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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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schmeichelt erwiderte: OK! ce; n'est. rien, mirs ^.a xaile an peu ü. Kr pensve,
vonn, Wut. Der Regen hatte unterdeß aufgehört, und mein freundlicher Wirth
führte mich dnrch sein ganzes Besitzthum. Mit Schmerz betrachtete er die Massen
unreif abgefallener Oliven, die den Boden bedeckten (die Ernte ist beiläufig erst
im November), ^.n! notrs M^8 8el'ait un oren on-aäi8, sagte er, 8'it pleuvait
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moiN3, tröstete ich ihn, und er schmunzelte zufrieden. Auch die Gemälde mußte
ich sehen, die meistens von dein Sohne des Hauses, einem amateur, herrührten, und
wenigstens viel guten Willen zeigten; auch waren einige Ansichten aus der Umge¬
gend allenfalls zu errathen, besouders aber Portraits vou Petrarca und Laura
nach den Originalen von Simon Memmi nicht wohl zu verkennen.

Nachdem ich mich von dem alten proMLtüirs beurlaubt, setzte ich meinen Weg
fort, und ereichte Vaucluse bald. Der kleine Flecken liegt an der berühmten
Sorgue, einem blaugrünen, schnellfließenden Wasser; hier wieder zeigten die
Wiesen ein langentbehrtes frisches Grün. Oberhalb des Dorfes verengt sich
das Thal, zu beiden Seiten der Quelle thürmen sich steile grane Felswände, und
eine röthliche, senkrechte, ungeheure Wand sperrt quervvrliegeud das Thal am
Ende zu, so daß man in einer Sackgasse von Felsen ist, daher der Name Vau¬
cluse (vaUi8 clausa). Anfangs sind Ufer und Abhänge mit Mandeln, Oel und
Wein beflanzt; je weiter mau dem Lauf der Quelle auswärts folgt, wird die Land¬
schaft öde. Nun stehen mir noch einzelne Cypressen an den Felsabhängen; die
Quelle scheint zu schwinden; ihr Bett liegt voll gewaltiger moosiger Steine, zwischen
denen hin und wieder ein verlorener Wasserstrahl sich windet. Der Weg steigt
ziemlich steil an; endlich ist sein höchster Punkt erreicht, nnn erst sieht man in jener
quer vorliegenden Felsenwand tief unter sich weit hinab eine Hohle gähnen, und ans
ihrem Grunde ein stilles, blaugrünes Wasser. Dies ist der Ursprung der Sorgue;
in wasserarmer Zeit sinkt ihr Bett so tief, daß die Quelle sich unter der vorlie¬
genden Erhebung des Erdreichs durchsickernd einen unterirdischen Weg bahnen
muß, um erst allmählich in dem abwärts geneigten Thal wieder zum Vorschein
zu kommen. Aber in wasserreicher Zeit drängt sie bis zum obern Rande der
Höhle, etwa zwanzig Fuß hoch, wo ein in Felsenspalten gewachsener Feigenbaum
als Merkzeichen deö hohen Wasserstandes gezeigt wird, und ergießt sich im gewal¬
tigen Sturze über die hemmenden Massen. Der Anblick dieses wunderbaren,
aus der Tiefe hervorgeschleuderten Falles, der wol Ähnlichkeit mit der all8eint<z
an vÄ<zrin in Chamouny haben muß, war mir versagt, dafür war es aber jetzt
möglich, in die Höhle hinunter an den Rand des Wassers zN steigen. Es ist eis¬
kalt und sehr tief; seine spiegelhafte Klarheit läßt weit hinab die seltsamen Bildun¬
gen des gelblichen Gesteins erkennen, von dem sein Bett eingefaßt und die Höhle
über ihm gewölbt ist.

Eine stete Dämmerung herrscht in dieser unterirdischen Tiefe, aus der man


schmeichelt erwiderte: OK! ce; n'est. rien, mirs ^.a xaile an peu ü. Kr pensve,
vonn, Wut. Der Regen hatte unterdeß aufgehört, und mein freundlicher Wirth
führte mich dnrch sein ganzes Besitzthum. Mit Schmerz betrachtete er die Massen
unreif abgefallener Oliven, die den Boden bedeckten (die Ernte ist beiläufig erst
im November), ^.n! notrs M^8 8el'ait un oren on-aäi8, sagte er, 8'it pleuvait
ä propos, non« ^ psräron» boaueoup. — t"e8>. u üirs puo vous Aagnere/
moiN3, tröstete ich ihn, und er schmunzelte zufrieden. Auch die Gemälde mußte
ich sehen, die meistens von dein Sohne des Hauses, einem amateur, herrührten, und
wenigstens viel guten Willen zeigten; auch waren einige Ansichten aus der Umge¬
gend allenfalls zu errathen, besouders aber Portraits vou Petrarca und Laura
nach den Originalen von Simon Memmi nicht wohl zu verkennen.

Nachdem ich mich von dem alten proMLtüirs beurlaubt, setzte ich meinen Weg
fort, und ereichte Vaucluse bald. Der kleine Flecken liegt an der berühmten
Sorgue, einem blaugrünen, schnellfließenden Wasser; hier wieder zeigten die
Wiesen ein langentbehrtes frisches Grün. Oberhalb des Dorfes verengt sich
das Thal, zu beiden Seiten der Quelle thürmen sich steile grane Felswände, und
eine röthliche, senkrechte, ungeheure Wand sperrt quervvrliegeud das Thal am
Ende zu, so daß man in einer Sackgasse von Felsen ist, daher der Name Vau¬
cluse (vaUi8 clausa). Anfangs sind Ufer und Abhänge mit Mandeln, Oel und
Wein beflanzt; je weiter mau dem Lauf der Quelle auswärts folgt, wird die Land¬
schaft öde. Nun stehen mir noch einzelne Cypressen an den Felsabhängen; die
Quelle scheint zu schwinden; ihr Bett liegt voll gewaltiger moosiger Steine, zwischen
denen hin und wieder ein verlorener Wasserstrahl sich windet. Der Weg steigt
ziemlich steil an; endlich ist sein höchster Punkt erreicht, nnn erst sieht man in jener
quer vorliegenden Felsenwand tief unter sich weit hinab eine Hohle gähnen, und ans
ihrem Grunde ein stilles, blaugrünes Wasser. Dies ist der Ursprung der Sorgue;
in wasserarmer Zeit sinkt ihr Bett so tief, daß die Quelle sich unter der vorlie¬
genden Erhebung des Erdreichs durchsickernd einen unterirdischen Weg bahnen
muß, um erst allmählich in dem abwärts geneigten Thal wieder zum Vorschein
zu kommen. Aber in wasserreicher Zeit drängt sie bis zum obern Rande der
Höhle, etwa zwanzig Fuß hoch, wo ein in Felsenspalten gewachsener Feigenbaum
als Merkzeichen deö hohen Wasserstandes gezeigt wird, und ergießt sich im gewal¬
tigen Sturze über die hemmenden Massen. Der Anblick dieses wunderbaren,
aus der Tiefe hervorgeschleuderten Falles, der wol Ähnlichkeit mit der all8eint<z
an vÄ<zrin in Chamouny haben muß, war mir versagt, dafür war es aber jetzt
möglich, in die Höhle hinunter an den Rand des Wassers zN steigen. Es ist eis¬
kalt und sehr tief; seine spiegelhafte Klarheit läßt weit hinab die seltsamen Bildun¬
gen des gelblichen Gesteins erkennen, von dem sein Bett eingefaßt und die Höhle
über ihm gewölbt ist.

Eine stete Dämmerung herrscht in dieser unterirdischen Tiefe, aus der man


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/122>, abgerufen am 14.05.2024.