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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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reich; und diejenigen deutschen Legitimisten, die jetzt den Katholicismus begünsti¬
gen, erziehen sich in ihm einen bedeutenderen Gegner, als sie vermuthen.-- Nicht
minder übersehen die evangelischen Freunde Roms, daß eine Maßregel, welche
Deutschland in der letzten Zeit zuweilen von seinen westlichen Nachbarn erwartet
hat, uus deutschen Protestanten von der katholischen Kirche jetzt schon begegnet.
Um nämlich diejenigen Kräfte, die ihr in ihrem Innern zuwiedcr sind, zu para-
lysiren, den getreuen Katholiken aber Muth zu machen, wirft sie sich mit aller
Macht nach Außen in den Eroberungskrieg, nicht allein gegen das Heidenthum,
sondern auch, und zwar besonders, gegen den Protestantismus: hier auf Tod
und Leben. Denn, wie neuerlich mehrfach und mit Recht bemerkt werden ist, hat
sie sich, in der Erkenntniß, daß die alternden und verkommenden romanischen
Nationen ihr länger keine Basis bieten können, schon seit einiger Zeit angeschickt,
sich wieder entschiedener auf die germanischen Völker zu stützen und ist nach ihren
in Nordamerika und Belgien gemachten Erfahrungen bereit, der nationalen Ge¬
sinnung, in welcher der Protestantismus wurzelt, so viel sie kann, entgegenzukom¬
men. Aber den Protestantismus selbst natürlich, der bisher die Religion dieser
Völkerfamilie ist, muß sie zu überwinden trachten. Gelingt ihr das nicht: so ge¬
lingt ihr auch nicht, noch länger bei Kräften zu bleiben, sondern sie muß sich
darein ergeben, mit den Romanen zu Grabe zu gehen. Daher die Rührigkeit
und Intensität ihrer Arbeit gegen die Protestanten. Mit England hat man be¬
gonnen, weil man in der bischöflichen Kirche, bei äußerer Macht, die innere
Schwäche kannte. Indeß man schätzt den Kampf dort gering. Wenn der Kirche
keine größeren Gefahren droheten, hat Cardinal Wiseman in der katholischen
Capelle zu Southwark gesagt, so würden kaum Märtyrerkronen zu verdienen sein.
Ein anderer Kampf aber stehe ihr bevor, mit ernsthafterer Feinden.
So wie einst England, vor mehr als tausend Jahren, seinen Bonifacius nach
Norddeutschland geschickt habe, dort den ersten Samen des Christenthums aus¬
zustreuen, so werde ihm auch vielleicht ferner der Beruf obliegen, beim Marsch gegen
die Hauptburg des Feindes auf dem brandenburgischen Sande
das Vordertreffen zu bilden. Dentschland sei immer noch der Feind.

In solchem Falle darf kein deutscher Protestant seinen Beitrag zur evangeli¬
schen Reaction zurückhalten: und so hat auch meine Arbeit der Wunsch beseelt,
meiner Kirche, die ich lieb habe, nach Kräften zu dienen. -- --

Der erste Theil enthält in der Einleitung die historische Vorgeschichte, das
Missionswesen der Franciscaner und Dominicaner, der Jesuiten, die National-
collegien, die Stiftung der Propaganda und ihre Gesetzgebung. Im ersten Ka¬
pitel der eigentlichen Darstellung, die Kongregation, ihr Gebiet und ihre Arbeiter,
im zweiten Kapitel die einzelnen Behörden des Missionsorganismus, im dritten
die Provinzen der Propaganda mit Ausschluß der Mission gegen den Protestan¬
tismus. -- Wir können sagen, daß wir selten ein historisches Buch in der neuern


reich; und diejenigen deutschen Legitimisten, die jetzt den Katholicismus begünsti¬
gen, erziehen sich in ihm einen bedeutenderen Gegner, als sie vermuthen.— Nicht
minder übersehen die evangelischen Freunde Roms, daß eine Maßregel, welche
Deutschland in der letzten Zeit zuweilen von seinen westlichen Nachbarn erwartet
hat, uus deutschen Protestanten von der katholischen Kirche jetzt schon begegnet.
Um nämlich diejenigen Kräfte, die ihr in ihrem Innern zuwiedcr sind, zu para-
lysiren, den getreuen Katholiken aber Muth zu machen, wirft sie sich mit aller
Macht nach Außen in den Eroberungskrieg, nicht allein gegen das Heidenthum,
sondern auch, und zwar besonders, gegen den Protestantismus: hier auf Tod
und Leben. Denn, wie neuerlich mehrfach und mit Recht bemerkt werden ist, hat
sie sich, in der Erkenntniß, daß die alternden und verkommenden romanischen
Nationen ihr länger keine Basis bieten können, schon seit einiger Zeit angeschickt,
sich wieder entschiedener auf die germanischen Völker zu stützen und ist nach ihren
in Nordamerika und Belgien gemachten Erfahrungen bereit, der nationalen Ge¬
sinnung, in welcher der Protestantismus wurzelt, so viel sie kann, entgegenzukom¬
men. Aber den Protestantismus selbst natürlich, der bisher die Religion dieser
Völkerfamilie ist, muß sie zu überwinden trachten. Gelingt ihr das nicht: so ge¬
lingt ihr auch nicht, noch länger bei Kräften zu bleiben, sondern sie muß sich
darein ergeben, mit den Romanen zu Grabe zu gehen. Daher die Rührigkeit
und Intensität ihrer Arbeit gegen die Protestanten. Mit England hat man be¬
gonnen, weil man in der bischöflichen Kirche, bei äußerer Macht, die innere
Schwäche kannte. Indeß man schätzt den Kampf dort gering. Wenn der Kirche
keine größeren Gefahren droheten, hat Cardinal Wiseman in der katholischen
Capelle zu Southwark gesagt, so würden kaum Märtyrerkronen zu verdienen sein.
Ein anderer Kampf aber stehe ihr bevor, mit ernsthafterer Feinden.
So wie einst England, vor mehr als tausend Jahren, seinen Bonifacius nach
Norddeutschland geschickt habe, dort den ersten Samen des Christenthums aus¬
zustreuen, so werde ihm auch vielleicht ferner der Beruf obliegen, beim Marsch gegen
die Hauptburg des Feindes auf dem brandenburgischen Sande
das Vordertreffen zu bilden. Dentschland sei immer noch der Feind.

In solchem Falle darf kein deutscher Protestant seinen Beitrag zur evangeli¬
schen Reaction zurückhalten: und so hat auch meine Arbeit der Wunsch beseelt,
meiner Kirche, die ich lieb habe, nach Kräften zu dienen. — —

Der erste Theil enthält in der Einleitung die historische Vorgeschichte, das
Missionswesen der Franciscaner und Dominicaner, der Jesuiten, die National-
collegien, die Stiftung der Propaganda und ihre Gesetzgebung. Im ersten Ka¬
pitel der eigentlichen Darstellung, die Kongregation, ihr Gebiet und ihre Arbeiter,
im zweiten Kapitel die einzelnen Behörden des Missionsorganismus, im dritten
die Provinzen der Propaganda mit Ausschluß der Mission gegen den Protestan¬
tismus. — Wir können sagen, daß wir selten ein historisches Buch in der neuern


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[0144] reich; und diejenigen deutschen Legitimisten, die jetzt den Katholicismus begünsti¬ gen, erziehen sich in ihm einen bedeutenderen Gegner, als sie vermuthen.— Nicht minder übersehen die evangelischen Freunde Roms, daß eine Maßregel, welche Deutschland in der letzten Zeit zuweilen von seinen westlichen Nachbarn erwartet hat, uus deutschen Protestanten von der katholischen Kirche jetzt schon begegnet. Um nämlich diejenigen Kräfte, die ihr in ihrem Innern zuwiedcr sind, zu para- lysiren, den getreuen Katholiken aber Muth zu machen, wirft sie sich mit aller Macht nach Außen in den Eroberungskrieg, nicht allein gegen das Heidenthum, sondern auch, und zwar besonders, gegen den Protestantismus: hier auf Tod und Leben. Denn, wie neuerlich mehrfach und mit Recht bemerkt werden ist, hat sie sich, in der Erkenntniß, daß die alternden und verkommenden romanischen Nationen ihr länger keine Basis bieten können, schon seit einiger Zeit angeschickt, sich wieder entschiedener auf die germanischen Völker zu stützen und ist nach ihren in Nordamerika und Belgien gemachten Erfahrungen bereit, der nationalen Ge¬ sinnung, in welcher der Protestantismus wurzelt, so viel sie kann, entgegenzukom¬ men. Aber den Protestantismus selbst natürlich, der bisher die Religion dieser Völkerfamilie ist, muß sie zu überwinden trachten. Gelingt ihr das nicht: so ge¬ lingt ihr auch nicht, noch länger bei Kräften zu bleiben, sondern sie muß sich darein ergeben, mit den Romanen zu Grabe zu gehen. Daher die Rührigkeit und Intensität ihrer Arbeit gegen die Protestanten. Mit England hat man be¬ gonnen, weil man in der bischöflichen Kirche, bei äußerer Macht, die innere Schwäche kannte. Indeß man schätzt den Kampf dort gering. Wenn der Kirche keine größeren Gefahren droheten, hat Cardinal Wiseman in der katholischen Capelle zu Southwark gesagt, so würden kaum Märtyrerkronen zu verdienen sein. Ein anderer Kampf aber stehe ihr bevor, mit ernsthafterer Feinden. So wie einst England, vor mehr als tausend Jahren, seinen Bonifacius nach Norddeutschland geschickt habe, dort den ersten Samen des Christenthums aus¬ zustreuen, so werde ihm auch vielleicht ferner der Beruf obliegen, beim Marsch gegen die Hauptburg des Feindes auf dem brandenburgischen Sande das Vordertreffen zu bilden. Dentschland sei immer noch der Feind. In solchem Falle darf kein deutscher Protestant seinen Beitrag zur evangeli¬ schen Reaction zurückhalten: und so hat auch meine Arbeit der Wunsch beseelt, meiner Kirche, die ich lieb habe, nach Kräften zu dienen. — — Der erste Theil enthält in der Einleitung die historische Vorgeschichte, das Missionswesen der Franciscaner und Dominicaner, der Jesuiten, die National- collegien, die Stiftung der Propaganda und ihre Gesetzgebung. Im ersten Ka¬ pitel der eigentlichen Darstellung, die Kongregation, ihr Gebiet und ihre Arbeiter, im zweiten Kapitel die einzelnen Behörden des Missionsorganismus, im dritten die Provinzen der Propaganda mit Ausschluß der Mission gegen den Protestan¬ tismus. — Wir können sagen, daß wir selten ein historisches Buch in der neuern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/144>, abgerufen am 16.06.2024.