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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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liebe Perlen, Muschelschalen, Zierrachen von gebrannter Erde in den mannichfal-
tigsten Formen. Aus ähnlichen Stoffen ordnete man die Halsketten, verband
auch geformte Stücke Goldes mit Skarabäen aus Grünstein, Carneol, Amethyst,
Achat, Smaragd und anderen Steinen zu langen Schnüren, die mehrfach um den
Hals gewunden wurden. Hafte aus Gold und Silber in phantastischen Gestalten
schlössen bei Männern und Frauen auf Brust oder Schulter das Gewand. Auch
Arm- und Fingerringe wurden von beiden Geschlechtern getragen, und waren bei
den höheren Ständen meist aus Gold oder Silber, seltener aus Elfenbein, Bronze
und Eisen. In den unteren Ständen herrschten natürlich die minder edlen Stoffe.
Die Gestalt der Schlange kehrt bei diesen Ringen häufig wieder, nicht selten mit
Steinen ausgelegt und mit Gravirung oder plastischer Arbeit versehen. Vertieft
oder erhaben zeigen sie die Namenszüge von Gottheiten und berühmten oder ver¬
ehrten Menschen, die Gestalten von heiligen Thieren und Blumen. Zum Theil
bestanden die Armriuge in ganz einfachen Reifen, die dann gewöhnlich mehrere
Zoll in der Breite maßen. Die Fingerringe gingen oft durch einen Skarabäus,
der auf dem Reife beweglich blieb. Eine altägyptische Holzstatue im britischen
Museum belehrt uus auch über die Art, wie die Frauen damals ihre Ringe auf
die Finger vertheilten. An der linken Hand zählen wir einen Ring am Daumen,
einen am kleinen Finger, drei am Zeigefinger und zwei auf jedem der übrigen
beiden Finger; an der rechten Hand einen am Daumen und zwei am vorletzten
Finger. Eine solche Ueberladn'ng der Hände mit einem Dutzend Ringe würden
wir heute als einen wahren Triumph der Geschmacklosigkeit betrachten.

Bei den Chinesen ist der Schmuck fast ausschließlich den Frauen überlassen;
Ohrringe, Arm- und Fingerringe werden von den Männern nicht getragen. Die
Haarnadeln der chinesischen Frauen sind bald aus edlen, bald aus unedlen Me¬
tallen, anch aus kunstreich, oft filigranartig geschnitztem Holze gearbeitet, die
Ohrgehänge, welche niemals durch ihre Größe ausfallen, aus Gold und bunten
Steinen. Die Armbänder bestehen meist aus einfachen fingerbreiten Reifen mit
einer etwa zollweiten Oeffnung; häusig ist die äußere Seite des Reifes mit einem
Kranze von Kugeln verziert. --Die alten Perser trugen reich verzierte Ringe am
Ober- und Unterarm. Man ersieht dies aus den Denkmälern von Ninive. Die
Ringe am Vorderarm bestanden aus gegossenen oder getriebenen Medaillons von
mehreren Zoll im Durchmesser, auf einem biegsamen Stoff, etwa Leder, befestigt.
Andere sind einfache, mit Gravirung bedeckte Goldreifen. Die Ringe am Ober¬
arm bilden Spirale, die mit Linien und Muster" reich verziert zwei bis drei Mal
den Arm umlaufen. -- Die Inderinnen, Perserinnen und Türkinnen tragen noch
heute die kostbarsten Armbänder mit Edelsteinen und Diamanten. Eben so die
indischen Herrscher und Großen des Reichs. Der Lichtberg, Kohl Nur, jener
mächtige Diamant, welcher als Eigenthum der Königin Victoria auf der Londoner
Weltausstellung strahlte, stammt von einem großen goldenen Armringe Nuughit


liebe Perlen, Muschelschalen, Zierrachen von gebrannter Erde in den mannichfal-
tigsten Formen. Aus ähnlichen Stoffen ordnete man die Halsketten, verband
auch geformte Stücke Goldes mit Skarabäen aus Grünstein, Carneol, Amethyst,
Achat, Smaragd und anderen Steinen zu langen Schnüren, die mehrfach um den
Hals gewunden wurden. Hafte aus Gold und Silber in phantastischen Gestalten
schlössen bei Männern und Frauen auf Brust oder Schulter das Gewand. Auch
Arm- und Fingerringe wurden von beiden Geschlechtern getragen, und waren bei
den höheren Ständen meist aus Gold oder Silber, seltener aus Elfenbein, Bronze
und Eisen. In den unteren Ständen herrschten natürlich die minder edlen Stoffe.
Die Gestalt der Schlange kehrt bei diesen Ringen häufig wieder, nicht selten mit
Steinen ausgelegt und mit Gravirung oder plastischer Arbeit versehen. Vertieft
oder erhaben zeigen sie die Namenszüge von Gottheiten und berühmten oder ver¬
ehrten Menschen, die Gestalten von heiligen Thieren und Blumen. Zum Theil
bestanden die Armriuge in ganz einfachen Reifen, die dann gewöhnlich mehrere
Zoll in der Breite maßen. Die Fingerringe gingen oft durch einen Skarabäus,
der auf dem Reife beweglich blieb. Eine altägyptische Holzstatue im britischen
Museum belehrt uus auch über die Art, wie die Frauen damals ihre Ringe auf
die Finger vertheilten. An der linken Hand zählen wir einen Ring am Daumen,
einen am kleinen Finger, drei am Zeigefinger und zwei auf jedem der übrigen
beiden Finger; an der rechten Hand einen am Daumen und zwei am vorletzten
Finger. Eine solche Ueberladn'ng der Hände mit einem Dutzend Ringe würden
wir heute als einen wahren Triumph der Geschmacklosigkeit betrachten.

Bei den Chinesen ist der Schmuck fast ausschließlich den Frauen überlassen;
Ohrringe, Arm- und Fingerringe werden von den Männern nicht getragen. Die
Haarnadeln der chinesischen Frauen sind bald aus edlen, bald aus unedlen Me¬
tallen, anch aus kunstreich, oft filigranartig geschnitztem Holze gearbeitet, die
Ohrgehänge, welche niemals durch ihre Größe ausfallen, aus Gold und bunten
Steinen. Die Armbänder bestehen meist aus einfachen fingerbreiten Reifen mit
einer etwa zollweiten Oeffnung; häusig ist die äußere Seite des Reifes mit einem
Kranze von Kugeln verziert. —Die alten Perser trugen reich verzierte Ringe am
Ober- und Unterarm. Man ersieht dies aus den Denkmälern von Ninive. Die
Ringe am Vorderarm bestanden aus gegossenen oder getriebenen Medaillons von
mehreren Zoll im Durchmesser, auf einem biegsamen Stoff, etwa Leder, befestigt.
Andere sind einfache, mit Gravirung bedeckte Goldreifen. Die Ringe am Ober¬
arm bilden Spirale, die mit Linien und Muster» reich verziert zwei bis drei Mal
den Arm umlaufen. — Die Inderinnen, Perserinnen und Türkinnen tragen noch
heute die kostbarsten Armbänder mit Edelsteinen und Diamanten. Eben so die
indischen Herrscher und Großen des Reichs. Der Lichtberg, Kohl Nur, jener
mächtige Diamant, welcher als Eigenthum der Königin Victoria auf der Londoner
Weltausstellung strahlte, stammt von einem großen goldenen Armringe Nuughit


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[0394] liebe Perlen, Muschelschalen, Zierrachen von gebrannter Erde in den mannichfal- tigsten Formen. Aus ähnlichen Stoffen ordnete man die Halsketten, verband auch geformte Stücke Goldes mit Skarabäen aus Grünstein, Carneol, Amethyst, Achat, Smaragd und anderen Steinen zu langen Schnüren, die mehrfach um den Hals gewunden wurden. Hafte aus Gold und Silber in phantastischen Gestalten schlössen bei Männern und Frauen auf Brust oder Schulter das Gewand. Auch Arm- und Fingerringe wurden von beiden Geschlechtern getragen, und waren bei den höheren Ständen meist aus Gold oder Silber, seltener aus Elfenbein, Bronze und Eisen. In den unteren Ständen herrschten natürlich die minder edlen Stoffe. Die Gestalt der Schlange kehrt bei diesen Ringen häufig wieder, nicht selten mit Steinen ausgelegt und mit Gravirung oder plastischer Arbeit versehen. Vertieft oder erhaben zeigen sie die Namenszüge von Gottheiten und berühmten oder ver¬ ehrten Menschen, die Gestalten von heiligen Thieren und Blumen. Zum Theil bestanden die Armriuge in ganz einfachen Reifen, die dann gewöhnlich mehrere Zoll in der Breite maßen. Die Fingerringe gingen oft durch einen Skarabäus, der auf dem Reife beweglich blieb. Eine altägyptische Holzstatue im britischen Museum belehrt uus auch über die Art, wie die Frauen damals ihre Ringe auf die Finger vertheilten. An der linken Hand zählen wir einen Ring am Daumen, einen am kleinen Finger, drei am Zeigefinger und zwei auf jedem der übrigen beiden Finger; an der rechten Hand einen am Daumen und zwei am vorletzten Finger. Eine solche Ueberladn'ng der Hände mit einem Dutzend Ringe würden wir heute als einen wahren Triumph der Geschmacklosigkeit betrachten. Bei den Chinesen ist der Schmuck fast ausschließlich den Frauen überlassen; Ohrringe, Arm- und Fingerringe werden von den Männern nicht getragen. Die Haarnadeln der chinesischen Frauen sind bald aus edlen, bald aus unedlen Me¬ tallen, anch aus kunstreich, oft filigranartig geschnitztem Holze gearbeitet, die Ohrgehänge, welche niemals durch ihre Größe ausfallen, aus Gold und bunten Steinen. Die Armbänder bestehen meist aus einfachen fingerbreiten Reifen mit einer etwa zollweiten Oeffnung; häusig ist die äußere Seite des Reifes mit einem Kranze von Kugeln verziert. —Die alten Perser trugen reich verzierte Ringe am Ober- und Unterarm. Man ersieht dies aus den Denkmälern von Ninive. Die Ringe am Vorderarm bestanden aus gegossenen oder getriebenen Medaillons von mehreren Zoll im Durchmesser, auf einem biegsamen Stoff, etwa Leder, befestigt. Andere sind einfache, mit Gravirung bedeckte Goldreifen. Die Ringe am Ober¬ arm bilden Spirale, die mit Linien und Muster» reich verziert zwei bis drei Mal den Arm umlaufen. — Die Inderinnen, Perserinnen und Türkinnen tragen noch heute die kostbarsten Armbänder mit Edelsteinen und Diamanten. Eben so die indischen Herrscher und Großen des Reichs. Der Lichtberg, Kohl Nur, jener mächtige Diamant, welcher als Eigenthum der Königin Victoria auf der Londoner Weltausstellung strahlte, stammt von einem großen goldenen Armringe Nuughit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/394>, abgerufen am 06.06.2024.