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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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contractliches Verhältniß zu den Gutsbesitzern eingegangen sind, z. B. nach K. 2 ü.
auf "Handarbeiter", die sich zu "Meliorationsarbeiten" verdungen haben, -- eine
Anordnung, die selbst bei ihrer geringsten und engsten Auslegung unstatthaft ist,
in dem Gewände so dehnbarer Ausdrücke aber mit Recht das höchste Erstaunen
hervorruft. Die Commission hält den Gesetzentwurf für unnöthig, dem Zwecke
nicht entsprechend, in dieser Form für unverbesserlich und empfiehlt dessen Ab¬
lehnung. Sie hat sich indeß der Berathung seiner vier Paragraphen unterzogen
und für den Fall, daß die Kammer ihn nicht ganz ablehnen sollte, eventuelle
Amendements aufgestellt; principaliter hat sie bei § 1 mit 7 gegen 3 Stimmen,
bei §. 2 mit 10 gegen 2 Stimmen deren Verwerfung beantragt. Berichterstatter
ist der Abgeordnete Wentzel.

-- Die erste Kammer ist durch ein außerordentliches Ereignis; in ungemeine
Aufregung versetzt; nicht die orientalische Frage, sondern das künftige Schicksal
der Hasen liegt vor. Der Bericht der vierten Commission über den Entwurf
des Jagdpolizeigesetzes ist erschienen. Acht Amendements begleiten bereits das
umfassende, höchst wichtige Actenstück und die Meinungen erscheinen so getheilt,
daß fast eine Auflösung der Conservativen pa.r exLeUenos zu befürchten steht.

Natürlich haben die Herren von -I8i8 nichts gelernt und nichts vergessen,
und die unveränderte Herstellung alter Zustände wird'angestrebt. Darin sind
indessen alle einig, daß der Herr Minister des Innern es versucht, auf Umwegen
durch P olizcigesetze Aenderungen der Eigenthumsrechte herbeizu¬
führen und dadurch Zustände zu schaffen, "die lästiger und kränkender für
die davon Betroffenen sind, als die einfache Rückgabe des Jagd¬
rechts." Also, trotz der nobeln Passion verleugnet sich der gesunde Sinn nicht.

Wir unsrerseits leben der Ueberzeugung, daß genug des Bluts, der Ver¬
brechen und schnöder Verletzung des Eigenthums an der Vergangenheit des alten
Jagdrcchts klebt, wodurch theilweise die Bewegung vou 1848 herbeigeführt
wurde. "Jedermann sei Herr auf seinem Eigenthum," das ist der große Grund¬
satz des Gesetzes vom 31. Oct. 1848, welches nnr den Makel an sich trägt,
die Berechtigten nicht zu entschädigen; dafür stimmten wir damals und heute.
Der Staat braucht bei dieser Entschädigung nicht zu concurriren. Graf Jtzenplitz
verlangt 2 Sgr. p. Morgen, andere weisen auf die Pachtgelder hin, ans beiden
Wegen ist das Ziel zu erreichen. Dagegen hoffen wir, daß die Kammer das
verkappte Polizeigesetz verwerfe, denn es wäre ehrlicher mit v. Plettenberg,
Thadden, Trieglaff u. G. einfach die alte Ordnung der Dinge wieder
ZU fordern. Schreitet unsere Gesetzgebung auf dem betretenen Wege fort, so
werden unausbleiblich dem großen Grundbesitze die letzten Sympathien im Volke
entzogen; die bereits eingelaufenen bäuerlichen Petitionen sprechen für unsere
C. C. Behauptung.




Grenzboten. I. 4 8si>.

contractliches Verhältniß zu den Gutsbesitzern eingegangen sind, z. B. nach K. 2 ü.
auf „Handarbeiter", die sich zu „Meliorationsarbeiten" verdungen haben, — eine
Anordnung, die selbst bei ihrer geringsten und engsten Auslegung unstatthaft ist,
in dem Gewände so dehnbarer Ausdrücke aber mit Recht das höchste Erstaunen
hervorruft. Die Commission hält den Gesetzentwurf für unnöthig, dem Zwecke
nicht entsprechend, in dieser Form für unverbesserlich und empfiehlt dessen Ab¬
lehnung. Sie hat sich indeß der Berathung seiner vier Paragraphen unterzogen
und für den Fall, daß die Kammer ihn nicht ganz ablehnen sollte, eventuelle
Amendements aufgestellt; principaliter hat sie bei § 1 mit 7 gegen 3 Stimmen,
bei §. 2 mit 10 gegen 2 Stimmen deren Verwerfung beantragt. Berichterstatter
ist der Abgeordnete Wentzel.

— Die erste Kammer ist durch ein außerordentliches Ereignis; in ungemeine
Aufregung versetzt; nicht die orientalische Frage, sondern das künftige Schicksal
der Hasen liegt vor. Der Bericht der vierten Commission über den Entwurf
des Jagdpolizeigesetzes ist erschienen. Acht Amendements begleiten bereits das
umfassende, höchst wichtige Actenstück und die Meinungen erscheinen so getheilt,
daß fast eine Auflösung der Conservativen pa.r exLeUenos zu befürchten steht.

Natürlich haben die Herren von -I8i8 nichts gelernt und nichts vergessen,
und die unveränderte Herstellung alter Zustände wird'angestrebt. Darin sind
indessen alle einig, daß der Herr Minister des Innern es versucht, auf Umwegen
durch P olizcigesetze Aenderungen der Eigenthumsrechte herbeizu¬
führen und dadurch Zustände zu schaffen, „die lästiger und kränkender für
die davon Betroffenen sind, als die einfache Rückgabe des Jagd¬
rechts." Also, trotz der nobeln Passion verleugnet sich der gesunde Sinn nicht.

Wir unsrerseits leben der Ueberzeugung, daß genug des Bluts, der Ver¬
brechen und schnöder Verletzung des Eigenthums an der Vergangenheit des alten
Jagdrcchts klebt, wodurch theilweise die Bewegung vou 1848 herbeigeführt
wurde. „Jedermann sei Herr auf seinem Eigenthum," das ist der große Grund¬
satz des Gesetzes vom 31. Oct. 1848, welches nnr den Makel an sich trägt,
die Berechtigten nicht zu entschädigen; dafür stimmten wir damals und heute.
Der Staat braucht bei dieser Entschädigung nicht zu concurriren. Graf Jtzenplitz
verlangt 2 Sgr. p. Morgen, andere weisen auf die Pachtgelder hin, ans beiden
Wegen ist das Ziel zu erreichen. Dagegen hoffen wir, daß die Kammer das
verkappte Polizeigesetz verwerfe, denn es wäre ehrlicher mit v. Plettenberg,
Thadden, Trieglaff u. G. einfach die alte Ordnung der Dinge wieder
ZU fordern. Schreitet unsere Gesetzgebung auf dem betretenen Wege fort, so
werden unausbleiblich dem großen Grundbesitze die letzten Sympathien im Volke
entzogen; die bereits eingelaufenen bäuerlichen Petitionen sprechen für unsere
C. C. Behauptung.




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[0353] contractliches Verhältniß zu den Gutsbesitzern eingegangen sind, z. B. nach K. 2 ü. auf „Handarbeiter", die sich zu „Meliorationsarbeiten" verdungen haben, — eine Anordnung, die selbst bei ihrer geringsten und engsten Auslegung unstatthaft ist, in dem Gewände so dehnbarer Ausdrücke aber mit Recht das höchste Erstaunen hervorruft. Die Commission hält den Gesetzentwurf für unnöthig, dem Zwecke nicht entsprechend, in dieser Form für unverbesserlich und empfiehlt dessen Ab¬ lehnung. Sie hat sich indeß der Berathung seiner vier Paragraphen unterzogen und für den Fall, daß die Kammer ihn nicht ganz ablehnen sollte, eventuelle Amendements aufgestellt; principaliter hat sie bei § 1 mit 7 gegen 3 Stimmen, bei §. 2 mit 10 gegen 2 Stimmen deren Verwerfung beantragt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Wentzel. — Die erste Kammer ist durch ein außerordentliches Ereignis; in ungemeine Aufregung versetzt; nicht die orientalische Frage, sondern das künftige Schicksal der Hasen liegt vor. Der Bericht der vierten Commission über den Entwurf des Jagdpolizeigesetzes ist erschienen. Acht Amendements begleiten bereits das umfassende, höchst wichtige Actenstück und die Meinungen erscheinen so getheilt, daß fast eine Auflösung der Conservativen pa.r exLeUenos zu befürchten steht. Natürlich haben die Herren von -I8i8 nichts gelernt und nichts vergessen, und die unveränderte Herstellung alter Zustände wird'angestrebt. Darin sind indessen alle einig, daß der Herr Minister des Innern es versucht, auf Umwegen durch P olizcigesetze Aenderungen der Eigenthumsrechte herbeizu¬ führen und dadurch Zustände zu schaffen, „die lästiger und kränkender für die davon Betroffenen sind, als die einfache Rückgabe des Jagd¬ rechts." Also, trotz der nobeln Passion verleugnet sich der gesunde Sinn nicht. Wir unsrerseits leben der Ueberzeugung, daß genug des Bluts, der Ver¬ brechen und schnöder Verletzung des Eigenthums an der Vergangenheit des alten Jagdrcchts klebt, wodurch theilweise die Bewegung vou 1848 herbeigeführt wurde. „Jedermann sei Herr auf seinem Eigenthum," das ist der große Grund¬ satz des Gesetzes vom 31. Oct. 1848, welches nnr den Makel an sich trägt, die Berechtigten nicht zu entschädigen; dafür stimmten wir damals und heute. Der Staat braucht bei dieser Entschädigung nicht zu concurriren. Graf Jtzenplitz verlangt 2 Sgr. p. Morgen, andere weisen auf die Pachtgelder hin, ans beiden Wegen ist das Ziel zu erreichen. Dagegen hoffen wir, daß die Kammer das verkappte Polizeigesetz verwerfe, denn es wäre ehrlicher mit v. Plettenberg, Thadden, Trieglaff u. G. einfach die alte Ordnung der Dinge wieder ZU fordern. Schreitet unsere Gesetzgebung auf dem betretenen Wege fort, so werden unausbleiblich dem großen Grundbesitze die letzten Sympathien im Volke entzogen; die bereits eingelaufenen bäuerlichen Petitionen sprechen für unsere C. C. Behauptung. Grenzboten. I. 4 8si>.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/353>, abgerufen am 24.05.2024.