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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Berlin unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Wir bedienen uns des amtlichen Berichts in Hübners diesjährigen "Jähr¬
lich für Volkswirthschaft und Statistik", um unseren Lesern ein ungefähres Bild
von deu wirthschaftlichen Zuständen der preußischen Hauptstadt zu entwerfen. Wo
keine Jahreszahl genannt wird, da liegt überall das Jahr 1832 zum Grunde,
als das letzte, dessen Ergebnisse jetzt schon feststehen. Wir bemerken übrigens,
daß der Bericht zwar sehr vollständig und im ganzen verständig abgefaßt, auch
mit den wichtigsten Parallelen aus früherer Zeit versehen, jedoch nicht ganz so
übersichtlich geordnet ist, wie die statistische Darstellung schon ihrer unvermeidlichen
Trockenheit wegen immer sein sollte.

Wir beginnen mit der Bevölkerung. Im Jahre 18-19 aus 184,130 Kopfe
festgestellt, zählt sie 1831 schon 229,843 nud 1832, nach der letzten Zollvereins-
zählnng, 423,846 ausschließlich der 11,189 Mann starken Garnison und deren
Angehörigen. Trotz dieses raschen Wachsthums haben es nicht nnr amerikanische,
sondern auch ein paar preußische Städte während desselben Zeitraums Berlin
zuvorgethan. In den fünfunddreißig Jahren, 1817--1832, hat Berlin um 137 pCt.
zugenommen, aber Elberfeld um 133 pCt. In den zwanzig Jahren, 1831 --
1831, hat Berlin um 80 pCt. zugenommen, aber Krefeld um 107 pCt. Nichts
destoweniger bleibt natürlich der Auwachs der hauptstädtischen Bevölkerung noch
immer außerordentlich genug, und fällt mehr ins Ange, weil er in der rohen
Zahl über allen Vergleich hinaus der stärkste ist. Binnen eines Menschenalters
hat Berlin seine Einwohnerziffer auf das Doppelte und noch mehr als ein Drittel
darüber hinaus anschwellen sehen, oder mit andern Worten, es hat während der
vierzig Jahre des europäischen Friedens einen alljährlichen Zuwachs von durch¬
schnittlich sast vier Procent erfahren. Es versteht sich von selbst, daß hieran nicht
allein, auch nicht einmal vorwiegend, der Ueberschuß der Gebornen über die Ge¬
storbenen schuld sein kann. In der That beträgt er im Durchschnitt der acht
Jahre 1843--1833 nnr 3438 Personen, oder 0,g pCt. der Bevölkerung, während
der bei weitem einflußreichere Ueberschuß der Zugezogenen über die Ausgewanderten
sich ans 7113 Köpse oder 1," pCt. beläuft. Wenn es auffallen sollte, daß die
Summen beider Ziffern noch nicht einmal drei Procent anstatt der durchschnittlichen
vier ausmacht, so weisen wir einfach darauf hin, daß innerhalb des angenommenen
Zeitraums sich das Theurnngöjahr 1847, das Barrikadenjahr 1848, und die
Cholerajahre 1848, 1849, 1830 befinden.

Was die Geschlechtsverhältuisse und Altersklassen angeht, so theilen sich die
^23,846 Einwohner Berlins einerseits in 210,711 männliche und 213,133 weib¬
liche Personen, andrerseits in 123,714 Kinder unter fünfzehn Jahren, 233,620
Individuen nnter sechsundvierzig Jahren, und 64,312 ältere Leute. In der


Berlin unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Wir bedienen uns des amtlichen Berichts in Hübners diesjährigen „Jähr¬
lich für Volkswirthschaft und Statistik", um unseren Lesern ein ungefähres Bild
von deu wirthschaftlichen Zuständen der preußischen Hauptstadt zu entwerfen. Wo
keine Jahreszahl genannt wird, da liegt überall das Jahr 1832 zum Grunde,
als das letzte, dessen Ergebnisse jetzt schon feststehen. Wir bemerken übrigens,
daß der Bericht zwar sehr vollständig und im ganzen verständig abgefaßt, auch
mit den wichtigsten Parallelen aus früherer Zeit versehen, jedoch nicht ganz so
übersichtlich geordnet ist, wie die statistische Darstellung schon ihrer unvermeidlichen
Trockenheit wegen immer sein sollte.

Wir beginnen mit der Bevölkerung. Im Jahre 18-19 aus 184,130 Kopfe
festgestellt, zählt sie 1831 schon 229,843 nud 1832, nach der letzten Zollvereins-
zählnng, 423,846 ausschließlich der 11,189 Mann starken Garnison und deren
Angehörigen. Trotz dieses raschen Wachsthums haben es nicht nnr amerikanische,
sondern auch ein paar preußische Städte während desselben Zeitraums Berlin
zuvorgethan. In den fünfunddreißig Jahren, 1817—1832, hat Berlin um 137 pCt.
zugenommen, aber Elberfeld um 133 pCt. In den zwanzig Jahren, 1831 —
1831, hat Berlin um 80 pCt. zugenommen, aber Krefeld um 107 pCt. Nichts
destoweniger bleibt natürlich der Auwachs der hauptstädtischen Bevölkerung noch
immer außerordentlich genug, und fällt mehr ins Ange, weil er in der rohen
Zahl über allen Vergleich hinaus der stärkste ist. Binnen eines Menschenalters
hat Berlin seine Einwohnerziffer auf das Doppelte und noch mehr als ein Drittel
darüber hinaus anschwellen sehen, oder mit andern Worten, es hat während der
vierzig Jahre des europäischen Friedens einen alljährlichen Zuwachs von durch¬
schnittlich sast vier Procent erfahren. Es versteht sich von selbst, daß hieran nicht
allein, auch nicht einmal vorwiegend, der Ueberschuß der Gebornen über die Ge¬
storbenen schuld sein kann. In der That beträgt er im Durchschnitt der acht
Jahre 1843—1833 nnr 3438 Personen, oder 0,g pCt. der Bevölkerung, während
der bei weitem einflußreichere Ueberschuß der Zugezogenen über die Ausgewanderten
sich ans 7113 Köpse oder 1,» pCt. beläuft. Wenn es auffallen sollte, daß die
Summen beider Ziffern noch nicht einmal drei Procent anstatt der durchschnittlichen
vier ausmacht, so weisen wir einfach darauf hin, daß innerhalb des angenommenen
Zeitraums sich das Theurnngöjahr 1847, das Barrikadenjahr 1848, und die
Cholerajahre 1848, 1849, 1830 befinden.

Was die Geschlechtsverhältuisse und Altersklassen angeht, so theilen sich die
^23,846 Einwohner Berlins einerseits in 210,711 männliche und 213,133 weib¬
liche Personen, andrerseits in 123,714 Kinder unter fünfzehn Jahren, 233,620
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[0295] Berlin unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Wir bedienen uns des amtlichen Berichts in Hübners diesjährigen „Jähr¬ lich für Volkswirthschaft und Statistik", um unseren Lesern ein ungefähres Bild von deu wirthschaftlichen Zuständen der preußischen Hauptstadt zu entwerfen. Wo keine Jahreszahl genannt wird, da liegt überall das Jahr 1832 zum Grunde, als das letzte, dessen Ergebnisse jetzt schon feststehen. Wir bemerken übrigens, daß der Bericht zwar sehr vollständig und im ganzen verständig abgefaßt, auch mit den wichtigsten Parallelen aus früherer Zeit versehen, jedoch nicht ganz so übersichtlich geordnet ist, wie die statistische Darstellung schon ihrer unvermeidlichen Trockenheit wegen immer sein sollte. Wir beginnen mit der Bevölkerung. Im Jahre 18-19 aus 184,130 Kopfe festgestellt, zählt sie 1831 schon 229,843 nud 1832, nach der letzten Zollvereins- zählnng, 423,846 ausschließlich der 11,189 Mann starken Garnison und deren Angehörigen. Trotz dieses raschen Wachsthums haben es nicht nnr amerikanische, sondern auch ein paar preußische Städte während desselben Zeitraums Berlin zuvorgethan. In den fünfunddreißig Jahren, 1817—1832, hat Berlin um 137 pCt. zugenommen, aber Elberfeld um 133 pCt. In den zwanzig Jahren, 1831 — 1831, hat Berlin um 80 pCt. zugenommen, aber Krefeld um 107 pCt. Nichts destoweniger bleibt natürlich der Auwachs der hauptstädtischen Bevölkerung noch immer außerordentlich genug, und fällt mehr ins Ange, weil er in der rohen Zahl über allen Vergleich hinaus der stärkste ist. Binnen eines Menschenalters hat Berlin seine Einwohnerziffer auf das Doppelte und noch mehr als ein Drittel darüber hinaus anschwellen sehen, oder mit andern Worten, es hat während der vierzig Jahre des europäischen Friedens einen alljährlichen Zuwachs von durch¬ schnittlich sast vier Procent erfahren. Es versteht sich von selbst, daß hieran nicht allein, auch nicht einmal vorwiegend, der Ueberschuß der Gebornen über die Ge¬ storbenen schuld sein kann. In der That beträgt er im Durchschnitt der acht Jahre 1843—1833 nnr 3438 Personen, oder 0,g pCt. der Bevölkerung, während der bei weitem einflußreichere Ueberschuß der Zugezogenen über die Ausgewanderten sich ans 7113 Köpse oder 1,» pCt. beläuft. Wenn es auffallen sollte, daß die Summen beider Ziffern noch nicht einmal drei Procent anstatt der durchschnittlichen vier ausmacht, so weisen wir einfach darauf hin, daß innerhalb des angenommenen Zeitraums sich das Theurnngöjahr 1847, das Barrikadenjahr 1848, und die Cholerajahre 1848, 1849, 1830 befinden. Was die Geschlechtsverhältuisse und Altersklassen angeht, so theilen sich die ^23,846 Einwohner Berlins einerseits in 210,711 männliche und 213,133 weib¬ liche Personen, andrerseits in 123,714 Kinder unter fünfzehn Jahren, 233,620 Individuen nnter sechsundvierzig Jahren, und 64,312 ältere Leute. In der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/295>, abgerufen am 16.06.2024.