> Schmuck trug er nur einen Ring und eine goldene Uhrkette, von der nur ein<lb/> Paar Glieder zu scheu waren. Ein Claquehut und Handschuhe vervollständigten<lb/> ein Costum, das wegen seiner Einfachheit auf keinen audern als auf ihn die Auf¬<lb/> merksamkeit zu lenken im Stande war. Früh trug er stets einen braunen Ueber-<lb/> rock mit einem etwas dunklern Kragen, und eine Weste von Cashemir, die wohl<lb/> hundert Lvuisd'or gekostet haben mußte. Der Grund des Musters war hell,<lb/> und obgleich es schon einige Winter Dienste geleistet hatte, war das Kleidungs¬<lb/> stück doch noch eben so gut conservirt wie er selbst, wahrscheinlich weil er den Ueber¬<lb/> rock stets zuknöpfte. Das Beinkleid war dunkelblau, die Stiefeln sehr spitz, der<lb/> Hut schwarz und die Handschuhe hell. Im Sommer trug er eine helle Valencia¬<lb/> weste. ... Jedes Haar an seinem gehörigen Orte, den Hut ein wenig auf die Seite<lb/> gesetzt, sein behandschuht und deu Regenschirm unter dem Arm, den Körper<lb/> etwas nach vorn gebogen, so daß sich die Halötuchschleife in den glänzenden Stiefeln<lb/> spiegelte, trat er, ans den Fußspitzen gehend, aus der Thür seines Hotels. In<lb/> den ersten Tagen seines Aufenthalts in Caen trug unser Dandy meistens einen<lb/> Stock; aber da in jener Gegend Frankreichs das Wetter sehr veränderlich ist, und<lb/> schon die bloße Aussicht auf Regen ihm Angst machte, so nahm er fast stets einen<lb/> Regenschirm mit einem schwarzseidenen Ueberzug, der eben so sorgfältig angelegt<lb/> war, wie seine Kleidung. Der elfenbeinerne Knopf des Regenschirms stellte Georg</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0428]
10,000 Fr. betrug. So blieben ihm also noch 2000 Fr. jährlich übrig. Ende
September -1830 verließ er Calais, suchte aber erst, bevor er sich in seinen neuen
Aufenthaltsort begrub, Zerstreuung und Entschädigung für die vieljährige Lange¬
weile von Calais , in deu Vergnügungen der Hauptstadt Paris. Während seines
achttägigen Aufenthalts daselbst fand er sich ganz wieder in seinem Elemente, und
bewegte sich in den vornehmsten Kreisen. Endlich entriß er sich dem berauschenden
Wirbel von Zerstreuungen, und am October 1830 traf der neue englische
Konsul in Caen ein. Vor seiner Abreise aus Paris hatte er sich noch eine Dose
bestellt, welche 2S00 Fr., mehr als sein ganzes Jahreseinkommen, kostete. In
demselben Style lebte er in Caen, er kam daselbst mit vierspänniger Extrapost an,
stieg im vornehmsten Hotel ab, und bestellte sofort ein superfeines Diner. Nach
einem halben Jahre war er eben so verschuldet wie in Calais.
Seitdem Brnmmell sich uicht mehr im Mittelpunkte der Londoner Gesellschaft
bewegte, verliert sein Leben den größten Theil seiner Anziehungskraft für uus.
Den Capitain Jesse, der den Schritten seines Helden mit einem in's Kleinlichste
eingehenden Enthusiasmus folgt, können wir nicht nachgehen. Wir wollen ihm
blos noch das Bild des gefeierten Dandys entnehmen, wie er sich zu jener Zeit
den staunenden Bewohnern von Caen zeigt. „Brnmmell," erzählt sein Biograph,
„blieb den Whigfarben (blau und gelb) bis an sein Lebensende treu. Abends
trug er einen blauen Frack mit Sammetkragen, gelbe Weste, schwarzes Beinkleid
und Stiefeln. Der Knoten seines Halstuches war stets untadelhaft. Als
Schmuck trug er nur einen Ring und eine goldene Uhrkette, von der nur ein
Paar Glieder zu scheu waren. Ein Claquehut und Handschuhe vervollständigten
ein Costum, das wegen seiner Einfachheit auf keinen audern als auf ihn die Auf¬
merksamkeit zu lenken im Stande war. Früh trug er stets einen braunen Ueber-
rock mit einem etwas dunklern Kragen, und eine Weste von Cashemir, die wohl
hundert Lvuisd'or gekostet haben mußte. Der Grund des Musters war hell,
und obgleich es schon einige Winter Dienste geleistet hatte, war das Kleidungs¬
stück doch noch eben so gut conservirt wie er selbst, wahrscheinlich weil er den Ueber¬
rock stets zuknöpfte. Das Beinkleid war dunkelblau, die Stiefeln sehr spitz, der
Hut schwarz und die Handschuhe hell. Im Sommer trug er eine helle Valencia¬
weste. ... Jedes Haar an seinem gehörigen Orte, den Hut ein wenig auf die Seite
gesetzt, sein behandschuht und deu Regenschirm unter dem Arm, den Körper
etwas nach vorn gebogen, so daß sich die Halötuchschleife in den glänzenden Stiefeln
spiegelte, trat er, ans den Fußspitzen gehend, aus der Thür seines Hotels. In
den ersten Tagen seines Aufenthalts in Caen trug unser Dandy meistens einen
Stock; aber da in jener Gegend Frankreichs das Wetter sehr veränderlich ist, und
schon die bloße Aussicht auf Regen ihm Angst machte, so nahm er fast stets einen
Regenschirm mit einem schwarzseidenen Ueberzug, der eben so sorgfältig angelegt
war, wie seine Kleidung. Der elfenbeinerne Knopf des Regenschirms stellte Georg
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