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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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phirter Handschriften, vergegenwärtigen uns auf eine so sinnliche Weise das Leben
jener Zeit, daß sie aufhört, für uns Vergangenheit zu sein. Niemand wird ohne
Rührung und Mitgefühl diese einfachen Berichte durchblättern, und wir werden
alle zu dem lebhaften Wunsche gedrängt werden, es möge niemals wieder eine
Zeit kommen, wo zwischen Negierren und Regierenden eine so tiefe Kluft besteht,
daß alle menschlichen Gefühle, alle Regungen des Mitleids und der Gerechtigkeit
dabei zu Gründe gehen.


Leben Pciskol Paolis, Oberhauptes der Korsen. Von C. L. Klose. Mit dem
Bildnis! P. Paolis. -- Braunschweig, Bruh". --

Der Verfasser, Regierungsrath und Professor in Breslau, hat sich vor einigen
Jahren durch sei" ,,Leben Hardenbergs" um die deutsche Geschichte verdient
gemacht. Alles, was man durch gründliche Studien und durch Nachdenken leisten
kann, um einen interessanten Abschnitt in der Geschichte wiederzugeben, ist hier
geleistet worden. Was wir daran auszusetzen haben, liegt theils in dem Naturell
des Verfassers, theils aber auch in seinen Ansichten über Geschichtschreibung über¬
haupt. Wir hätten nämlich in der Darstellung etwas mehr sinnliches Element, etwas
mehr hervortretende Gestaltung gewünscht. Der Verfasser geht vor allen Dingen
auf eine correcte und würdige Form aus, und- diese verträgt sich nicht immer
mit dem Farbenreichthum des Gegenstandes. Wir finden etwas von der alten
schottischen Methode der Geschichtschreibung darin, wie anch in den kleinern Werken
des Herrn v. Varnhagen, die dem Versasser zum Vorbild gedient haben. Es
geht dadurch etwas von jener Frische und Jugendlichkeit verloren, die uns reizt,
erregt und fesselt; eine Eigenschaft, die wir bei Geschichtwerken eigentlich ebenso
wünschen, wie bei der Poesie. Sehen wir aber von diesem Mangel ab, den der
bloße gute Wille schwerlich ersetzen dürfte, so wüßten wir wenig, was wir an der
Darstellung auszusetzen hätten. Sie ist vollständig mit Verstand geordnet und
gruppirt und von einem edlen sittlichen Geist durchdrungen, den auch wol niemand
so tüchtig anzuregen geeignet wäre, als der Held, den sich der Verfasser gewählt,
und a" dessen Tugenden er eine liebenswürdige Frende zeigt. Auch die Wahl
des Gegenstandes müsse" wir daher eine glückliche merkten, denn wenn auch die
Geschichte Corficas nie von bedeutender Einwirkung auf die allgemeinen euro¬
päischen Verhältnisse gewesen ist, so war doch diese, Episode derselben von so
allgemein menschlichem Interesse, sie entwickelte in dem vielfach geschmähten Volke
soviel Kraft und Tüchtigkeit, daß auch das größere Publicum eine reiche Ausbeute
darin finden wird.


Ilistoi^ ol IZnszliiniI. ki'ron Alp florus "k IllroelU I." pene-iz c>s Versailles.
-17-13--1783. !!y I.or<l N-iKon. Vol. I. 17-13---1720 I.Lipxig, Il°n"i.
I'iinelmil,?..-- ,

Wir müssen offen gestehen, daß wir immer mit einem frohen Vorgefühl an


phirter Handschriften, vergegenwärtigen uns auf eine so sinnliche Weise das Leben
jener Zeit, daß sie aufhört, für uns Vergangenheit zu sein. Niemand wird ohne
Rührung und Mitgefühl diese einfachen Berichte durchblättern, und wir werden
alle zu dem lebhaften Wunsche gedrängt werden, es möge niemals wieder eine
Zeit kommen, wo zwischen Negierren und Regierenden eine so tiefe Kluft besteht,
daß alle menschlichen Gefühle, alle Regungen des Mitleids und der Gerechtigkeit
dabei zu Gründe gehen.


Leben Pciskol Paolis, Oberhauptes der Korsen. Von C. L. Klose. Mit dem
Bildnis! P. Paolis. — Braunschweig, Bruh». —

Der Verfasser, Regierungsrath und Professor in Breslau, hat sich vor einigen
Jahren durch sei» ,,Leben Hardenbergs" um die deutsche Geschichte verdient
gemacht. Alles, was man durch gründliche Studien und durch Nachdenken leisten
kann, um einen interessanten Abschnitt in der Geschichte wiederzugeben, ist hier
geleistet worden. Was wir daran auszusetzen haben, liegt theils in dem Naturell
des Verfassers, theils aber auch in seinen Ansichten über Geschichtschreibung über¬
haupt. Wir hätten nämlich in der Darstellung etwas mehr sinnliches Element, etwas
mehr hervortretende Gestaltung gewünscht. Der Verfasser geht vor allen Dingen
auf eine correcte und würdige Form aus, und- diese verträgt sich nicht immer
mit dem Farbenreichthum des Gegenstandes. Wir finden etwas von der alten
schottischen Methode der Geschichtschreibung darin, wie anch in den kleinern Werken
des Herrn v. Varnhagen, die dem Versasser zum Vorbild gedient haben. Es
geht dadurch etwas von jener Frische und Jugendlichkeit verloren, die uns reizt,
erregt und fesselt; eine Eigenschaft, die wir bei Geschichtwerken eigentlich ebenso
wünschen, wie bei der Poesie. Sehen wir aber von diesem Mangel ab, den der
bloße gute Wille schwerlich ersetzen dürfte, so wüßten wir wenig, was wir an der
Darstellung auszusetzen hätten. Sie ist vollständig mit Verstand geordnet und
gruppirt und von einem edlen sittlichen Geist durchdrungen, den auch wol niemand
so tüchtig anzuregen geeignet wäre, als der Held, den sich der Verfasser gewählt,
und a» dessen Tugenden er eine liebenswürdige Frende zeigt. Auch die Wahl
des Gegenstandes müsse» wir daher eine glückliche merkten, denn wenn auch die
Geschichte Corficas nie von bedeutender Einwirkung auf die allgemeinen euro¬
päischen Verhältnisse gewesen ist, so war doch diese, Episode derselben von so
allgemein menschlichem Interesse, sie entwickelte in dem vielfach geschmähten Volke
soviel Kraft und Tüchtigkeit, daß auch das größere Publicum eine reiche Ausbeute
darin finden wird.


Ilistoi^ ol IZnszliiniI. ki'ron Alp florus »k IllroelU I.» pene-iz c>s Versailles.
-17-13—1783. !!y I.or<l N-iKon. Vol. I. 17-13—-1720 I.Lipxig, Il°n»i.
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Wir müssen offen gestehen, daß wir immer mit einem frohen Vorgefühl an


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[0298] phirter Handschriften, vergegenwärtigen uns auf eine so sinnliche Weise das Leben jener Zeit, daß sie aufhört, für uns Vergangenheit zu sein. Niemand wird ohne Rührung und Mitgefühl diese einfachen Berichte durchblättern, und wir werden alle zu dem lebhaften Wunsche gedrängt werden, es möge niemals wieder eine Zeit kommen, wo zwischen Negierren und Regierenden eine so tiefe Kluft besteht, daß alle menschlichen Gefühle, alle Regungen des Mitleids und der Gerechtigkeit dabei zu Gründe gehen. Leben Pciskol Paolis, Oberhauptes der Korsen. Von C. L. Klose. Mit dem Bildnis! P. Paolis. — Braunschweig, Bruh». — Der Verfasser, Regierungsrath und Professor in Breslau, hat sich vor einigen Jahren durch sei» ,,Leben Hardenbergs" um die deutsche Geschichte verdient gemacht. Alles, was man durch gründliche Studien und durch Nachdenken leisten kann, um einen interessanten Abschnitt in der Geschichte wiederzugeben, ist hier geleistet worden. Was wir daran auszusetzen haben, liegt theils in dem Naturell des Verfassers, theils aber auch in seinen Ansichten über Geschichtschreibung über¬ haupt. Wir hätten nämlich in der Darstellung etwas mehr sinnliches Element, etwas mehr hervortretende Gestaltung gewünscht. Der Verfasser geht vor allen Dingen auf eine correcte und würdige Form aus, und- diese verträgt sich nicht immer mit dem Farbenreichthum des Gegenstandes. Wir finden etwas von der alten schottischen Methode der Geschichtschreibung darin, wie anch in den kleinern Werken des Herrn v. Varnhagen, die dem Versasser zum Vorbild gedient haben. Es geht dadurch etwas von jener Frische und Jugendlichkeit verloren, die uns reizt, erregt und fesselt; eine Eigenschaft, die wir bei Geschichtwerken eigentlich ebenso wünschen, wie bei der Poesie. Sehen wir aber von diesem Mangel ab, den der bloße gute Wille schwerlich ersetzen dürfte, so wüßten wir wenig, was wir an der Darstellung auszusetzen hätten. Sie ist vollständig mit Verstand geordnet und gruppirt und von einem edlen sittlichen Geist durchdrungen, den auch wol niemand so tüchtig anzuregen geeignet wäre, als der Held, den sich der Verfasser gewählt, und a» dessen Tugenden er eine liebenswürdige Frende zeigt. Auch die Wahl des Gegenstandes müsse» wir daher eine glückliche merkten, denn wenn auch die Geschichte Corficas nie von bedeutender Einwirkung auf die allgemeinen euro¬ päischen Verhältnisse gewesen ist, so war doch diese, Episode derselben von so allgemein menschlichem Interesse, sie entwickelte in dem vielfach geschmähten Volke soviel Kraft und Tüchtigkeit, daß auch das größere Publicum eine reiche Ausbeute darin finden wird. Ilistoi^ ol IZnszliiniI. ki'ron Alp florus »k IllroelU I.» pene-iz c>s Versailles. -17-13—1783. !!y I.or<l N-iKon. Vol. I. 17-13—-1720 I.Lipxig, Il°n»i. I'iinelmil,?..— , Wir müssen offen gestehen, daß wir immer mit einem frohen Vorgefühl an

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/298>, abgerufen am 27.05.2024.