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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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merksames Pri'unum dadurch geschaffen, d,aß es die älteren komischen Opern von
Diedersdorf, Cimarosa, Fioravanti ze. wieder aufgenommen hat. Ist auch in dem
Styl dieser Musik Manches veraltet, und muß man sich zuweilen auch mit einiger
Mühe durch die Dürre und Langweiligkeit des Textes durcharbeiten, so dort man
darin doch echte Musik, und in unsrer Zeit, wo wenigstens bei den Deutschen
das Talent zur komischen Musik so unendlich dürftig ist, muß es daher als ein
dankenswerthes Unternehmen bezeichnet werden, wenn man die Aufmerksamkeit
auf diese theilweise ganz vergessenen Leistungen wieder hinlenkt. Die Aus¬
führung entspricht im Ganzen den Anforderungen, die man an dieses Genre
zu machen berechtigt ist. Frau Küchenmeister-Nudersdorf eignet sich dnrch
Spiel und Gesang vorzugsweise für diese Gattung, und einige sehr brauchbare
Komiker stehen ihr treulich zur Seite. Außerdem bat dieses Theater jetzt eine
italienische Oper engagirt, als deren glänzendste Sänger" wir Signora Fodor
,mit Freuden in Berlin begrüßen. Sonst scheint sich das Theater wie anch
die übrigen kleineren Bühnen vorzugsweise auf die Localposse zu legen. Zu weiteren
Leistungen dinften anch die Kräfte kaum ausreiche". Was sich das neue König¬
städter Theater für eine Tendenz setzen wird, ist noch nicht bekannt. Je mehr
sich indeß alle diese Theater aus ein ganz bestimmtes Genre einschränken, desto
bessere Leistungen dürften wir zu eiwarteu haben, und desto größer" Nutze" dürfte
die Kunst davou ziehe". Wir müsse" nothwendiger Weise, wenn wir uiid innrem
Theater vors.breiten wolle", das Beispiel der Pariser nachahmen, denen eS nicht
einfällt, daß el" u"d derselbe Schauspieler, selbst wen" er nach allen Seite" hin
die gleiche Be,äluguug in sich trägt, in Beziehung ans Ansbildung und Styl allen
GaMnigeu gerecht werden konnte. Auch in der Kunst ist eine Tlieilnng der
Arbeit von unendlichen Gewinn. In diesem Falle müßte das königliche Schau¬
spiel die Rolle des Ti'LÜtre Fransig übernehmen und sich vorzugsweise mit dem
Studium klassischer Stücke beschäftigen. Freilich müßte dann in der Auswahl
der mitwirkenden Kräfte mit eineni größern Plan z > Weite gegangen werden,
als jetzt der Fall zu sein scheint. Herr v. Hülsen hatte bei dem Antritt seines
Amtes mit vielen Feindseligkeiten zu kämpfen; jejzt scheint "r bei dem Publicum
wesentlich gewonnen zu habe". Ob das, was er bis jetzt für das Schauspiel ge¬
than hat, diesen Beifall vollkommen rechtfertigt, möchte ich doch "och bezweifeln.
Die männlichen Darsteller schreiben sich fast ausschließlich noch ans der alten Zeit
her. Sie sind hier im Schauspiel unstreitig der bessere Theil, wälrend in der
Oper das (5>>tgegengesetzte der Fall ist. Die Schansp^elerinnen, mit Ausnahme
der Frau Crelinger und einiger Anderen, die zur gu,en alten Zeit geboren, sind
meistens erst in der neuern Zeit engagirt worden. Nun fällt zunächst ans, daß
das Aeußere dieser jungen Künstlerinnen einen so erfreulichen Vtudruck macht,
wie man es nicht leicht auf eiuer andern Bühne finden wird. Fräulein Bierock,
Fränkel" Fuhr, Fräulein Bernhard, Fräulein Ahrens, ganz ungerechnet die Schon-


merksames Pri'unum dadurch geschaffen, d,aß es die älteren komischen Opern von
Diedersdorf, Cimarosa, Fioravanti ze. wieder aufgenommen hat. Ist auch in dem
Styl dieser Musik Manches veraltet, und muß man sich zuweilen auch mit einiger
Mühe durch die Dürre und Langweiligkeit des Textes durcharbeiten, so dort man
darin doch echte Musik, und in unsrer Zeit, wo wenigstens bei den Deutschen
das Talent zur komischen Musik so unendlich dürftig ist, muß es daher als ein
dankenswerthes Unternehmen bezeichnet werden, wenn man die Aufmerksamkeit
auf diese theilweise ganz vergessenen Leistungen wieder hinlenkt. Die Aus¬
führung entspricht im Ganzen den Anforderungen, die man an dieses Genre
zu machen berechtigt ist. Frau Küchenmeister-Nudersdorf eignet sich dnrch
Spiel und Gesang vorzugsweise für diese Gattung, und einige sehr brauchbare
Komiker stehen ihr treulich zur Seite. Außerdem bat dieses Theater jetzt eine
italienische Oper engagirt, als deren glänzendste Sänger» wir Signora Fodor
,mit Freuden in Berlin begrüßen. Sonst scheint sich das Theater wie anch
die übrigen kleineren Bühnen vorzugsweise auf die Localposse zu legen. Zu weiteren
Leistungen dinften anch die Kräfte kaum ausreiche». Was sich das neue König¬
städter Theater für eine Tendenz setzen wird, ist noch nicht bekannt. Je mehr
sich indeß alle diese Theater aus ein ganz bestimmtes Genre einschränken, desto
bessere Leistungen dürften wir zu eiwarteu haben, und desto größer» Nutze» dürfte
die Kunst davou ziehe». Wir müsse» nothwendiger Weise, wenn wir uiid innrem
Theater vors.breiten wolle», das Beispiel der Pariser nachahmen, denen eS nicht
einfällt, daß el» u»d derselbe Schauspieler, selbst wen» er nach allen Seite» hin
die gleiche Be,äluguug in sich trägt, in Beziehung ans Ansbildung und Styl allen
GaMnigeu gerecht werden konnte. Auch in der Kunst ist eine Tlieilnng der
Arbeit von unendlichen Gewinn. In diesem Falle müßte das königliche Schau¬
spiel die Rolle des Ti'LÜtre Fransig übernehmen und sich vorzugsweise mit dem
Studium klassischer Stücke beschäftigen. Freilich müßte dann in der Auswahl
der mitwirkenden Kräfte mit eineni größern Plan z > Weite gegangen werden,
als jetzt der Fall zu sein scheint. Herr v. Hülsen hatte bei dem Antritt seines
Amtes mit vielen Feindseligkeiten zu kämpfen; jejzt scheint »r bei dem Publicum
wesentlich gewonnen zu habe». Ob das, was er bis jetzt für das Schauspiel ge¬
than hat, diesen Beifall vollkommen rechtfertigt, möchte ich doch »och bezweifeln.
Die männlichen Darsteller schreiben sich fast ausschließlich noch ans der alten Zeit
her. Sie sind hier im Schauspiel unstreitig der bessere Theil, wälrend in der
Oper das (5>>tgegengesetzte der Fall ist. Die Schansp^elerinnen, mit Ausnahme
der Frau Crelinger und einiger Anderen, die zur gu,en alten Zeit geboren, sind
meistens erst in der neuern Zeit engagirt worden. Nun fällt zunächst ans, daß
das Aeußere dieser jungen Künstlerinnen einen so erfreulichen Vtudruck macht,
wie man es nicht leicht auf eiuer andern Bühne finden wird. Fräulein Bierock,
Fränkel» Fuhr, Fräulein Bernhard, Fräulein Ahrens, ganz ungerechnet die Schon-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/110>, abgerufen am 16.06.2024.