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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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läge in Deutschland machte eine nachhaltige Unterstützung seiner spanischen Armee
zur Unmöglichkeit. Vor Allein aber war jetzt Wellington unabhängig im Ober¬
befehl, denn die Cortes in Cadix hatten ihn zum "donemUsLimo ut wclos 1o"
vAereitos <Z8pcmoi<z8" ernannt, ein Titel, der ihm zwar wenig Zuwachs an wirk¬
licher Stärke verschaffte, aber doch den Vortheil hatte,' daß'er nun seine Opera¬
tionen nicht erst mit den eigensinnigen und unfähigen spanischen Generalen ver¬
abreden mußte? Von der Ueberlegenheit seiner siegbewußten Truppen über die
durch die Unglncköschläge schon entmuthigten Franzosen war er überzeugt, und
erfüllt von Vertrauen auf sie und der Vorahnung des Siegs erhob er sich, wie
er abermals die spanische Grenze überschritt, im Bügel, schwenkte den Hut und
rief "Lebe wohl, Portugal!" So begaun er den Marsch, der ihn bald über die
Pyrenäen und durch ganz Frankreich über Calais nach der Heimath führen sollte.

Bisher war der englische Feldherr aus seiner portugiesischen Festung stets auf
einer der beiden großen Straßen von Salamanca oder Talavera hervorgebrochen,
nud auch diesmal ließen geschickte Demonstrationen eine ähnliche Marschrichtung
voraussetzen. Deshalb hatten sich die Franzosen auf der Nordseite des Duero
gesammelt, um der englischen Armee bei ihrem Marsch nach Salamanca in die
linke Flanke zu fallen. Wellington warf aber seinen linken Flügel unerwartet auf
einen unbewacht gelassenen Punkt über den Duero, ließ ihm nach einigen Demon¬
strationen vor Salamanca seine ganze Armee folgen, und stand nun aus den Ver.
bindungslinien der Franzosen. Ohne Kampf mußte Joseph Stellung nach Stellung
räumen, und wagte endlich bei Vittoria eine Schlacht, die" mit der gänzlichen
Niederlage seiner Armee endete, und sie in wilder Verwirrung in die Pyrenäen
warf. Noch einmal erscheint Soult, um das Gleichgewicht der Waffen wieder
herzustellen; Maya und Sorauen sieht abermals die Franzosen unterliegen, Se.
Sebastian wird mit Sturm genommen, am -10. November überschreitet Wellington
die Bidassoabrücke, und die englische Armee, die vor fünf Jahren sich mir mit
Mühe in den Felsen Portugals hatte behaupten können, betritt als Sieger Frank¬
reichs Boden. Mit der Schlacht von Toulouse horte der Widerstand Soult's auf,
denn schon war Napoleon im Norden Frankreichs Blücher's Energie und den ver¬
einigten Waffen der Alliirten unterlegen. So endigte der siebenjährige Krieg auf
der pyrenäischen Halbinsel.

Es steht fast wie ein Wunder aus, daß ein Feldherr um't einer Armee von
selten mehr als 30,000 Mann verläßlichen Truppen sich gegen 230 bis 330,000
Mann der erlesensten Truppen Europa's uuter berühmten Feldherren erst be¬
haupten, dann sie angreifen, und sie zuletzt überwinden konnte. Vieles läßt sich
jedoch durch die Umstände erklären. Die gewaltigen Armeen Frankreichs ließen
sich niemals zu einem Ziele vereinigen. Die Eifersüchteleien der einzelnen Generale
verhinderten jedes systematische Zusammenwirken, und die Schwierigkeit der Ver-
pflegung in einem schlecht cultivirten und feindlichen Lande machte das längere


läge in Deutschland machte eine nachhaltige Unterstützung seiner spanischen Armee
zur Unmöglichkeit. Vor Allein aber war jetzt Wellington unabhängig im Ober¬
befehl, denn die Cortes in Cadix hatten ihn zum „donemUsLimo ut wclos 1o«
vAereitos <Z8pcmoi<z8" ernannt, ein Titel, der ihm zwar wenig Zuwachs an wirk¬
licher Stärke verschaffte, aber doch den Vortheil hatte,' daß'er nun seine Opera¬
tionen nicht erst mit den eigensinnigen und unfähigen spanischen Generalen ver¬
abreden mußte? Von der Ueberlegenheit seiner siegbewußten Truppen über die
durch die Unglncköschläge schon entmuthigten Franzosen war er überzeugt, und
erfüllt von Vertrauen auf sie und der Vorahnung des Siegs erhob er sich, wie
er abermals die spanische Grenze überschritt, im Bügel, schwenkte den Hut und
rief „Lebe wohl, Portugal!" So begaun er den Marsch, der ihn bald über die
Pyrenäen und durch ganz Frankreich über Calais nach der Heimath führen sollte.

Bisher war der englische Feldherr aus seiner portugiesischen Festung stets auf
einer der beiden großen Straßen von Salamanca oder Talavera hervorgebrochen,
nud auch diesmal ließen geschickte Demonstrationen eine ähnliche Marschrichtung
voraussetzen. Deshalb hatten sich die Franzosen auf der Nordseite des Duero
gesammelt, um der englischen Armee bei ihrem Marsch nach Salamanca in die
linke Flanke zu fallen. Wellington warf aber seinen linken Flügel unerwartet auf
einen unbewacht gelassenen Punkt über den Duero, ließ ihm nach einigen Demon¬
strationen vor Salamanca seine ganze Armee folgen, und stand nun aus den Ver.
bindungslinien der Franzosen. Ohne Kampf mußte Joseph Stellung nach Stellung
räumen, und wagte endlich bei Vittoria eine Schlacht, die" mit der gänzlichen
Niederlage seiner Armee endete, und sie in wilder Verwirrung in die Pyrenäen
warf. Noch einmal erscheint Soult, um das Gleichgewicht der Waffen wieder
herzustellen; Maya und Sorauen sieht abermals die Franzosen unterliegen, Se.
Sebastian wird mit Sturm genommen, am -10. November überschreitet Wellington
die Bidassoabrücke, und die englische Armee, die vor fünf Jahren sich mir mit
Mühe in den Felsen Portugals hatte behaupten können, betritt als Sieger Frank¬
reichs Boden. Mit der Schlacht von Toulouse horte der Widerstand Soult's auf,
denn schon war Napoleon im Norden Frankreichs Blücher's Energie und den ver¬
einigten Waffen der Alliirten unterlegen. So endigte der siebenjährige Krieg auf
der pyrenäischen Halbinsel.

Es steht fast wie ein Wunder aus, daß ein Feldherr um't einer Armee von
selten mehr als 30,000 Mann verläßlichen Truppen sich gegen 230 bis 330,000
Mann der erlesensten Truppen Europa's uuter berühmten Feldherren erst be¬
haupten, dann sie angreifen, und sie zuletzt überwinden konnte. Vieles läßt sich
jedoch durch die Umstände erklären. Die gewaltigen Armeen Frankreichs ließen
sich niemals zu einem Ziele vereinigen. Die Eifersüchteleien der einzelnen Generale
verhinderten jedes systematische Zusammenwirken, und die Schwierigkeit der Ver-
pflegung in einem schlecht cultivirten und feindlichen Lande machte das längere


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[0177] läge in Deutschland machte eine nachhaltige Unterstützung seiner spanischen Armee zur Unmöglichkeit. Vor Allein aber war jetzt Wellington unabhängig im Ober¬ befehl, denn die Cortes in Cadix hatten ihn zum „donemUsLimo ut wclos 1o« vAereitos <Z8pcmoi<z8" ernannt, ein Titel, der ihm zwar wenig Zuwachs an wirk¬ licher Stärke verschaffte, aber doch den Vortheil hatte,' daß'er nun seine Opera¬ tionen nicht erst mit den eigensinnigen und unfähigen spanischen Generalen ver¬ abreden mußte? Von der Ueberlegenheit seiner siegbewußten Truppen über die durch die Unglncköschläge schon entmuthigten Franzosen war er überzeugt, und erfüllt von Vertrauen auf sie und der Vorahnung des Siegs erhob er sich, wie er abermals die spanische Grenze überschritt, im Bügel, schwenkte den Hut und rief „Lebe wohl, Portugal!" So begaun er den Marsch, der ihn bald über die Pyrenäen und durch ganz Frankreich über Calais nach der Heimath führen sollte. Bisher war der englische Feldherr aus seiner portugiesischen Festung stets auf einer der beiden großen Straßen von Salamanca oder Talavera hervorgebrochen, nud auch diesmal ließen geschickte Demonstrationen eine ähnliche Marschrichtung voraussetzen. Deshalb hatten sich die Franzosen auf der Nordseite des Duero gesammelt, um der englischen Armee bei ihrem Marsch nach Salamanca in die linke Flanke zu fallen. Wellington warf aber seinen linken Flügel unerwartet auf einen unbewacht gelassenen Punkt über den Duero, ließ ihm nach einigen Demon¬ strationen vor Salamanca seine ganze Armee folgen, und stand nun aus den Ver. bindungslinien der Franzosen. Ohne Kampf mußte Joseph Stellung nach Stellung räumen, und wagte endlich bei Vittoria eine Schlacht, die" mit der gänzlichen Niederlage seiner Armee endete, und sie in wilder Verwirrung in die Pyrenäen warf. Noch einmal erscheint Soult, um das Gleichgewicht der Waffen wieder herzustellen; Maya und Sorauen sieht abermals die Franzosen unterliegen, Se. Sebastian wird mit Sturm genommen, am -10. November überschreitet Wellington die Bidassoabrücke, und die englische Armee, die vor fünf Jahren sich mir mit Mühe in den Felsen Portugals hatte behaupten können, betritt als Sieger Frank¬ reichs Boden. Mit der Schlacht von Toulouse horte der Widerstand Soult's auf, denn schon war Napoleon im Norden Frankreichs Blücher's Energie und den ver¬ einigten Waffen der Alliirten unterlegen. So endigte der siebenjährige Krieg auf der pyrenäischen Halbinsel. Es steht fast wie ein Wunder aus, daß ein Feldherr um't einer Armee von selten mehr als 30,000 Mann verläßlichen Truppen sich gegen 230 bis 330,000 Mann der erlesensten Truppen Europa's uuter berühmten Feldherren erst be¬ haupten, dann sie angreifen, und sie zuletzt überwinden konnte. Vieles läßt sich jedoch durch die Umstände erklären. Die gewaltigen Armeen Frankreichs ließen sich niemals zu einem Ziele vereinigen. Die Eifersüchteleien der einzelnen Generale verhinderten jedes systematische Zusammenwirken, und die Schwierigkeit der Ver- pflegung in einem schlecht cultivirten und feindlichen Lande machte das längere

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/177>, abgerufen am 15.06.2024.