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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Schwarm derselben, welcher sich in einem Kaffeehaus etat'lire hatte, und der in
seinem Aeußeren ganz besonders den Eindruck nicht nnr der Jnaccnratesse, sondern
selbst, um es in deutscher Kürze zu sagen, der Abgerissenheit machte, nahm ich
anfangs als aus niederen Trainbcamten, aus Unteroffizieren und Sergeanten be-
stehend, bis ich zu meiner Ueberraschung belehrt ward, daß ich kaiserlich fran¬
zösische Offiziere vor mir hatte. Die Engländer., in ihrer gentlemännischen Art,
stechen sehr dagegen, aber selbstredend höchst vortheilhaft, ab.

Was an höheren Offizieren vom englischen und französischen JngcnicnrcorpS
hier angelangt ist, befindet sich augenblicklich insgesammt in Büjück-Tscheckmedsche.
Es ist dies eine Commission, der ein englischer General (Bourgogne) und ein
französischer Oberst (Ardant) und Oberstlieutenant (Tollrjou) vorsteht. Oberst
Ardant, seither Gcuiedircctor zu Metz, ist derselbe, welcher sich vor einer Reihe
von Jahren durch eine Schrift über neuere Befestigungen und ihre Beziehungen
zu den Eisenbahnen in einer sehr rühmenswerthen Weise bekannt gemacht hat.

Ich erinnere mich nicht, ob ich in einer meiner früheren Zuschriften an Ihr
geehrtes Blatt, der Arbeiten jener Jngenieurcommissivn aus der Halbinsel von
Gallipoli bereits gedacht habe. Wie Ihre Leser wissen, sind die nördlichen Be¬
festigungen der Dardauelleustraße auf einer Peninsula gelegen, die bei Gallipoli
sich besonders verengt, und Gelegenheit bietet, den Zugang zu den Schlössern,
von der Landseite her, dnrch eine Befestigungslinie zu wehren. Diese nun war
der Gegenstand, mit welchem die zwei genannten Herrn sich zunächst zu beschäf¬
tigen hatten. Die Straße, welche man fortificatorisch abzuschließen hat, mißt etwa
drei Stunden. Nach dem Vertheidiguiigsentwurse zu urtheile", will man im
Nothfall 10,000 Mann vereinigen, um die Linie damit zu halten -- ein weniger
mißliches Ding, als man ohne Kenntniß des Terrains vielleicht annimmt.

Bei Büjück-Tscheckmedsche, wo, wie erwähnt, die Commission in diesem
Augenblick verweilt, beabsichtigt man etwas ganz Aehnliches. Der Ort liegt vier
Stunden von Konstantinopel dicht an einem tiefen Einschnitt des Marmvrameeres,
in dessen Verlängerung man eine Reihe von Verschanzungen bis. zu dem, ans
diesem Punkte nur vier Stunden entfernten schwarzen Meere zu führen gedenkt.
Sie würde insofern von größerer Wichtigkeit sein, als sie den Bosporus und
die Capitale des osmanischen Reiches gleichzeitig gegen den Rückcnangriff (von
Norden her) zu decken im Stande ist. Zur Behauptung dieser bedeutungsvollen
Position sind weitere -10,000 Mann bestimmt. Man weiß noch nicht, welche
Anordnungen in Betreff der ZusammenseZzung der Besejznngscorps getroffen
find. Ob man sich in beiden Fällen für eine gemischt englisch-französische Armee¬
abtheilung entscheiden, oder die eine Position den Franzosen, die andere de"
Engländern zur Wahrung übergeben wird.
'

SolcheFragepunkte sind für die einem falsch-verstandenen östreichischen In¬
teresse ergebenen deutschen Blätter eine äußerst willkommene Gelegenheit ihr


Schwarm derselben, welcher sich in einem Kaffeehaus etat'lire hatte, und der in
seinem Aeußeren ganz besonders den Eindruck nicht nnr der Jnaccnratesse, sondern
selbst, um es in deutscher Kürze zu sagen, der Abgerissenheit machte, nahm ich
anfangs als aus niederen Trainbcamten, aus Unteroffizieren und Sergeanten be-
stehend, bis ich zu meiner Ueberraschung belehrt ward, daß ich kaiserlich fran¬
zösische Offiziere vor mir hatte. Die Engländer., in ihrer gentlemännischen Art,
stechen sehr dagegen, aber selbstredend höchst vortheilhaft, ab.

Was an höheren Offizieren vom englischen und französischen JngcnicnrcorpS
hier angelangt ist, befindet sich augenblicklich insgesammt in Büjück-Tscheckmedsche.
Es ist dies eine Commission, der ein englischer General (Bourgogne) und ein
französischer Oberst (Ardant) und Oberstlieutenant (Tollrjou) vorsteht. Oberst
Ardant, seither Gcuiedircctor zu Metz, ist derselbe, welcher sich vor einer Reihe
von Jahren durch eine Schrift über neuere Befestigungen und ihre Beziehungen
zu den Eisenbahnen in einer sehr rühmenswerthen Weise bekannt gemacht hat.

Ich erinnere mich nicht, ob ich in einer meiner früheren Zuschriften an Ihr
geehrtes Blatt, der Arbeiten jener Jngenieurcommissivn aus der Halbinsel von
Gallipoli bereits gedacht habe. Wie Ihre Leser wissen, sind die nördlichen Be¬
festigungen der Dardauelleustraße auf einer Peninsula gelegen, die bei Gallipoli
sich besonders verengt, und Gelegenheit bietet, den Zugang zu den Schlössern,
von der Landseite her, dnrch eine Befestigungslinie zu wehren. Diese nun war
der Gegenstand, mit welchem die zwei genannten Herrn sich zunächst zu beschäf¬
tigen hatten. Die Straße, welche man fortificatorisch abzuschließen hat, mißt etwa
drei Stunden. Nach dem Vertheidiguiigsentwurse zu urtheile», will man im
Nothfall 10,000 Mann vereinigen, um die Linie damit zu halten — ein weniger
mißliches Ding, als man ohne Kenntniß des Terrains vielleicht annimmt.

Bei Büjück-Tscheckmedsche, wo, wie erwähnt, die Commission in diesem
Augenblick verweilt, beabsichtigt man etwas ganz Aehnliches. Der Ort liegt vier
Stunden von Konstantinopel dicht an einem tiefen Einschnitt des Marmvrameeres,
in dessen Verlängerung man eine Reihe von Verschanzungen bis. zu dem, ans
diesem Punkte nur vier Stunden entfernten schwarzen Meere zu führen gedenkt.
Sie würde insofern von größerer Wichtigkeit sein, als sie den Bosporus und
die Capitale des osmanischen Reiches gleichzeitig gegen den Rückcnangriff (von
Norden her) zu decken im Stande ist. Zur Behauptung dieser bedeutungsvollen
Position sind weitere -10,000 Mann bestimmt. Man weiß noch nicht, welche
Anordnungen in Betreff der ZusammenseZzung der Besejznngscorps getroffen
find. Ob man sich in beiden Fällen für eine gemischt englisch-französische Armee¬
abtheilung entscheiden, oder die eine Position den Franzosen, die andere de»
Engländern zur Wahrung übergeben wird.
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SolcheFragepunkte sind für die einem falsch-verstandenen östreichischen In¬
teresse ergebenen deutschen Blätter eine äußerst willkommene Gelegenheit ihr


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/516>, abgerufen am 16.06.2024.