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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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muß diese plastische, heiter lebendige Welt mit einem Schattenspiel vergleichen,
wie es der seiner Zeit (1812) in Deutschland sehr beliebte " Zauberring" des
Ritters von Fouaus ist, um trotz dieser aristokratischen Haltung das Volksthüm-
liche und allgemein Menschliche in Walter Scott's Gedicht zu empfinden.

Trotz dieser Schönheiten konnte der Natur der Sache nach diese poetische
Richtung nicht lange dauern. Durch seinen gesunden Verstand wie durch seine
natürliche Empfindung wird Walter Scott davon zurückgehalten, blind in seinen
Gegenstand aufzugehen; andererseits hindert ihn aber mich sein richtiger Ge¬
schmack, sich innerhalb des Gedichtes als ironisirenden Beobachter vorzudrängen,
wie es Wieland in ähnlichen Fällen thut. Der Uebergang zum historischen Ro¬
man, in welchem so zu sagen das Nützliche mit dem Angenehmen vereinigt ist, in
welchem den interessanten Uebertreibungen der Romantik das Gemeingesi'est und
der Gemeinverstaud als ein mitwirkender Factor gegenübertritt, ist durch diese
Doppelnatur im Wesen des Dichters bereits mit Nothwendigkeit gegeben. Es
waren also auch nicht blos äußerliche Gründe, sondern eine Art von schelmischer
Freude an dieser Doppelnatur, daß er in diesen Dichtungen seiner zweiten
Periode, so lange es ging, die Anonymität bewahrte/

Walter Scott hat diese Anonymität, die allerdings auch zum Theil dazu bei¬
getragen hat, das Aufsehen seiner Schriften zu erhöhen, unter den verschieden¬
sten Masken zu bewahren gesucht. Wir übergehen dieselben und geben hier die
chronologische Reihe seiner Romane. Der erste, Waverley, bereits 1805 an¬
gefangen, erschien 1814; es folgte 1815 Guy Manne ring, oder der
Sterndeuter, 1816 der Antiquar und der scho arz e Zw erg, 1817 der
Todtengreis ((M morwU^), oder, wie die gewöhnliche Uebersetzung lautet,
die Presbyterianer, 1818 Rob Roy und das Herz von Midlothian,
1819 die Braut vou Lammermoor und die Legende von Mont-
rose, 1830 Ivanhoe, das Kloster und der Abt, 1821 Keuilworth,
1822 der Pirat und Nigers Schicksale, 1823 Peveril of the Peak,
und Quentin Durward, 1824 Se. Rouausbrunueu und Redgauut-
let, 1823 zwei Erzählungen von den Kreuzfahrern: die Verlobte", und
Richard Löwenherz, 1826 Woodstock, 1827 und 1828 die Chronik
von Canougate, 1829 Anna von Geierstein, 1831 Graf Robert von
Paris und das gefährliche Schloß. Außerdem war er auch ein fleißiger
Mitarbeiter am tZuartorl^ Kevte^, seitdem er sich von dem whigistisch gewordenen
LäiaburAk Keviev zurückgezogen hatte, gab uuter dem Titel: Paul's Briese,
die Anschauungen einer Reise durch Frankreich und Belgien 1813 heraus, schrieb
Abhandlungen über die Alterthümer Islands, die Regalien von Schottland,
Biographien früherer und gleichzeitiger englischer Dichter, die Erzählungen
eines Großvaters ans der schottischen Geschichte, 1828--1830, ver-
suchte sich auch im Drama ^liäcm MII, 1822, Macdnff's Kreuz, der Fluch vou


Grenzboten. U. ISSl. 7

muß diese plastische, heiter lebendige Welt mit einem Schattenspiel vergleichen,
wie es der seiner Zeit (1812) in Deutschland sehr beliebte „ Zauberring" des
Ritters von Fouaus ist, um trotz dieser aristokratischen Haltung das Volksthüm-
liche und allgemein Menschliche in Walter Scott's Gedicht zu empfinden.

Trotz dieser Schönheiten konnte der Natur der Sache nach diese poetische
Richtung nicht lange dauern. Durch seinen gesunden Verstand wie durch seine
natürliche Empfindung wird Walter Scott davon zurückgehalten, blind in seinen
Gegenstand aufzugehen; andererseits hindert ihn aber mich sein richtiger Ge¬
schmack, sich innerhalb des Gedichtes als ironisirenden Beobachter vorzudrängen,
wie es Wieland in ähnlichen Fällen thut. Der Uebergang zum historischen Ro¬
man, in welchem so zu sagen das Nützliche mit dem Angenehmen vereinigt ist, in
welchem den interessanten Uebertreibungen der Romantik das Gemeingesi'est und
der Gemeinverstaud als ein mitwirkender Factor gegenübertritt, ist durch diese
Doppelnatur im Wesen des Dichters bereits mit Nothwendigkeit gegeben. Es
waren also auch nicht blos äußerliche Gründe, sondern eine Art von schelmischer
Freude an dieser Doppelnatur, daß er in diesen Dichtungen seiner zweiten
Periode, so lange es ging, die Anonymität bewahrte/

Walter Scott hat diese Anonymität, die allerdings auch zum Theil dazu bei¬
getragen hat, das Aufsehen seiner Schriften zu erhöhen, unter den verschieden¬
sten Masken zu bewahren gesucht. Wir übergehen dieselben und geben hier die
chronologische Reihe seiner Romane. Der erste, Waverley, bereits 1805 an¬
gefangen, erschien 1814; es folgte 1815 Guy Manne ring, oder der
Sterndeuter, 1816 der Antiquar und der scho arz e Zw erg, 1817 der
Todtengreis ((M morwU^), oder, wie die gewöhnliche Uebersetzung lautet,
die Presbyterianer, 1818 Rob Roy und das Herz von Midlothian,
1819 die Braut vou Lammermoor und die Legende von Mont-
rose, 1830 Ivanhoe, das Kloster und der Abt, 1821 Keuilworth,
1822 der Pirat und Nigers Schicksale, 1823 Peveril of the Peak,
und Quentin Durward, 1824 Se. Rouausbrunueu und Redgauut-
let, 1823 zwei Erzählungen von den Kreuzfahrern: die Verlobte», und
Richard Löwenherz, 1826 Woodstock, 1827 und 1828 die Chronik
von Canougate, 1829 Anna von Geierstein, 1831 Graf Robert von
Paris und das gefährliche Schloß. Außerdem war er auch ein fleißiger
Mitarbeiter am tZuartorl^ Kevte^, seitdem er sich von dem whigistisch gewordenen
LäiaburAk Keviev zurückgezogen hatte, gab uuter dem Titel: Paul's Briese,
die Anschauungen einer Reise durch Frankreich und Belgien 1813 heraus, schrieb
Abhandlungen über die Alterthümer Islands, die Regalien von Schottland,
Biographien früherer und gleichzeitiger englischer Dichter, die Erzählungen
eines Großvaters ans der schottischen Geschichte, 1828—1830, ver-
suchte sich auch im Drama ^liäcm MII, 1822, Macdnff's Kreuz, der Fluch vou


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/61>, abgerufen am 05.06.2024.