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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Um wieder auf den Kapuziner im Colosseum zurückzukommen, so hatte auch
er gewöhnlich die Absicht seinen Hörern bange zu machen, die Gefahr einer ewigen
Verdammnis; hielt er ihnen immer von neuem vor, schilderte immer von neuem
die Qualen der Hölle. In einer Predigt über den Text: ot ixuis a,ve.on8U8 Wi
in karorö meo beschrieb er ihnen das höllische Feuer in der That sehr eindring¬
lich. Er vergegenwärtigte ihnen den Zustand der Verdammten, die von diesem
Feuer ganz durchdrungen sind, sie haben es in Augen und Ohren, in Mund
und Nase, auf Kopf, Brust und Leib, in allen Gliedern. Und was für ein
Feuer! Der h. August!" sagt, daß es sich zu irdischem Feuer verhalte, wie dies
zu gemaltem. Wenn nnn schon, die Qualen der schwachen irdischen Flamme so
unerträglich sind, welche Qualen können die jenes überirdischen im Zorn Gottes
entzündeten Feuers dann sein. Und diese dauern ewig, ewig! Er wandte sich an
den männlichen und weiblichen Theil seiner Zuhörer besonders. 0 tratM" poco-r-
tore, du hast nicht den Muth die Hand an eine glühende Kohle zu legen, und
wagst es doch dnrch schwere Sünden dich den Qualen des höllischen Feuers-
auszusetzen? 0 8oreUa p"zeLÄtr>L<z, du vermagst nicht die Finger nur eine Se¬
cunde in der Flamme einer Kerze zu halten, und ergibst dich doch den Schmeiche¬
leien, den Moden, den Galanterien dieser betrügerischen Welt, die der Hölle zu¬
führen? Könnt Ihr wirklich für die vergänglichen Freuden dieses elenden Lebens
die ewige Verdammniß eintauschen wollen? Ich glaube nicht! Ich für mein Theil
habe gewählt, habe beschlossen Buße zu thun, aufrichtige unaufhörliche Buße,
um der Verdammniß zu entgeh". Zum Schluß erzählte er folgende Geschichte.
Als Königin Elisabeth von England, die vom Katholicismus zum Protestantismus
überging,, zur Regierung kam, trat sie vor ein Bild des gekreuzigten Heilandes
und sprach zu ihm: Herr! wenn dn mir vierzig Jahre Regierung schenkst, so
verzichte ich ans dein Paradies! Ihr Wunsch wurde gewährt, sie regierte nicht
vierzig sondern vierundvierzig Jahre. Wenige Tage nach ihrem Tode ereignete
sich, wie ein Geschichtschreiber jener Zeit schreibt, folgendes. Durch die Haupt¬
stadt von England, London, fließt ein großer Fluß, die Themse genannt. An
den Ufern dieses Flusses sah man bei Nacht den Schatten dieser elenden Königin
mit Ketten belastet, von Flammen umgeben, dahin schweben. Sie rief so laut
sie konnte: Für vierzig Jahre Negierung habe ich die Hölle für die Ewigkeit
erkauft!

Solche historische Beispiele aus der profanen und heiligen Geschichte brachte
der Mönch öfter vor. In einer Predigt, in der er das immer wiederkehrende
Thema behandelte, daß es ans dieser niedern Erde, dieser schlechten trügerischen
Welt (einel pvssimo InAcurnator iricmäo), in diesem ans so vielen Gründe" elende"
Lebe" kein wahres Glück gebe ^- wir seien nicht gemacht wie Polypen am
Felsen, an den irdischen Dingen zu hängen: führte er zum Beweise David und
Salomo an, die in all ihrer Herrlichkeit empfanden, daß alles eitel sei. Auch


Um wieder auf den Kapuziner im Colosseum zurückzukommen, so hatte auch
er gewöhnlich die Absicht seinen Hörern bange zu machen, die Gefahr einer ewigen
Verdammnis; hielt er ihnen immer von neuem vor, schilderte immer von neuem
die Qualen der Hölle. In einer Predigt über den Text: ot ixuis a,ve.on8U8 Wi
in karorö meo beschrieb er ihnen das höllische Feuer in der That sehr eindring¬
lich. Er vergegenwärtigte ihnen den Zustand der Verdammten, die von diesem
Feuer ganz durchdrungen sind, sie haben es in Augen und Ohren, in Mund
und Nase, auf Kopf, Brust und Leib, in allen Gliedern. Und was für ein
Feuer! Der h. August!» sagt, daß es sich zu irdischem Feuer verhalte, wie dies
zu gemaltem. Wenn nnn schon, die Qualen der schwachen irdischen Flamme so
unerträglich sind, welche Qualen können die jenes überirdischen im Zorn Gottes
entzündeten Feuers dann sein. Und diese dauern ewig, ewig! Er wandte sich an
den männlichen und weiblichen Theil seiner Zuhörer besonders. 0 tratM» poco-r-
tore, du hast nicht den Muth die Hand an eine glühende Kohle zu legen, und
wagst es doch dnrch schwere Sünden dich den Qualen des höllischen Feuers-
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leien, den Moden, den Galanterien dieser betrügerischen Welt, die der Hölle zu¬
führen? Könnt Ihr wirklich für die vergänglichen Freuden dieses elenden Lebens
die ewige Verdammniß eintauschen wollen? Ich glaube nicht! Ich für mein Theil
habe gewählt, habe beschlossen Buße zu thun, aufrichtige unaufhörliche Buße,
um der Verdammniß zu entgeh». Zum Schluß erzählte er folgende Geschichte.
Als Königin Elisabeth von England, die vom Katholicismus zum Protestantismus
überging,, zur Regierung kam, trat sie vor ein Bild des gekreuzigten Heilandes
und sprach zu ihm: Herr! wenn dn mir vierzig Jahre Regierung schenkst, so
verzichte ich ans dein Paradies! Ihr Wunsch wurde gewährt, sie regierte nicht
vierzig sondern vierundvierzig Jahre. Wenige Tage nach ihrem Tode ereignete
sich, wie ein Geschichtschreiber jener Zeit schreibt, folgendes. Durch die Haupt¬
stadt von England, London, fließt ein großer Fluß, die Themse genannt. An
den Ufern dieses Flusses sah man bei Nacht den Schatten dieser elenden Königin
mit Ketten belastet, von Flammen umgeben, dahin schweben. Sie rief so laut
sie konnte: Für vierzig Jahre Negierung habe ich die Hölle für die Ewigkeit
erkauft!

Solche historische Beispiele aus der profanen und heiligen Geschichte brachte
der Mönch öfter vor. In einer Predigt, in der er das immer wiederkehrende
Thema behandelte, daß es ans dieser niedern Erde, dieser schlechten trügerischen
Welt (einel pvssimo InAcurnator iricmäo), in diesem ans so vielen Gründe» elende»
Lebe» kein wahres Glück gebe ^- wir seien nicht gemacht wie Polypen am
Felsen, an den irdischen Dingen zu hängen: führte er zum Beweise David und
Salomo an, die in all ihrer Herrlichkeit empfanden, daß alles eitel sei. Auch


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[0494] Um wieder auf den Kapuziner im Colosseum zurückzukommen, so hatte auch er gewöhnlich die Absicht seinen Hörern bange zu machen, die Gefahr einer ewigen Verdammnis; hielt er ihnen immer von neuem vor, schilderte immer von neuem die Qualen der Hölle. In einer Predigt über den Text: ot ixuis a,ve.on8U8 Wi in karorö meo beschrieb er ihnen das höllische Feuer in der That sehr eindring¬ lich. Er vergegenwärtigte ihnen den Zustand der Verdammten, die von diesem Feuer ganz durchdrungen sind, sie haben es in Augen und Ohren, in Mund und Nase, auf Kopf, Brust und Leib, in allen Gliedern. Und was für ein Feuer! Der h. August!» sagt, daß es sich zu irdischem Feuer verhalte, wie dies zu gemaltem. Wenn nnn schon, die Qualen der schwachen irdischen Flamme so unerträglich sind, welche Qualen können die jenes überirdischen im Zorn Gottes entzündeten Feuers dann sein. Und diese dauern ewig, ewig! Er wandte sich an den männlichen und weiblichen Theil seiner Zuhörer besonders. 0 tratM» poco-r- tore, du hast nicht den Muth die Hand an eine glühende Kohle zu legen, und wagst es doch dnrch schwere Sünden dich den Qualen des höllischen Feuers- auszusetzen? 0 8oreUa p«zeLÄtr>L<z, du vermagst nicht die Finger nur eine Se¬ cunde in der Flamme einer Kerze zu halten, und ergibst dich doch den Schmeiche¬ leien, den Moden, den Galanterien dieser betrügerischen Welt, die der Hölle zu¬ führen? Könnt Ihr wirklich für die vergänglichen Freuden dieses elenden Lebens die ewige Verdammniß eintauschen wollen? Ich glaube nicht! Ich für mein Theil habe gewählt, habe beschlossen Buße zu thun, aufrichtige unaufhörliche Buße, um der Verdammniß zu entgeh». Zum Schluß erzählte er folgende Geschichte. Als Königin Elisabeth von England, die vom Katholicismus zum Protestantismus überging,, zur Regierung kam, trat sie vor ein Bild des gekreuzigten Heilandes und sprach zu ihm: Herr! wenn dn mir vierzig Jahre Regierung schenkst, so verzichte ich ans dein Paradies! Ihr Wunsch wurde gewährt, sie regierte nicht vierzig sondern vierundvierzig Jahre. Wenige Tage nach ihrem Tode ereignete sich, wie ein Geschichtschreiber jener Zeit schreibt, folgendes. Durch die Haupt¬ stadt von England, London, fließt ein großer Fluß, die Themse genannt. An den Ufern dieses Flusses sah man bei Nacht den Schatten dieser elenden Königin mit Ketten belastet, von Flammen umgeben, dahin schweben. Sie rief so laut sie konnte: Für vierzig Jahre Negierung habe ich die Hölle für die Ewigkeit erkauft! Solche historische Beispiele aus der profanen und heiligen Geschichte brachte der Mönch öfter vor. In einer Predigt, in der er das immer wiederkehrende Thema behandelte, daß es ans dieser niedern Erde, dieser schlechten trügerischen Welt (einel pvssimo InAcurnator iricmäo), in diesem ans so vielen Gründe» elende» Lebe» kein wahres Glück gebe ^- wir seien nicht gemacht wie Polypen am Felsen, an den irdischen Dingen zu hängen: führte er zum Beweise David und Salomo an, die in all ihrer Herrlichkeit empfanden, daß alles eitel sei. Auch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/494>, abgerufen am 23.05.2024.