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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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verdammt gewesen, denn gegen jede Benutzung im Interesse Norddeutschlands würde
Oestreich intriguirt haben, und gegen jede Verwendung, für östreichische Zwecke Preußen
und seine Verbündeten. Freilich, wenn Deutschland sich dem östreichischen Handelstarife
gefügt und Oestreich das Protectorat über den deutschen Handel übernommen hätte,
dann wäre es jm seinem Interesse gewesen, auch die Nordseeflotte zu conserviren,
d. h. zu einer östreichischen zu machen. Da aber dies nicht der Fall war, und
Oestreich entschiedene Abneigung zeigte, irgend etwas für Erhaltung dieser Schöpfung
der norddeutschen Revolution zu thun, so. war es nothwendig, daß Preußen
daraus drang, diesem Zustande der Unsicherheit ein Ende zu machen; hatte es doch aus
seiner Kasse den verhältnißmäßig größten Theil der Summen hergegeben, durch welche
die Flotte zusammengebracht und bis jetzt erhalten worden war. Die Auslösung der
Flotte wurde beschlossen; Preußen sollte als Anrechnung auf seine früheren Leistungen
gegen Zahlung der Differenzsumme die Fregatte Eckernförde (Gestor) und den schö¬
nen Kriegsdämpfer Barbarossa erhalten, die übrigen Schiffe sollten nach dem Tax¬
werth vertheilt, resp, verkauft werden. Für Preußen und Deutschland erschien dieses
klägliche Ende eines großen Unternehmens immer noch als ein Vortheil. So wichtig die
Bildung einer Nordseeflotte für uns ist, so ist es doch nothwendig, daß dieses Geschwader
keinen andern Herrn hat, als den Staat oder die Union, welche die deutschen Nordsee¬
küsten beherrscht, vorausgesetzt, daß diese Union eine energische einheitliche Leitung mög¬
lich macht. Es giebt also zwei Wege: die Flotte unter die Nvrdsecstaaten zu verkaufen,
oder durch die Zollvereinsstaaten übernehmen zu lassen. Da aber die Union an der
Nordsee noch nicht consolidirt ist, da die verschiedenen Staatseinheiten an der Küste noch
nicht einmal dieselben Handelsinteressen haben, und da die Organisation des Zollvereins noch
lange nicht so weit vorgeschritten ist, daß er mit Erfolg die Repräsentation durch eine
Kriegsflotte übernehmen, könnte, so lag es in Preußens Interesse, die Flotte jetzt zer¬
schlagen zu lassen, die besten Schiffe zu erwerben, und als seine eigene Flotte dem Zoll¬
verein zur Disposition zu stellen. Nun hat aber Hannover, der neue Handelsfreund,
den entschiedenen Wunsch ausgesprochen, einen Verein der deutschen Staaten zur Er¬
haltung der Flotte zusammenzubringen; ihm ist die deutsche Flotte bis jetzt am nächsten
gewesen, sie hat unter seiner besondern Aufsicht gestanden, und in den regierenden Kreisen
hat sich ein Interesse daran festgesetzt, welches von Ehrgeiz und stillen Plänen für die
Zukunft nicht ganz frei ist. Für sich allein kann Hannover die Flotte nicht erhalten,
wol aber würde es seiner Lage und seinem Interesse nach beim Zustandekommen eines
Vereins voraussichtlich die specielle Aufsicht, allerlei Schmuck und Nutzen davon haben.
Preußen hatte Grund, den Lieblingsplan seines neuen Alliirten zu schonen, so wenig
er auch mit den eigenen Intentionen übereinstimmte. Deshalb und weil die Versuche
Hannovers, mit den kleinen Staaten allein einen Flottenverein zu Stande zu bringen,
gescheitert waren, gab Preußen in der Bundessitzung vom ,6. März eine merkwürdige,
wieder gewandt geschriebene Erklärung ab, welche als ein Muster geschäftlichen Styls
und einer klugen kaufmännischen Politik erscheint. Es sagt darin ungefähr Folgendes:
"Ihr kleinen Staaten habt vergebens versucht, einen Flottenverein zu Stande zu bringen,
der sich mit dem Bunde auseinandersetzt und die Flotte auf eigene Rechnung übernimmt; ich
will Eurem Verein beitreten. Ich bringe damit freilich ein großes Opfer. Ich bin auf die
Ostsee angewiesen, habe an meinen Ostseeschiffen genug zu zahlen und für meinen Theil an
der Nordsee kein besonderes Interesse. Indeß da Ihr so gute Nachbarn seid, und allein
nicht fertig werden könnt, so will ich ein Uebriges thun, um Euch eine Freude zu machen.
Es sind, wie Hannover richtig sagt, 800,000 Thlr. jährlich nöthig, die Flotte in
Stand zu halten, weniger durchaus nicht. Wir wollen sehen, ob wir die zusammen
ausbringen. Die Beiträge mögen nach der Bundcsmatrikcl gezahlt werden, und die
Küsteustaatcn sollen ein Präcipuum zahlen, wozu sich Hannover ja bereits erboten hat.
Ich bin eigentlich nur wegen Sachsen und Westphalen bei der Nordsee interessirt, und
habe außerdem die ganze Ostseeflotte allein zu erhalten. Ich will aber geben, um


Grenzboten. I. I8ö2. , - 66

verdammt gewesen, denn gegen jede Benutzung im Interesse Norddeutschlands würde
Oestreich intriguirt haben, und gegen jede Verwendung, für östreichische Zwecke Preußen
und seine Verbündeten. Freilich, wenn Deutschland sich dem östreichischen Handelstarife
gefügt und Oestreich das Protectorat über den deutschen Handel übernommen hätte,
dann wäre es jm seinem Interesse gewesen, auch die Nordseeflotte zu conserviren,
d. h. zu einer östreichischen zu machen. Da aber dies nicht der Fall war, und
Oestreich entschiedene Abneigung zeigte, irgend etwas für Erhaltung dieser Schöpfung
der norddeutschen Revolution zu thun, so. war es nothwendig, daß Preußen
daraus drang, diesem Zustande der Unsicherheit ein Ende zu machen; hatte es doch aus
seiner Kasse den verhältnißmäßig größten Theil der Summen hergegeben, durch welche
die Flotte zusammengebracht und bis jetzt erhalten worden war. Die Auslösung der
Flotte wurde beschlossen; Preußen sollte als Anrechnung auf seine früheren Leistungen
gegen Zahlung der Differenzsumme die Fregatte Eckernförde (Gestor) und den schö¬
nen Kriegsdämpfer Barbarossa erhalten, die übrigen Schiffe sollten nach dem Tax¬
werth vertheilt, resp, verkauft werden. Für Preußen und Deutschland erschien dieses
klägliche Ende eines großen Unternehmens immer noch als ein Vortheil. So wichtig die
Bildung einer Nordseeflotte für uns ist, so ist es doch nothwendig, daß dieses Geschwader
keinen andern Herrn hat, als den Staat oder die Union, welche die deutschen Nordsee¬
küsten beherrscht, vorausgesetzt, daß diese Union eine energische einheitliche Leitung mög¬
lich macht. Es giebt also zwei Wege: die Flotte unter die Nvrdsecstaaten zu verkaufen,
oder durch die Zollvereinsstaaten übernehmen zu lassen. Da aber die Union an der
Nordsee noch nicht consolidirt ist, da die verschiedenen Staatseinheiten an der Küste noch
nicht einmal dieselben Handelsinteressen haben, und da die Organisation des Zollvereins noch
lange nicht so weit vorgeschritten ist, daß er mit Erfolg die Repräsentation durch eine
Kriegsflotte übernehmen, könnte, so lag es in Preußens Interesse, die Flotte jetzt zer¬
schlagen zu lassen, die besten Schiffe zu erwerben, und als seine eigene Flotte dem Zoll¬
verein zur Disposition zu stellen. Nun hat aber Hannover, der neue Handelsfreund,
den entschiedenen Wunsch ausgesprochen, einen Verein der deutschen Staaten zur Er¬
haltung der Flotte zusammenzubringen; ihm ist die deutsche Flotte bis jetzt am nächsten
gewesen, sie hat unter seiner besondern Aufsicht gestanden, und in den regierenden Kreisen
hat sich ein Interesse daran festgesetzt, welches von Ehrgeiz und stillen Plänen für die
Zukunft nicht ganz frei ist. Für sich allein kann Hannover die Flotte nicht erhalten,
wol aber würde es seiner Lage und seinem Interesse nach beim Zustandekommen eines
Vereins voraussichtlich die specielle Aufsicht, allerlei Schmuck und Nutzen davon haben.
Preußen hatte Grund, den Lieblingsplan seines neuen Alliirten zu schonen, so wenig
er auch mit den eigenen Intentionen übereinstimmte. Deshalb und weil die Versuche
Hannovers, mit den kleinen Staaten allein einen Flottenverein zu Stande zu bringen,
gescheitert waren, gab Preußen in der Bundessitzung vom ,6. März eine merkwürdige,
wieder gewandt geschriebene Erklärung ab, welche als ein Muster geschäftlichen Styls
und einer klugen kaufmännischen Politik erscheint. Es sagt darin ungefähr Folgendes:
„Ihr kleinen Staaten habt vergebens versucht, einen Flottenverein zu Stande zu bringen,
der sich mit dem Bunde auseinandersetzt und die Flotte auf eigene Rechnung übernimmt; ich
will Eurem Verein beitreten. Ich bringe damit freilich ein großes Opfer. Ich bin auf die
Ostsee angewiesen, habe an meinen Ostseeschiffen genug zu zahlen und für meinen Theil an
der Nordsee kein besonderes Interesse. Indeß da Ihr so gute Nachbarn seid, und allein
nicht fertig werden könnt, so will ich ein Uebriges thun, um Euch eine Freude zu machen.
Es sind, wie Hannover richtig sagt, 800,000 Thlr. jährlich nöthig, die Flotte in
Stand zu halten, weniger durchaus nicht. Wir wollen sehen, ob wir die zusammen
ausbringen. Die Beiträge mögen nach der Bundcsmatrikcl gezahlt werden, und die
Küsteustaatcn sollen ein Präcipuum zahlen, wozu sich Hannover ja bereits erboten hat.
Ich bin eigentlich nur wegen Sachsen und Westphalen bei der Nordsee interessirt, und
habe außerdem die ganze Ostseeflotte allein zu erhalten. Ich will aber geben, um


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[0523] verdammt gewesen, denn gegen jede Benutzung im Interesse Norddeutschlands würde Oestreich intriguirt haben, und gegen jede Verwendung, für östreichische Zwecke Preußen und seine Verbündeten. Freilich, wenn Deutschland sich dem östreichischen Handelstarife gefügt und Oestreich das Protectorat über den deutschen Handel übernommen hätte, dann wäre es jm seinem Interesse gewesen, auch die Nordseeflotte zu conserviren, d. h. zu einer östreichischen zu machen. Da aber dies nicht der Fall war, und Oestreich entschiedene Abneigung zeigte, irgend etwas für Erhaltung dieser Schöpfung der norddeutschen Revolution zu thun, so. war es nothwendig, daß Preußen daraus drang, diesem Zustande der Unsicherheit ein Ende zu machen; hatte es doch aus seiner Kasse den verhältnißmäßig größten Theil der Summen hergegeben, durch welche die Flotte zusammengebracht und bis jetzt erhalten worden war. Die Auslösung der Flotte wurde beschlossen; Preußen sollte als Anrechnung auf seine früheren Leistungen gegen Zahlung der Differenzsumme die Fregatte Eckernförde (Gestor) und den schö¬ nen Kriegsdämpfer Barbarossa erhalten, die übrigen Schiffe sollten nach dem Tax¬ werth vertheilt, resp, verkauft werden. Für Preußen und Deutschland erschien dieses klägliche Ende eines großen Unternehmens immer noch als ein Vortheil. So wichtig die Bildung einer Nordseeflotte für uns ist, so ist es doch nothwendig, daß dieses Geschwader keinen andern Herrn hat, als den Staat oder die Union, welche die deutschen Nordsee¬ küsten beherrscht, vorausgesetzt, daß diese Union eine energische einheitliche Leitung mög¬ lich macht. Es giebt also zwei Wege: die Flotte unter die Nvrdsecstaaten zu verkaufen, oder durch die Zollvereinsstaaten übernehmen zu lassen. Da aber die Union an der Nordsee noch nicht consolidirt ist, da die verschiedenen Staatseinheiten an der Küste noch nicht einmal dieselben Handelsinteressen haben, und da die Organisation des Zollvereins noch lange nicht so weit vorgeschritten ist, daß er mit Erfolg die Repräsentation durch eine Kriegsflotte übernehmen, könnte, so lag es in Preußens Interesse, die Flotte jetzt zer¬ schlagen zu lassen, die besten Schiffe zu erwerben, und als seine eigene Flotte dem Zoll¬ verein zur Disposition zu stellen. Nun hat aber Hannover, der neue Handelsfreund, den entschiedenen Wunsch ausgesprochen, einen Verein der deutschen Staaten zur Er¬ haltung der Flotte zusammenzubringen; ihm ist die deutsche Flotte bis jetzt am nächsten gewesen, sie hat unter seiner besondern Aufsicht gestanden, und in den regierenden Kreisen hat sich ein Interesse daran festgesetzt, welches von Ehrgeiz und stillen Plänen für die Zukunft nicht ganz frei ist. Für sich allein kann Hannover die Flotte nicht erhalten, wol aber würde es seiner Lage und seinem Interesse nach beim Zustandekommen eines Vereins voraussichtlich die specielle Aufsicht, allerlei Schmuck und Nutzen davon haben. Preußen hatte Grund, den Lieblingsplan seines neuen Alliirten zu schonen, so wenig er auch mit den eigenen Intentionen übereinstimmte. Deshalb und weil die Versuche Hannovers, mit den kleinen Staaten allein einen Flottenverein zu Stande zu bringen, gescheitert waren, gab Preußen in der Bundessitzung vom ,6. März eine merkwürdige, wieder gewandt geschriebene Erklärung ab, welche als ein Muster geschäftlichen Styls und einer klugen kaufmännischen Politik erscheint. Es sagt darin ungefähr Folgendes: „Ihr kleinen Staaten habt vergebens versucht, einen Flottenverein zu Stande zu bringen, der sich mit dem Bunde auseinandersetzt und die Flotte auf eigene Rechnung übernimmt; ich will Eurem Verein beitreten. Ich bringe damit freilich ein großes Opfer. Ich bin auf die Ostsee angewiesen, habe an meinen Ostseeschiffen genug zu zahlen und für meinen Theil an der Nordsee kein besonderes Interesse. Indeß da Ihr so gute Nachbarn seid, und allein nicht fertig werden könnt, so will ich ein Uebriges thun, um Euch eine Freude zu machen. Es sind, wie Hannover richtig sagt, 800,000 Thlr. jährlich nöthig, die Flotte in Stand zu halten, weniger durchaus nicht. Wir wollen sehen, ob wir die zusammen ausbringen. Die Beiträge mögen nach der Bundcsmatrikcl gezahlt werden, und die Küsteustaatcn sollen ein Präcipuum zahlen, wozu sich Hannover ja bereits erboten hat. Ich bin eigentlich nur wegen Sachsen und Westphalen bei der Nordsee interessirt, und habe außerdem die ganze Ostseeflotte allein zu erhalten. Ich will aber geben, um Grenzboten. I. I8ö2. , - 66

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/523>, abgerufen am 14.05.2024.