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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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zähne, durchbohrt und auf Schnüre gereiht, gebe" Halsschmuck und Armriuge,
und auch um Knie und Fußknöchel flechten sie Schnüre leicht zu gewinnender
Perlen. Die höchste Cultur uuter deu Urstämmen Amerika's erreichten bekanntlich
die Azteken in Mexiko. Sie verstanden die Bearbeitung des Metalls und schmückten
sich mit Ringen vou gediegenem Golde, welches die Fassung von Perlen, Sma¬
ragden, Amethysten bildete. Bei ihnen, dem am festen Wohnsitz gebundenen
Volke, herrschte aber lange nicht mehr jener hohe Freiheitssinn, jener frische,
wilde Muth, wodurch die amerikanischen Jägerstämme sich auszeichneten. Bemerkens¬
werth ist es, daß unter deu geistig dumpferen Völkern Afrika's eine viel frühere
selbstständige Technik sich entwickelte, als unter der Mehrzahl jener amerikanischen
Rothhäute. Schon bei den Hottentotten fand man geglühten und polirten Messing¬
draht, den sie mit Perlmuscheln zu Ohrgehängen verbanden, und Armringe von
Elfenbein, deren Anfertigung sie mühsam genng betreiben mußten. Da sie die
Anwendung der Säge uicht kannten, legten sie das harte Elfenbein einige Tage,
in saure Milch, wodurch es an der Oberfläche erweicht wird und mit dem Messer
bearbeitet werden kann. Auch vou der Verarbeitung des Goldes und Silbers
finden wir frühzeitige Spuren uuter deu Negerstämmen Afrika's, namentlich da,
wo die Natur ihren Goldreichthum zu wenig beschwerlichem Gewinne darbot. Die
Mandigofrauen, die Aschanti's, die Agraer trugen seit Menschengedenken Arm¬
ringe und Halsgeschmeide von Gold. Sie verstehen es zum Theil sogar, das
Metall durch langes Hämmern in einen auffallend feinen Draht zu verwandeln,
aus dem sie Bänder flechten. Da sie jedoch den Draht nicht sehr lang beschaffen
können, so schließen sie geflochtene Glieder durch Buckel von breiterem Draht an
einander. Andere afrikanische Ringe kennt man, die ans einem viereckigen Metall-
stabe gefertigt und zu einem Rund zusammengebogen sind, aber so, daß zwischen
den Enden eine Oeffnung und der Reif elastisch bleibt. Die Vollendung des
afrikanischen Kunstsinns prägte sich in der ägyptischen Cultur aus, und mit dieser
betreten wir weltgeschichtliches Gebiet, das wir in Bezug auf unsrer Gegenstand
von Aegypten aus durch Orient und classisches Alterthum mit einigen Blicken
durchstreifen wollen.

Bei den ägyptischen Frauen war der Kamm ein unentbehrliches Toilettenstück.
Sie trugen ihn aus Holz, Elfenbein und Bronze mit Verzierungen von Gold in
der Gestalt von Steinböcken oder anderen Thiergestalten. Eine drei bis vier Zoll
lange Haarnadel diente dazu, den Schleier im Haar festzuhalten; bei deu Vor¬
nehmen war sie von Gold mit reich verziertem Knopf. Als Ohrringe trugen sie
große und breite Reifen von Gold oder Silber, die zuweilen zwei bis drei Zoll
im Durchmesser hatten. Auch faud man goldene Ohrringe in Gestalt einer
Schlange und mit kostbaren Steinen besetzt; oft wieder mehrere Reifen bis zu
sechs an einander gelöthet. In die einfachen Ohrringe hing man Glocken oder
Tropfen von Glas oder Edelstein, dann zusammengereihte natürliche oder kunst-


zähne, durchbohrt und auf Schnüre gereiht, gebe» Halsschmuck und Armriuge,
und auch um Knie und Fußknöchel flechten sie Schnüre leicht zu gewinnender
Perlen. Die höchste Cultur uuter deu Urstämmen Amerika's erreichten bekanntlich
die Azteken in Mexiko. Sie verstanden die Bearbeitung des Metalls und schmückten
sich mit Ringen vou gediegenem Golde, welches die Fassung von Perlen, Sma¬
ragden, Amethysten bildete. Bei ihnen, dem am festen Wohnsitz gebundenen
Volke, herrschte aber lange nicht mehr jener hohe Freiheitssinn, jener frische,
wilde Muth, wodurch die amerikanischen Jägerstämme sich auszeichneten. Bemerkens¬
werth ist es, daß unter deu geistig dumpferen Völkern Afrika's eine viel frühere
selbstständige Technik sich entwickelte, als unter der Mehrzahl jener amerikanischen
Rothhäute. Schon bei den Hottentotten fand man geglühten und polirten Messing¬
draht, den sie mit Perlmuscheln zu Ohrgehängen verbanden, und Armringe von
Elfenbein, deren Anfertigung sie mühsam genng betreiben mußten. Da sie die
Anwendung der Säge uicht kannten, legten sie das harte Elfenbein einige Tage,
in saure Milch, wodurch es an der Oberfläche erweicht wird und mit dem Messer
bearbeitet werden kann. Auch vou der Verarbeitung des Goldes und Silbers
finden wir frühzeitige Spuren uuter deu Negerstämmen Afrika's, namentlich da,
wo die Natur ihren Goldreichthum zu wenig beschwerlichem Gewinne darbot. Die
Mandigofrauen, die Aschanti's, die Agraer trugen seit Menschengedenken Arm¬
ringe und Halsgeschmeide von Gold. Sie verstehen es zum Theil sogar, das
Metall durch langes Hämmern in einen auffallend feinen Draht zu verwandeln,
aus dem sie Bänder flechten. Da sie jedoch den Draht nicht sehr lang beschaffen
können, so schließen sie geflochtene Glieder durch Buckel von breiterem Draht an
einander. Andere afrikanische Ringe kennt man, die ans einem viereckigen Metall-
stabe gefertigt und zu einem Rund zusammengebogen sind, aber so, daß zwischen
den Enden eine Oeffnung und der Reif elastisch bleibt. Die Vollendung des
afrikanischen Kunstsinns prägte sich in der ägyptischen Cultur aus, und mit dieser
betreten wir weltgeschichtliches Gebiet, das wir in Bezug auf unsrer Gegenstand
von Aegypten aus durch Orient und classisches Alterthum mit einigen Blicken
durchstreifen wollen.

Bei den ägyptischen Frauen war der Kamm ein unentbehrliches Toilettenstück.
Sie trugen ihn aus Holz, Elfenbein und Bronze mit Verzierungen von Gold in
der Gestalt von Steinböcken oder anderen Thiergestalten. Eine drei bis vier Zoll
lange Haarnadel diente dazu, den Schleier im Haar festzuhalten; bei deu Vor¬
nehmen war sie von Gold mit reich verziertem Knopf. Als Ohrringe trugen sie
große und breite Reifen von Gold oder Silber, die zuweilen zwei bis drei Zoll
im Durchmesser hatten. Auch faud man goldene Ohrringe in Gestalt einer
Schlange und mit kostbaren Steinen besetzt; oft wieder mehrere Reifen bis zu
sechs an einander gelöthet. In die einfachen Ohrringe hing man Glocken oder
Tropfen von Glas oder Edelstein, dann zusammengereihte natürliche oder kunst-


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[0393] zähne, durchbohrt und auf Schnüre gereiht, gebe» Halsschmuck und Armriuge, und auch um Knie und Fußknöchel flechten sie Schnüre leicht zu gewinnender Perlen. Die höchste Cultur uuter deu Urstämmen Amerika's erreichten bekanntlich die Azteken in Mexiko. Sie verstanden die Bearbeitung des Metalls und schmückten sich mit Ringen vou gediegenem Golde, welches die Fassung von Perlen, Sma¬ ragden, Amethysten bildete. Bei ihnen, dem am festen Wohnsitz gebundenen Volke, herrschte aber lange nicht mehr jener hohe Freiheitssinn, jener frische, wilde Muth, wodurch die amerikanischen Jägerstämme sich auszeichneten. Bemerkens¬ werth ist es, daß unter deu geistig dumpferen Völkern Afrika's eine viel frühere selbstständige Technik sich entwickelte, als unter der Mehrzahl jener amerikanischen Rothhäute. Schon bei den Hottentotten fand man geglühten und polirten Messing¬ draht, den sie mit Perlmuscheln zu Ohrgehängen verbanden, und Armringe von Elfenbein, deren Anfertigung sie mühsam genng betreiben mußten. Da sie die Anwendung der Säge uicht kannten, legten sie das harte Elfenbein einige Tage, in saure Milch, wodurch es an der Oberfläche erweicht wird und mit dem Messer bearbeitet werden kann. Auch vou der Verarbeitung des Goldes und Silbers finden wir frühzeitige Spuren uuter deu Negerstämmen Afrika's, namentlich da, wo die Natur ihren Goldreichthum zu wenig beschwerlichem Gewinne darbot. Die Mandigofrauen, die Aschanti's, die Agraer trugen seit Menschengedenken Arm¬ ringe und Halsgeschmeide von Gold. Sie verstehen es zum Theil sogar, das Metall durch langes Hämmern in einen auffallend feinen Draht zu verwandeln, aus dem sie Bänder flechten. Da sie jedoch den Draht nicht sehr lang beschaffen können, so schließen sie geflochtene Glieder durch Buckel von breiterem Draht an einander. Andere afrikanische Ringe kennt man, die ans einem viereckigen Metall- stabe gefertigt und zu einem Rund zusammengebogen sind, aber so, daß zwischen den Enden eine Oeffnung und der Reif elastisch bleibt. Die Vollendung des afrikanischen Kunstsinns prägte sich in der ägyptischen Cultur aus, und mit dieser betreten wir weltgeschichtliches Gebiet, das wir in Bezug auf unsrer Gegenstand von Aegypten aus durch Orient und classisches Alterthum mit einigen Blicken durchstreifen wollen. Bei den ägyptischen Frauen war der Kamm ein unentbehrliches Toilettenstück. Sie trugen ihn aus Holz, Elfenbein und Bronze mit Verzierungen von Gold in der Gestalt von Steinböcken oder anderen Thiergestalten. Eine drei bis vier Zoll lange Haarnadel diente dazu, den Schleier im Haar festzuhalten; bei deu Vor¬ nehmen war sie von Gold mit reich verziertem Knopf. Als Ohrringe trugen sie große und breite Reifen von Gold oder Silber, die zuweilen zwei bis drei Zoll im Durchmesser hatten. Auch faud man goldene Ohrringe in Gestalt einer Schlange und mit kostbaren Steinen besetzt; oft wieder mehrere Reifen bis zu sechs an einander gelöthet. In die einfachen Ohrringe hing man Glocken oder Tropfen von Glas oder Edelstein, dann zusammengereihte natürliche oder kunst-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/393>, abgerufen am 12.05.2024.