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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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auf eine andere Spur. Herr Krigar ließ nämlich für seinen häuslichen Gebrauch
Küchengerät!) in Zink gießen. Obwol dieses Gerät!) noch ziemlich formlose Ge¬
staltung zeigte, auch der ökonomische Nutzen, den es gewährte, eben nicht groß ,
war, so begründete der Versuch doch die Ueberzeugung von der Gießbarkeit des
Zinks in Sandformen. Eine zufällige Mittheilung davon brachte Herrn Geiß
dahin, den Zink als Rohstoff für seine technischen Pläne zu verwenden, da dieser
sich als wohlfeiles, witteruugsbestäudiges, durch Guß bearbeitbares, wie durch
Hammer, Säge, Bohrer, Feilung und Löthung leicht zu behandelndes Metall
empfahl. Die erste" Versuche, Ornamente in gewöhnlichem Formsande zu gießen,
waren so vollständig gelungen, daß sich offenbar ein weites Feld für die Nutz¬
barkeit des Zinkgusses eröffnete. Die zweite wichtige Eigenschaft desselben, sich
mittelst des Kolbens löthen zu lassen, wurde sogleich angewendet, um mehrere
Gußtheile zu vollrunden, hohlen Körpern mit einander zu verbinden, wodurch der
kostspielige und schwierige Kernguß entbehrlich wurde.

Als einige Proben dieser Art vollendet waren, legte der Erfinder sie dem
Ober-Baudirector Schinkel vor, der mit dem ersten Blick die Wichtigkeit des
Gegenstandes erkannte, die Fabrikation sofort unter seinen Schutz nahm und mit
dem wärmsten Interesse förderte. Dies geschah nicht allein durch schnelle Be¬
nutzung des vaterländischen Fabrikerzeugnisses ans vaterländischen Material bei
den zur Zeit im Entstehen begriffenen Gebäuden, sondern auch dadurch, daß er
mit richtiger Erkenntniß der Natur des Zinks drei Hauptaufgaben für dessen tech-
nische Verwendbarkeit zur Lösung stellte.

Zuerst galt es, dnrch gegossene Platten eine zuverlässige Bedachung zu er¬
zeugen. Schon im Jahre 1833 konnte Moritz Geiß dem berühmten Architekten
Proben von Zinkziegeln vorlegen, welche in jeder Beziehung des Letztern Bei¬
fall fanden, so daß er beschloß, die damals im Bau begriffene Se. Nicolaikirche
in Potsdam mit einer solchen Deckung zu versehen. Die kaum begründete Fabrik,
die alle ihre Arbeiter für eine neue Technik erst heranbilden mußte, vermochte
nur mit der größten Anstrengung die Aufgabe zu lösen, binnen wenigen Mona¬
ten funfzehntausend Quadratfuß Deckfläche in Zinkguß herzustellen; aber der Er¬
folg war zu Schinkel's voller Zufriedenheit ausgefallen, denn als im Jahre 1843
das Dach abgetragen wurde, weil man den Bau fortsetzen und durch die ursprüng¬
lich projectirte Kuppel vollenden wollte, so zeigte sich, daß die Platten im Laufe
eines Jahrzehends auch nicht die geringste Zerstörung oder Veränderung erlitten
hatten. Sie waren vielmehr so wohl erhalten, daß sie alle zur neuen Bedachung
wieder verwendet werden konnten. Aus gleiche Weise lieferte Herr Geiß im
Jahre 1836 die Deckung der Börse zu Stettin, später des Postgebäudes zu
Tilsit, des Brückenhauses an der großen Havelbrücke bei Guericke u. s. w. Auch
die Talutmauern, d. h. die senkrecht abfallenden Wände der großen Terrassen zu
Sanssouci und die daran lehrenden Treibhäuser, deren glänzende Dächer man


auf eine andere Spur. Herr Krigar ließ nämlich für seinen häuslichen Gebrauch
Küchengerät!) in Zink gießen. Obwol dieses Gerät!) noch ziemlich formlose Ge¬
staltung zeigte, auch der ökonomische Nutzen, den es gewährte, eben nicht groß ,
war, so begründete der Versuch doch die Ueberzeugung von der Gießbarkeit des
Zinks in Sandformen. Eine zufällige Mittheilung davon brachte Herrn Geiß
dahin, den Zink als Rohstoff für seine technischen Pläne zu verwenden, da dieser
sich als wohlfeiles, witteruugsbestäudiges, durch Guß bearbeitbares, wie durch
Hammer, Säge, Bohrer, Feilung und Löthung leicht zu behandelndes Metall
empfahl. Die erste» Versuche, Ornamente in gewöhnlichem Formsande zu gießen,
waren so vollständig gelungen, daß sich offenbar ein weites Feld für die Nutz¬
barkeit des Zinkgusses eröffnete. Die zweite wichtige Eigenschaft desselben, sich
mittelst des Kolbens löthen zu lassen, wurde sogleich angewendet, um mehrere
Gußtheile zu vollrunden, hohlen Körpern mit einander zu verbinden, wodurch der
kostspielige und schwierige Kernguß entbehrlich wurde.

Als einige Proben dieser Art vollendet waren, legte der Erfinder sie dem
Ober-Baudirector Schinkel vor, der mit dem ersten Blick die Wichtigkeit des
Gegenstandes erkannte, die Fabrikation sofort unter seinen Schutz nahm und mit
dem wärmsten Interesse förderte. Dies geschah nicht allein durch schnelle Be¬
nutzung des vaterländischen Fabrikerzeugnisses ans vaterländischen Material bei
den zur Zeit im Entstehen begriffenen Gebäuden, sondern auch dadurch, daß er
mit richtiger Erkenntniß der Natur des Zinks drei Hauptaufgaben für dessen tech-
nische Verwendbarkeit zur Lösung stellte.

Zuerst galt es, dnrch gegossene Platten eine zuverlässige Bedachung zu er¬
zeugen. Schon im Jahre 1833 konnte Moritz Geiß dem berühmten Architekten
Proben von Zinkziegeln vorlegen, welche in jeder Beziehung des Letztern Bei¬
fall fanden, so daß er beschloß, die damals im Bau begriffene Se. Nicolaikirche
in Potsdam mit einer solchen Deckung zu versehen. Die kaum begründete Fabrik,
die alle ihre Arbeiter für eine neue Technik erst heranbilden mußte, vermochte
nur mit der größten Anstrengung die Aufgabe zu lösen, binnen wenigen Mona¬
ten funfzehntausend Quadratfuß Deckfläche in Zinkguß herzustellen; aber der Er¬
folg war zu Schinkel's voller Zufriedenheit ausgefallen, denn als im Jahre 1843
das Dach abgetragen wurde, weil man den Bau fortsetzen und durch die ursprüng¬
lich projectirte Kuppel vollenden wollte, so zeigte sich, daß die Platten im Laufe
eines Jahrzehends auch nicht die geringste Zerstörung oder Veränderung erlitten
hatten. Sie waren vielmehr so wohl erhalten, daß sie alle zur neuen Bedachung
wieder verwendet werden konnten. Aus gleiche Weise lieferte Herr Geiß im
Jahre 1836 die Deckung der Börse zu Stettin, später des Postgebäudes zu
Tilsit, des Brückenhauses an der großen Havelbrücke bei Guericke u. s. w. Auch
die Talutmauern, d. h. die senkrecht abfallenden Wände der großen Terrassen zu
Sanssouci und die daran lehrenden Treibhäuser, deren glänzende Dächer man


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/336>, abgerufen am 12.05.2024.