Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

lente, auf welcher Seite der größte Vortheil für sie sei. Was noch vor einigen Wochen
fraglich war, ob alle Staaten des bisherigen Zollvereins der neuen Verbindung beitreten
würden, ist jetzt kaum noch zweifelhaft. So scheint Preußen sich durch ein zweckmäßiges
Benehmen den Einfluß wieder zu gewinnen, welchen es in den letzten Jahren verloren
hatte, und mehr als diesen Einfluß, denn es sei hier wiederholt ausgesprochen: die Ver¬
einigung der Zollvereinsstaaten' mit den Nordseestaaten zu einer Handels- und Verkehrs-
einhcit ist, wie die Sachen einmal liegen, der größte Fortschritt in iunsrer Entwickelung,
den wir jetzt hoffen konnten. Durch, ihn ist ein neuer Grund gelegt zu einem Auf¬
blühen des Wohlstandes der Einzelnen sowol, als zu einer politischen Concentration
der. Staaten.

Deshalb verdient die letzte Denkschrift der preußischen Regierung, die Beilage zum
Cireularschreiben, welches zur bevorstehenden Conferenz einladet, die größte Beachtung.
Außer den Veränderungen des Tarifs, welche durch den Vertrag mit Hannover für den
Zollverein nothwendig geworden sind, und welche, wie bekannt, vornehmlich in Herab¬
setzung der Zölle auf einzelne Colonialwaaren und Weine bestehen, und außer einigen
Propositionen wegen Erleichterung des Getreideverkehrs in theueren Zeiten schlägt die
Denkschrift vor, die bisher im Zollverein nothwendige Einstimmigkeit der Staaten bei
Bildung verbindlicher Beschlüsse zu beschränken. Sie soll bestehen bleiben bei Verhand¬
lungen über Grundverträge, bei Erlaß neuer und Veränderung bestehender Gesetze, zu
denen auch die Vereinstarife gehören; dagegen soll die Majorität entscheiden bei Inter¬
pretation der Gesetze und bei den nur reglementarischen Anordnungen. Leider ist dieser
Vorschlag noch ungenügend. Was den Zollverein bis jetzt gehindert hat, in seinen Ta¬
rifsätzen aus verfassungsmäßigen Wege zu irgend einem consequenten Fortschritt zu
kommen, war eben die unglückliche Einstimmigkeit, welche bei allen Beschlüssen nöthig
war, und welche es irgend einem querköpfigen kleinern Staate möglich machte, die besten
Beschlüsse zu verhindern. Es ist einzusehen, daß Preußen gerade jetzt vermeiden wollte,
durch eine so radicale Aenderung der Verfassung die alten Genossen zu beunruhigen;
und doch war gerade der gegenwärtige Zeitpunkt geeignet zu einer entschiedenen Re¬
form. -- Der wichtigste Vorschlag, welchen Preußen macht, ist Errichtung von Zoll¬
vereins co nsulaten. An den wichtigsten Plätzen consules missi als Generalconsuln,
welche mit den kaufmännischen Viceconsuln der benachbarten Orte in organische Ver¬
bindung gebracht werden; die Patente der Consuln werden am besten von jedem ein¬
zelnen Staat ausgestellt; es erscheint billig, daß die Scestaaten einen größern Beitrag
zu den Kosten der Consulate liefern, sie mögen für sich allein ein Drittel, mit allen
übrigen zusammen zwei Drittel der Kosten aufbringen.

Diese Propositionen hängen mit anderen Organisationsplänen an der Nordsee zu¬
sammen. Von allem Schmerz und allen Demüthigungen, welche die deutschen Volks¬
wünsche in den letzten Jahren erfuhren, war keine so bitter, als die.Behandlung der
Flotte durch den restaurirten Bund. Es war sehr hart, daß die Deutschen, durch deren
freiwillige Sammlungen ein, wenn auch nicht großer Theil, der Flotte erworben'wurde,
ein halbes Jahr durch fast täglich klägliche Nachrichten über die Zukunft ihres Lieblingsunter¬
nehmens in den Zettungen lesen mußten, wobei nur zweifelhaft blieb, was trauriger war,
die Verhandlungen in Frankfurt, oder die Berichte der Zeitungsschreiber, welche zuweilen
den einen Tag Neues meldeten, um den andern widerrufen zu können, In der That
war das Urtheil über die deutsche Flotte an dem Tage gesprochen, wo der alte Bund
in seinem Palais zu Frankfurt wieder zusammenkam. Eine Flotte ist eben so wenig wie
ein Kriegsheer praktisch, nützlich und wünschenswert!), wenn sie von einem Compagnie-
geschäft regiert wird, dessen einzelne Theilnehmer verschiedene, oft die entgegengesetzten
Interessen haben; die Marine braucht einen Herrn, wie das Landhcer, einen einheit¬
lichen, schnellen und gewandten höchsten Willen. Wäre die Flotte vom Bunde erhalten
worden, so wäre das im besten Fall eine Komödie gewesen, die man den Völkern zu
Liebe fortgespielt hätte; die Flotte selbst wäre in ihren Häfen zu einem langsamen Tod


lente, auf welcher Seite der größte Vortheil für sie sei. Was noch vor einigen Wochen
fraglich war, ob alle Staaten des bisherigen Zollvereins der neuen Verbindung beitreten
würden, ist jetzt kaum noch zweifelhaft. So scheint Preußen sich durch ein zweckmäßiges
Benehmen den Einfluß wieder zu gewinnen, welchen es in den letzten Jahren verloren
hatte, und mehr als diesen Einfluß, denn es sei hier wiederholt ausgesprochen: die Ver¬
einigung der Zollvereinsstaaten' mit den Nordseestaaten zu einer Handels- und Verkehrs-
einhcit ist, wie die Sachen einmal liegen, der größte Fortschritt in iunsrer Entwickelung,
den wir jetzt hoffen konnten. Durch, ihn ist ein neuer Grund gelegt zu einem Auf¬
blühen des Wohlstandes der Einzelnen sowol, als zu einer politischen Concentration
der. Staaten.

Deshalb verdient die letzte Denkschrift der preußischen Regierung, die Beilage zum
Cireularschreiben, welches zur bevorstehenden Conferenz einladet, die größte Beachtung.
Außer den Veränderungen des Tarifs, welche durch den Vertrag mit Hannover für den
Zollverein nothwendig geworden sind, und welche, wie bekannt, vornehmlich in Herab¬
setzung der Zölle auf einzelne Colonialwaaren und Weine bestehen, und außer einigen
Propositionen wegen Erleichterung des Getreideverkehrs in theueren Zeiten schlägt die
Denkschrift vor, die bisher im Zollverein nothwendige Einstimmigkeit der Staaten bei
Bildung verbindlicher Beschlüsse zu beschränken. Sie soll bestehen bleiben bei Verhand¬
lungen über Grundverträge, bei Erlaß neuer und Veränderung bestehender Gesetze, zu
denen auch die Vereinstarife gehören; dagegen soll die Majorität entscheiden bei Inter¬
pretation der Gesetze und bei den nur reglementarischen Anordnungen. Leider ist dieser
Vorschlag noch ungenügend. Was den Zollverein bis jetzt gehindert hat, in seinen Ta¬
rifsätzen aus verfassungsmäßigen Wege zu irgend einem consequenten Fortschritt zu
kommen, war eben die unglückliche Einstimmigkeit, welche bei allen Beschlüssen nöthig
war, und welche es irgend einem querköpfigen kleinern Staate möglich machte, die besten
Beschlüsse zu verhindern. Es ist einzusehen, daß Preußen gerade jetzt vermeiden wollte,
durch eine so radicale Aenderung der Verfassung die alten Genossen zu beunruhigen;
und doch war gerade der gegenwärtige Zeitpunkt geeignet zu einer entschiedenen Re¬
form. — Der wichtigste Vorschlag, welchen Preußen macht, ist Errichtung von Zoll¬
vereins co nsulaten. An den wichtigsten Plätzen consules missi als Generalconsuln,
welche mit den kaufmännischen Viceconsuln der benachbarten Orte in organische Ver¬
bindung gebracht werden; die Patente der Consuln werden am besten von jedem ein¬
zelnen Staat ausgestellt; es erscheint billig, daß die Scestaaten einen größern Beitrag
zu den Kosten der Consulate liefern, sie mögen für sich allein ein Drittel, mit allen
übrigen zusammen zwei Drittel der Kosten aufbringen.

Diese Propositionen hängen mit anderen Organisationsplänen an der Nordsee zu¬
sammen. Von allem Schmerz und allen Demüthigungen, welche die deutschen Volks¬
wünsche in den letzten Jahren erfuhren, war keine so bitter, als die.Behandlung der
Flotte durch den restaurirten Bund. Es war sehr hart, daß die Deutschen, durch deren
freiwillige Sammlungen ein, wenn auch nicht großer Theil, der Flotte erworben'wurde,
ein halbes Jahr durch fast täglich klägliche Nachrichten über die Zukunft ihres Lieblingsunter¬
nehmens in den Zettungen lesen mußten, wobei nur zweifelhaft blieb, was trauriger war,
die Verhandlungen in Frankfurt, oder die Berichte der Zeitungsschreiber, welche zuweilen
den einen Tag Neues meldeten, um den andern widerrufen zu können, In der That
war das Urtheil über die deutsche Flotte an dem Tage gesprochen, wo der alte Bund
in seinem Palais zu Frankfurt wieder zusammenkam. Eine Flotte ist eben so wenig wie
ein Kriegsheer praktisch, nützlich und wünschenswert!), wenn sie von einem Compagnie-
geschäft regiert wird, dessen einzelne Theilnehmer verschiedene, oft die entgegengesetzten
Interessen haben; die Marine braucht einen Herrn, wie das Landhcer, einen einheit¬
lichen, schnellen und gewandten höchsten Willen. Wäre die Flotte vom Bunde erhalten
worden, so wäre das im besten Fall eine Komödie gewesen, die man den Völkern zu
Liebe fortgespielt hätte; die Flotte selbst wäre in ihren Häfen zu einem langsamen Tod


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0522" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/93887"/>
              <p xml:id="ID_1446" prev="#ID_1445"> lente, auf welcher Seite der größte Vortheil für sie sei. Was noch vor einigen Wochen<lb/>
fraglich war, ob alle Staaten des bisherigen Zollvereins der neuen Verbindung beitreten<lb/>
würden, ist jetzt kaum noch zweifelhaft. So scheint Preußen sich durch ein zweckmäßiges<lb/>
Benehmen den Einfluß wieder zu gewinnen, welchen es in den letzten Jahren verloren<lb/>
hatte, und mehr als diesen Einfluß, denn es sei hier wiederholt ausgesprochen: die Ver¬<lb/>
einigung der Zollvereinsstaaten' mit den Nordseestaaten zu einer Handels- und Verkehrs-<lb/>
einhcit ist, wie die Sachen einmal liegen, der größte Fortschritt in iunsrer Entwickelung,<lb/>
den wir jetzt hoffen konnten. Durch, ihn ist ein neuer Grund gelegt zu einem Auf¬<lb/>
blühen des Wohlstandes der Einzelnen sowol, als zu einer politischen Concentration<lb/>
der. Staaten.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1447"> Deshalb verdient die letzte Denkschrift der preußischen Regierung, die Beilage zum<lb/>
Cireularschreiben, welches zur bevorstehenden Conferenz einladet, die größte Beachtung.<lb/>
Außer den Veränderungen des Tarifs, welche durch den Vertrag mit Hannover für den<lb/>
Zollverein nothwendig geworden sind, und welche, wie bekannt, vornehmlich in Herab¬<lb/>
setzung der Zölle auf einzelne Colonialwaaren und Weine bestehen, und außer einigen<lb/>
Propositionen wegen Erleichterung des Getreideverkehrs in theueren Zeiten schlägt die<lb/>
Denkschrift vor, die bisher im Zollverein nothwendige Einstimmigkeit der Staaten bei<lb/>
Bildung verbindlicher Beschlüsse zu beschränken. Sie soll bestehen bleiben bei Verhand¬<lb/>
lungen über Grundverträge, bei Erlaß neuer und Veränderung bestehender Gesetze, zu<lb/>
denen auch die Vereinstarife gehören; dagegen soll die Majorität entscheiden bei Inter¬<lb/>
pretation der Gesetze und bei den nur reglementarischen Anordnungen. Leider ist dieser<lb/>
Vorschlag noch ungenügend. Was den Zollverein bis jetzt gehindert hat, in seinen Ta¬<lb/>
rifsätzen aus verfassungsmäßigen Wege zu irgend einem consequenten Fortschritt zu<lb/>
kommen, war eben die unglückliche Einstimmigkeit, welche bei allen Beschlüssen nöthig<lb/>
war, und welche es irgend einem querköpfigen kleinern Staate möglich machte, die besten<lb/>
Beschlüsse zu verhindern. Es ist einzusehen, daß Preußen gerade jetzt vermeiden wollte,<lb/>
durch eine so radicale Aenderung der Verfassung die alten Genossen zu beunruhigen;<lb/>
und doch war gerade der gegenwärtige Zeitpunkt geeignet zu einer entschiedenen Re¬<lb/>
form. &#x2014; Der wichtigste Vorschlag, welchen Preußen macht, ist Errichtung von Zoll¬<lb/>
vereins co nsulaten. An den wichtigsten Plätzen consules missi als Generalconsuln,<lb/>
welche mit den kaufmännischen Viceconsuln der benachbarten Orte in organische Ver¬<lb/>
bindung gebracht werden; die Patente der Consuln werden am besten von jedem ein¬<lb/>
zelnen Staat ausgestellt; es erscheint billig, daß die Scestaaten einen größern Beitrag<lb/>
zu den Kosten der Consulate liefern, sie mögen für sich allein ein Drittel, mit allen<lb/>
übrigen zusammen zwei Drittel der Kosten aufbringen.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1448" next="#ID_1449"> Diese Propositionen hängen mit anderen Organisationsplänen an der Nordsee zu¬<lb/>
sammen. Von allem Schmerz und allen Demüthigungen, welche die deutschen Volks¬<lb/>
wünsche in den letzten Jahren erfuhren, war keine so bitter, als die.Behandlung der<lb/>
Flotte durch den restaurirten Bund. Es war sehr hart, daß die Deutschen, durch deren<lb/>
freiwillige Sammlungen ein, wenn auch nicht großer Theil, der Flotte erworben'wurde,<lb/>
ein halbes Jahr durch fast täglich klägliche Nachrichten über die Zukunft ihres Lieblingsunter¬<lb/>
nehmens in den Zettungen lesen mußten, wobei nur zweifelhaft blieb, was trauriger war,<lb/>
die Verhandlungen in Frankfurt, oder die Berichte der Zeitungsschreiber, welche zuweilen<lb/>
den einen Tag Neues meldeten, um den andern widerrufen zu können, In der That<lb/>
war das Urtheil über die deutsche Flotte an dem Tage gesprochen, wo der alte Bund<lb/>
in seinem Palais zu Frankfurt wieder zusammenkam. Eine Flotte ist eben so wenig wie<lb/>
ein Kriegsheer praktisch, nützlich und wünschenswert!), wenn sie von einem Compagnie-<lb/>
geschäft regiert wird, dessen einzelne Theilnehmer verschiedene, oft die entgegengesetzten<lb/>
Interessen haben; die Marine braucht einen Herrn, wie das Landhcer, einen einheit¬<lb/>
lichen, schnellen und gewandten höchsten Willen. Wäre die Flotte vom Bunde erhalten<lb/>
worden, so wäre das im besten Fall eine Komödie gewesen, die man den Völkern zu<lb/>
Liebe fortgespielt hätte; die Flotte selbst wäre in ihren Häfen zu einem langsamen Tod</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0522] lente, auf welcher Seite der größte Vortheil für sie sei. Was noch vor einigen Wochen fraglich war, ob alle Staaten des bisherigen Zollvereins der neuen Verbindung beitreten würden, ist jetzt kaum noch zweifelhaft. So scheint Preußen sich durch ein zweckmäßiges Benehmen den Einfluß wieder zu gewinnen, welchen es in den letzten Jahren verloren hatte, und mehr als diesen Einfluß, denn es sei hier wiederholt ausgesprochen: die Ver¬ einigung der Zollvereinsstaaten' mit den Nordseestaaten zu einer Handels- und Verkehrs- einhcit ist, wie die Sachen einmal liegen, der größte Fortschritt in iunsrer Entwickelung, den wir jetzt hoffen konnten. Durch, ihn ist ein neuer Grund gelegt zu einem Auf¬ blühen des Wohlstandes der Einzelnen sowol, als zu einer politischen Concentration der. Staaten. Deshalb verdient die letzte Denkschrift der preußischen Regierung, die Beilage zum Cireularschreiben, welches zur bevorstehenden Conferenz einladet, die größte Beachtung. Außer den Veränderungen des Tarifs, welche durch den Vertrag mit Hannover für den Zollverein nothwendig geworden sind, und welche, wie bekannt, vornehmlich in Herab¬ setzung der Zölle auf einzelne Colonialwaaren und Weine bestehen, und außer einigen Propositionen wegen Erleichterung des Getreideverkehrs in theueren Zeiten schlägt die Denkschrift vor, die bisher im Zollverein nothwendige Einstimmigkeit der Staaten bei Bildung verbindlicher Beschlüsse zu beschränken. Sie soll bestehen bleiben bei Verhand¬ lungen über Grundverträge, bei Erlaß neuer und Veränderung bestehender Gesetze, zu denen auch die Vereinstarife gehören; dagegen soll die Majorität entscheiden bei Inter¬ pretation der Gesetze und bei den nur reglementarischen Anordnungen. Leider ist dieser Vorschlag noch ungenügend. Was den Zollverein bis jetzt gehindert hat, in seinen Ta¬ rifsätzen aus verfassungsmäßigen Wege zu irgend einem consequenten Fortschritt zu kommen, war eben die unglückliche Einstimmigkeit, welche bei allen Beschlüssen nöthig war, und welche es irgend einem querköpfigen kleinern Staate möglich machte, die besten Beschlüsse zu verhindern. Es ist einzusehen, daß Preußen gerade jetzt vermeiden wollte, durch eine so radicale Aenderung der Verfassung die alten Genossen zu beunruhigen; und doch war gerade der gegenwärtige Zeitpunkt geeignet zu einer entschiedenen Re¬ form. — Der wichtigste Vorschlag, welchen Preußen macht, ist Errichtung von Zoll¬ vereins co nsulaten. An den wichtigsten Plätzen consules missi als Generalconsuln, welche mit den kaufmännischen Viceconsuln der benachbarten Orte in organische Ver¬ bindung gebracht werden; die Patente der Consuln werden am besten von jedem ein¬ zelnen Staat ausgestellt; es erscheint billig, daß die Scestaaten einen größern Beitrag zu den Kosten der Consulate liefern, sie mögen für sich allein ein Drittel, mit allen übrigen zusammen zwei Drittel der Kosten aufbringen. Diese Propositionen hängen mit anderen Organisationsplänen an der Nordsee zu¬ sammen. Von allem Schmerz und allen Demüthigungen, welche die deutschen Volks¬ wünsche in den letzten Jahren erfuhren, war keine so bitter, als die.Behandlung der Flotte durch den restaurirten Bund. Es war sehr hart, daß die Deutschen, durch deren freiwillige Sammlungen ein, wenn auch nicht großer Theil, der Flotte erworben'wurde, ein halbes Jahr durch fast täglich klägliche Nachrichten über die Zukunft ihres Lieblingsunter¬ nehmens in den Zettungen lesen mußten, wobei nur zweifelhaft blieb, was trauriger war, die Verhandlungen in Frankfurt, oder die Berichte der Zeitungsschreiber, welche zuweilen den einen Tag Neues meldeten, um den andern widerrufen zu können, In der That war das Urtheil über die deutsche Flotte an dem Tage gesprochen, wo der alte Bund in seinem Palais zu Frankfurt wieder zusammenkam. Eine Flotte ist eben so wenig wie ein Kriegsheer praktisch, nützlich und wünschenswert!), wenn sie von einem Compagnie- geschäft regiert wird, dessen einzelne Theilnehmer verschiedene, oft die entgegengesetzten Interessen haben; die Marine braucht einen Herrn, wie das Landhcer, einen einheit¬ lichen, schnellen und gewandten höchsten Willen. Wäre die Flotte vom Bunde erhalten worden, so wäre das im besten Fall eine Komödie gewesen, die man den Völkern zu Liebe fortgespielt hätte; die Flotte selbst wäre in ihren Häfen zu einem langsamen Tod

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/522
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/522>, abgerufen am 31.05.2024.