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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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Zeit mit so viel Interesse und Theilnahme gelesen haben. Die wissenschaftliche
Gründlichkeit und Besonnenheit, die doch von einer starken und festen Gesinuniig
getragen wird, macht einen höchst erfreulichen Eindruck.

Wir lassen noch einige Notizen über die Geschichte der Propaganda folgen.
-- Die erste Anlage stammt von Gregor XIII. her, welcher für die Leitung der
verschiedenen Ordensmissionen unter den Maroniten, Slaven, Griechen, Aethiopiern
und Aegyptern eine ständige Commission aus drei Cardinälen bildete. Der eigent¬
liche Schwerpunkt des Misstonswesens lag aber damals theils in den Fortschritten
der Jesuiten in Asten, theils in der gleichfalls von ihnen geleiteten Gegenreformation
in Deutschland. Mit Gregor XV. kam ein Jesuitenzögling ans den Thron. Unter
ihm wurden auch die Jesuitenheiligen Loyala und Xaver canonisirt. Damals
verbreitete sich allmählich die Ansicht, daß in staatlicher wie in kirchlicher Beziehung
das Heil in der Centralisation zu suchen sei. In diesem Sinn gab bereits im
Jahr 1613 ein Provinzial der Karmeliter, Thomas a Jesu, offenbar mit still¬
schweigender Genehmigung seiner Oberen, den ausgearbeiteten Plan einer Central-
behörde für das Missionswesen heraus. In Folge dessen errichtete Gregor XV.
1622 eine Cardinalscongregatiou, der er die Leitung sämmtlicher Unternehmungen
zur Verbreitung des Glaubens, sowol unter den Ungläubigen, als unter den
Ketzern, nebst Allem, was damit im Zusammenhange, übertrug. Dadurch machte
er der individuellen Auffassung und Betheiligung, in welcher diese kirchliche Pflicht
bisher betrieben worden war, in sofern ein Ende, als er sämmtliche bisher selbst¬
ständig dafür thätige Factoren zu bloßen Mitteln in einer und derselben sie Alle
bewegenden Hand gestaltete. Durch dieses energische Zusammenwirken der be¬
deutenden Kräfte, entstand ein rascher Aufschwung des Missionswesens. Urbau VIII.
stiftete eine großartige (Zentralschule für die Misstonen, das eolleKmm Urbanum
Ah proplrtzariäii. fläs, 1627. Bei manchen der älteren Ordensmissionen gelang es der
Propaganda vollkommen, sich der Zügel zu bemächtigen, bei anderen, namentlich
bei den jesuitischen, erfolgten heftige Streitigkeiten. Im Anfang richtete die Pro¬
paganda ihre Aufmerksamkeit vorzugsweise aus China und Japan, später faßte
man den Norden in's Auge; und es ist bezeichnend für den Zusammenhang des
Systems, daß Christine von Schweden ihre 20,000 Scudi päpstlichen Jcchrgeldcs
aus den Einkünften des Kollegiums 6e proxag-anZa, unis zugewiesen bekam. Im
Laufe eines halben Jahrhunderts sehen wir sämmtliche Welttheile von dem ge¬
heimen Netz dieser merkwürdigen Anstalt umspannt, die überall eine gleich ener¬
gische und nach einem Plan geleitete Wirksamkeit entwickelte. Mit der französischen
Revolution begann ein neuer Kampf, der aber auch, wenn man die Details dessel¬
ben näher in's Auge saßt, trotz des Anscheins von momentaner Schwäche, den¬
selben zähen und entschlossenen Willen zeigt, den die Kirche seit ihrem Bestehen
niemals verläugnet hat.

Da die Ausklärung des Jahrhunderts, in ihrem reinsten Ausdruck betrachtet,


Zeit mit so viel Interesse und Theilnahme gelesen haben. Die wissenschaftliche
Gründlichkeit und Besonnenheit, die doch von einer starken und festen Gesinuniig
getragen wird, macht einen höchst erfreulichen Eindruck.

Wir lassen noch einige Notizen über die Geschichte der Propaganda folgen.
— Die erste Anlage stammt von Gregor XIII. her, welcher für die Leitung der
verschiedenen Ordensmissionen unter den Maroniten, Slaven, Griechen, Aethiopiern
und Aegyptern eine ständige Commission aus drei Cardinälen bildete. Der eigent¬
liche Schwerpunkt des Misstonswesens lag aber damals theils in den Fortschritten
der Jesuiten in Asten, theils in der gleichfalls von ihnen geleiteten Gegenreformation
in Deutschland. Mit Gregor XV. kam ein Jesuitenzögling ans den Thron. Unter
ihm wurden auch die Jesuitenheiligen Loyala und Xaver canonisirt. Damals
verbreitete sich allmählich die Ansicht, daß in staatlicher wie in kirchlicher Beziehung
das Heil in der Centralisation zu suchen sei. In diesem Sinn gab bereits im
Jahr 1613 ein Provinzial der Karmeliter, Thomas a Jesu, offenbar mit still¬
schweigender Genehmigung seiner Oberen, den ausgearbeiteten Plan einer Central-
behörde für das Missionswesen heraus. In Folge dessen errichtete Gregor XV.
1622 eine Cardinalscongregatiou, der er die Leitung sämmtlicher Unternehmungen
zur Verbreitung des Glaubens, sowol unter den Ungläubigen, als unter den
Ketzern, nebst Allem, was damit im Zusammenhange, übertrug. Dadurch machte
er der individuellen Auffassung und Betheiligung, in welcher diese kirchliche Pflicht
bisher betrieben worden war, in sofern ein Ende, als er sämmtliche bisher selbst¬
ständig dafür thätige Factoren zu bloßen Mitteln in einer und derselben sie Alle
bewegenden Hand gestaltete. Durch dieses energische Zusammenwirken der be¬
deutenden Kräfte, entstand ein rascher Aufschwung des Missionswesens. Urbau VIII.
stiftete eine großartige (Zentralschule für die Misstonen, das eolleKmm Urbanum
Ah proplrtzariäii. fläs, 1627. Bei manchen der älteren Ordensmissionen gelang es der
Propaganda vollkommen, sich der Zügel zu bemächtigen, bei anderen, namentlich
bei den jesuitischen, erfolgten heftige Streitigkeiten. Im Anfang richtete die Pro¬
paganda ihre Aufmerksamkeit vorzugsweise aus China und Japan, später faßte
man den Norden in's Auge; und es ist bezeichnend für den Zusammenhang des
Systems, daß Christine von Schweden ihre 20,000 Scudi päpstlichen Jcchrgeldcs
aus den Einkünften des Kollegiums 6e proxag-anZa, unis zugewiesen bekam. Im
Laufe eines halben Jahrhunderts sehen wir sämmtliche Welttheile von dem ge¬
heimen Netz dieser merkwürdigen Anstalt umspannt, die überall eine gleich ener¬
gische und nach einem Plan geleitete Wirksamkeit entwickelte. Mit der französischen
Revolution begann ein neuer Kampf, der aber auch, wenn man die Details dessel¬
ben näher in's Auge saßt, trotz des Anscheins von momentaner Schwäche, den¬
selben zähen und entschlossenen Willen zeigt, den die Kirche seit ihrem Bestehen
niemals verläugnet hat.

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[0145] Zeit mit so viel Interesse und Theilnahme gelesen haben. Die wissenschaftliche Gründlichkeit und Besonnenheit, die doch von einer starken und festen Gesinuniig getragen wird, macht einen höchst erfreulichen Eindruck. Wir lassen noch einige Notizen über die Geschichte der Propaganda folgen. — Die erste Anlage stammt von Gregor XIII. her, welcher für die Leitung der verschiedenen Ordensmissionen unter den Maroniten, Slaven, Griechen, Aethiopiern und Aegyptern eine ständige Commission aus drei Cardinälen bildete. Der eigent¬ liche Schwerpunkt des Misstonswesens lag aber damals theils in den Fortschritten der Jesuiten in Asten, theils in der gleichfalls von ihnen geleiteten Gegenreformation in Deutschland. Mit Gregor XV. kam ein Jesuitenzögling ans den Thron. Unter ihm wurden auch die Jesuitenheiligen Loyala und Xaver canonisirt. Damals verbreitete sich allmählich die Ansicht, daß in staatlicher wie in kirchlicher Beziehung das Heil in der Centralisation zu suchen sei. In diesem Sinn gab bereits im Jahr 1613 ein Provinzial der Karmeliter, Thomas a Jesu, offenbar mit still¬ schweigender Genehmigung seiner Oberen, den ausgearbeiteten Plan einer Central- behörde für das Missionswesen heraus. In Folge dessen errichtete Gregor XV. 1622 eine Cardinalscongregatiou, der er die Leitung sämmtlicher Unternehmungen zur Verbreitung des Glaubens, sowol unter den Ungläubigen, als unter den Ketzern, nebst Allem, was damit im Zusammenhange, übertrug. Dadurch machte er der individuellen Auffassung und Betheiligung, in welcher diese kirchliche Pflicht bisher betrieben worden war, in sofern ein Ende, als er sämmtliche bisher selbst¬ ständig dafür thätige Factoren zu bloßen Mitteln in einer und derselben sie Alle bewegenden Hand gestaltete. Durch dieses energische Zusammenwirken der be¬ deutenden Kräfte, entstand ein rascher Aufschwung des Missionswesens. Urbau VIII. stiftete eine großartige (Zentralschule für die Misstonen, das eolleKmm Urbanum Ah proplrtzariäii. fläs, 1627. Bei manchen der älteren Ordensmissionen gelang es der Propaganda vollkommen, sich der Zügel zu bemächtigen, bei anderen, namentlich bei den jesuitischen, erfolgten heftige Streitigkeiten. Im Anfang richtete die Pro¬ paganda ihre Aufmerksamkeit vorzugsweise aus China und Japan, später faßte man den Norden in's Auge; und es ist bezeichnend für den Zusammenhang des Systems, daß Christine von Schweden ihre 20,000 Scudi päpstlichen Jcchrgeldcs aus den Einkünften des Kollegiums 6e proxag-anZa, unis zugewiesen bekam. Im Laufe eines halben Jahrhunderts sehen wir sämmtliche Welttheile von dem ge¬ heimen Netz dieser merkwürdigen Anstalt umspannt, die überall eine gleich ener¬ gische und nach einem Plan geleitete Wirksamkeit entwickelte. Mit der französischen Revolution begann ein neuer Kampf, der aber auch, wenn man die Details dessel¬ ben näher in's Auge saßt, trotz des Anscheins von momentaner Schwäche, den¬ selben zähen und entschlossenen Willen zeigt, den die Kirche seit ihrem Bestehen niemals verläugnet hat. Da die Ausklärung des Jahrhunderts, in ihrem reinsten Ausdruck betrachtet,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/145>, abgerufen am 16.06.2024.