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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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mely, (Neßmühler) ein vorzüglicher Tischwein. Er ist hart und reift spät, denn
erst im fünften, sechsten Jahre gelangt er in guten Kellern zu voller Kraft.

Auf Granitboden gedeihen die weißen Weine von Preßburg, durch sorgfäl¬
tigen Bau und die langjährige Veredelung bekannt. Am berühmtesten sind die
Natschdorfer, Grünauer, Pösinger, Moderner, Limbacher, Bibersburger und Pre߬
burger. Die meisten derselben sind hart und werden dnrch die Zeit dauernd
veredelt; am meisten die Bibersburger, welche erst im siebenten, achten Jahre
reif werden. Doch einzelne Lagen der Preßburger Weine zeichnen sich, durch große
Milde und schnelle Reife ans. Die Krone dieses Weingebirges aber ist der
Se. Georger Ausbruch, hochberühmt durch sein Feuer, gewürzhaften Ge¬
schmack und schon von weitem zu erkennen an seiner schönen Goldfarbe, die durch
den Farbestoff der dortigen Trockenbeeren hervorgebracht wird. Durch die charak¬
teristische Farbe ist er leicht vom Tokayer Ausbruch zu unterscheiden, denn gerade
das Gold, welches man an ihm lobt, muß am Ausbruch von Tokay getadelt
werden, an dem nur die gelbgrüne Farbe sür echt gilt. Der Se. Georger, als
ein Nachbar der Deutschen, geht viel durch Oestreich bis uach Sachsen und Schle¬
sien, wo er häufig als Tokayer Ausbruch verkauft wird. Er wird viel verfälscht
schon in Preßburg. Das Quantum, welches von ihm jährlich bereitet wird, be¬
trägt durchschnittlich etwa 3000 Eimer. Er kann aber nicht in jedem Jahre
bereitet werden, nicht mehr so oft als in Tokay. Zum besten Ausbruch werden
zwei große Butten Trockeubeeren auf einen halben Eimer frischen Most gerechnet.
Die erste Presse der Trockenbeeren liefert den Ausbruch, die zweite nach frischem
Aufguß, den Maszlas und die dritte einen immer noch starken Wein, den man
dort Extract nennt.

Im Süden von Preßburg, in der weichen und warmen Lust des Neusiedler
Sees breiten sich die hochgeehrten Weinhügel von Rust und Oedenbnrg
aus, auf Lehm-, Mergel- und Granitsand. Beide Städte sind durch ganz Europa
wegen ihrer Weinprodnction berühmt. Auf dem kleinern Terrain von Ruft
werden die Trauben erst spät, oft im Monat December gesammelt, allmälich
und mit sorgfältigem Ablesen der Trockenbeeren. Aus den Trockenbeeren allein
preßt man eine Essenz; Trockeubeeren mit andern Trauben vermischt gepreßt ge¬
ben den Ausbruch. Aehnlich ist die Behandlung des Weines auf dem großem
Terrain von Oedenbnrg. -- Auch der Wein ohne Trvckenbeeren gehört noch zu
deu edelsten Getränken Ungarns. Er ist an dem kräftigen Geschmack kennbar, welchen
der Rüster die Weinbauer Wurzel des Weines neunt. Geist und Feuer dieser
Weine sind uicht geringer, als bei den edelsten Oberungarn, aber gedämpfter, die
Wirkung auf das Blut langsamer, und der Ausländer klagt deshalb zuweilen die
Niederuugarweine an, daß sie dem Burgunder gleich die Füße hinterlistig lähmen,
ohne vorher den Kopf von ihren Intriguen benachrichtigt zu haben. Der Ober¬
ungar von gleicher Stärke scheint ehrlicher, weil er die Wangen schneller mit


mely, (Neßmühler) ein vorzüglicher Tischwein. Er ist hart und reift spät, denn
erst im fünften, sechsten Jahre gelangt er in guten Kellern zu voller Kraft.

Auf Granitboden gedeihen die weißen Weine von Preßburg, durch sorgfäl¬
tigen Bau und die langjährige Veredelung bekannt. Am berühmtesten sind die
Natschdorfer, Grünauer, Pösinger, Moderner, Limbacher, Bibersburger und Pre߬
burger. Die meisten derselben sind hart und werden dnrch die Zeit dauernd
veredelt; am meisten die Bibersburger, welche erst im siebenten, achten Jahre
reif werden. Doch einzelne Lagen der Preßburger Weine zeichnen sich, durch große
Milde und schnelle Reife ans. Die Krone dieses Weingebirges aber ist der
Se. Georger Ausbruch, hochberühmt durch sein Feuer, gewürzhaften Ge¬
schmack und schon von weitem zu erkennen an seiner schönen Goldfarbe, die durch
den Farbestoff der dortigen Trockenbeeren hervorgebracht wird. Durch die charak¬
teristische Farbe ist er leicht vom Tokayer Ausbruch zu unterscheiden, denn gerade
das Gold, welches man an ihm lobt, muß am Ausbruch von Tokay getadelt
werden, an dem nur die gelbgrüne Farbe sür echt gilt. Der Se. Georger, als
ein Nachbar der Deutschen, geht viel durch Oestreich bis uach Sachsen und Schle¬
sien, wo er häufig als Tokayer Ausbruch verkauft wird. Er wird viel verfälscht
schon in Preßburg. Das Quantum, welches von ihm jährlich bereitet wird, be¬
trägt durchschnittlich etwa 3000 Eimer. Er kann aber nicht in jedem Jahre
bereitet werden, nicht mehr so oft als in Tokay. Zum besten Ausbruch werden
zwei große Butten Trockeubeeren auf einen halben Eimer frischen Most gerechnet.
Die erste Presse der Trockenbeeren liefert den Ausbruch, die zweite nach frischem
Aufguß, den Maszlas und die dritte einen immer noch starken Wein, den man
dort Extract nennt.

Im Süden von Preßburg, in der weichen und warmen Lust des Neusiedler
Sees breiten sich die hochgeehrten Weinhügel von Rust und Oedenbnrg
aus, auf Lehm-, Mergel- und Granitsand. Beide Städte sind durch ganz Europa
wegen ihrer Weinprodnction berühmt. Auf dem kleinern Terrain von Ruft
werden die Trauben erst spät, oft im Monat December gesammelt, allmälich
und mit sorgfältigem Ablesen der Trockenbeeren. Aus den Trockenbeeren allein
preßt man eine Essenz; Trockeubeeren mit andern Trauben vermischt gepreßt ge¬
ben den Ausbruch. Aehnlich ist die Behandlung des Weines auf dem großem
Terrain von Oedenbnrg. — Auch der Wein ohne Trvckenbeeren gehört noch zu
deu edelsten Getränken Ungarns. Er ist an dem kräftigen Geschmack kennbar, welchen
der Rüster die Weinbauer Wurzel des Weines neunt. Geist und Feuer dieser
Weine sind uicht geringer, als bei den edelsten Oberungarn, aber gedämpfter, die
Wirkung auf das Blut langsamer, und der Ausländer klagt deshalb zuweilen die
Niederuugarweine an, daß sie dem Burgunder gleich die Füße hinterlistig lähmen,
ohne vorher den Kopf von ihren Intriguen benachrichtigt zu haben. Der Ober¬
ungar von gleicher Stärke scheint ehrlicher, weil er die Wangen schneller mit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/42>, abgerufen am 11.05.2024.