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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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ihnen brachte, ängstlich, sorgsam in ihre Truhen, sie liebten im Gegentheil mit
triumphirendem Stolze, sie öffentlich zu zeigen, und prachtvolle Bauwerke, welche
die Namen ihrer Gründer Jahrhunderte noch aufbewahrten, zu errichten, Künste
aller Art zu fördern, mit verschwenderischer Hand den unteren VolksAassen zu
spenden. Was für ein fürstlicher Reichthum gehört dazu, wenn ein Privatmann
ganz aus eigenen Mitteln eine Kirche, wie die von Corignano, in einer kurzen
Zeit erbaut. Das edle Haus der Santi lebte, wie dies in Genua unter den
vornehmen Geschlechtern so häufig der Fall war, in arger Feindschaft mit dem
nicht minder edlen Hause der Fieschi. Trotz dieser Feindschaft besuchten Erstere
doch aus altem Herkommen eine kleine Kirche, die einst von den Fieschi gegrün¬
det war und auf welche diese noch eine Art von Eigenthumsrecht auszuüben hat¬
ten. Da geschah es, daß ein Marchese Fieschi der jungen Tochter des Marchese
Santi, des Oberhauptes der Familie, öffentlich in spöttischen Worten den Ein¬
tritt in sein Gotteshaus untersagte. Vor Scham und Zorn erröthend kehrte die
so Gekränkte in den väterlichen Palast zurück, und klagte dem Vater die ihr wider¬
fahrene Unbill. Mit stolzen Worten that'der verletzte Mann das Gelübde, er
wolle sogleich eine Kirche aus eigenen Mitteln erbauen, welche die der Fieschi
weit überragen solle. Sogleich mußte der geschickteste Architekt der Stadt den
Plan zu dem Bauwerk entwerfen, mit offenen Händen spendete der Marchese
Geld über Geld, den Bau zu fördern, und binnen wenigen Jahren stand das
Gotteshaus in seiner stolzen Würde, die mächtige Kuppel des Mittelthurms, von
vier kleineren Thürmen umgeben, vollendet da, noch jetzt eine Zierde Genuas.
Welche stolzen Paläste sind auch die der edlen Familien Doria, Fieschi, Durazzi,
Pallavicini u. "., welche alle unweit des Meeres liegen, so daß man sie von einer
Barke im Hafen aus so recht in ihrer ganzen Größe bewundern kann. Gar das
weitläufige Bauwerk des Palazzo - Doria übertrifft an Größe und Reichthum der
äußern Ausstattung gar manches fürstliche Residenzschloß in unsren verschiedenen
deutschen Hauptstädten. Zwei Hauptgebäude, durch große Arcaden mit einander
verbunden, bilden den Palast. Das eine liegt auf schönen grünen Terrassen hart
am Meere, dessen Wellen den Fuß der Mauern, welche den Garten tragen, be¬
spülen, das andere höher hinauf auf einem mäßigen Berge. Große Bäume, be¬
sonders Platanen, Kastanien und Pinien von seltenem Wuchs zieren den weit¬
läufigen Garten mit seinen Marmvrbassins und Bildsäulen und Taxnsh'eater.

Hoch oben über der ganzen Häusermasse Genuas erhebt sich am Horizont
die blaue Bergkette der Seealpen, einen würdigen Schluß des schönen Gemäldes
bildend. In weiter Bogenlinie ziehen sich dieselben um den ganzen Meerbusen,
dessen Wellen oft in schneeigem Schaum sich an ihren Füßen brechen.

Hatten meine Bootsleute mich eine Strecke weit in das Meer hineingerudert,
dann legten sie gewöhnlich die Ruder nieder und ließen die Barke leise treiben,
während ich mich in die klaren, salzigen Fluthen stürzte.


ihnen brachte, ängstlich, sorgsam in ihre Truhen, sie liebten im Gegentheil mit
triumphirendem Stolze, sie öffentlich zu zeigen, und prachtvolle Bauwerke, welche
die Namen ihrer Gründer Jahrhunderte noch aufbewahrten, zu errichten, Künste
aller Art zu fördern, mit verschwenderischer Hand den unteren VolksAassen zu
spenden. Was für ein fürstlicher Reichthum gehört dazu, wenn ein Privatmann
ganz aus eigenen Mitteln eine Kirche, wie die von Corignano, in einer kurzen
Zeit erbaut. Das edle Haus der Santi lebte, wie dies in Genua unter den
vornehmen Geschlechtern so häufig der Fall war, in arger Feindschaft mit dem
nicht minder edlen Hause der Fieschi. Trotz dieser Feindschaft besuchten Erstere
doch aus altem Herkommen eine kleine Kirche, die einst von den Fieschi gegrün¬
det war und auf welche diese noch eine Art von Eigenthumsrecht auszuüben hat¬
ten. Da geschah es, daß ein Marchese Fieschi der jungen Tochter des Marchese
Santi, des Oberhauptes der Familie, öffentlich in spöttischen Worten den Ein¬
tritt in sein Gotteshaus untersagte. Vor Scham und Zorn erröthend kehrte die
so Gekränkte in den väterlichen Palast zurück, und klagte dem Vater die ihr wider¬
fahrene Unbill. Mit stolzen Worten that'der verletzte Mann das Gelübde, er
wolle sogleich eine Kirche aus eigenen Mitteln erbauen, welche die der Fieschi
weit überragen solle. Sogleich mußte der geschickteste Architekt der Stadt den
Plan zu dem Bauwerk entwerfen, mit offenen Händen spendete der Marchese
Geld über Geld, den Bau zu fördern, und binnen wenigen Jahren stand das
Gotteshaus in seiner stolzen Würde, die mächtige Kuppel des Mittelthurms, von
vier kleineren Thürmen umgeben, vollendet da, noch jetzt eine Zierde Genuas.
Welche stolzen Paläste sind auch die der edlen Familien Doria, Fieschi, Durazzi,
Pallavicini u. «., welche alle unweit des Meeres liegen, so daß man sie von einer
Barke im Hafen aus so recht in ihrer ganzen Größe bewundern kann. Gar das
weitläufige Bauwerk des Palazzo - Doria übertrifft an Größe und Reichthum der
äußern Ausstattung gar manches fürstliche Residenzschloß in unsren verschiedenen
deutschen Hauptstädten. Zwei Hauptgebäude, durch große Arcaden mit einander
verbunden, bilden den Palast. Das eine liegt auf schönen grünen Terrassen hart
am Meere, dessen Wellen den Fuß der Mauern, welche den Garten tragen, be¬
spülen, das andere höher hinauf auf einem mäßigen Berge. Große Bäume, be¬
sonders Platanen, Kastanien und Pinien von seltenem Wuchs zieren den weit¬
läufigen Garten mit seinen Marmvrbassins und Bildsäulen und Taxnsh'eater.

Hoch oben über der ganzen Häusermasse Genuas erhebt sich am Horizont
die blaue Bergkette der Seealpen, einen würdigen Schluß des schönen Gemäldes
bildend. In weiter Bogenlinie ziehen sich dieselben um den ganzen Meerbusen,
dessen Wellen oft in schneeigem Schaum sich an ihren Füßen brechen.

Hatten meine Bootsleute mich eine Strecke weit in das Meer hineingerudert,
dann legten sie gewöhnlich die Ruder nieder und ließen die Barke leise treiben,
während ich mich in die klaren, salzigen Fluthen stürzte.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/14>, abgerufen am 15.05.2024.