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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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weiter Ferne die Höhe unsrer Batterien anzeigt und ihr richtiges Zielen er¬
leichtert, den Vorzug zu verdienen scheint. In Preußen ist man so gescheidt
gewesen, die Danzig (Dampfcorvette) ebenfalls nur schwarz zu streichen. Ich
zähle vierzehn Geschütze am Bord des Franzosen; sie sind von Bronce; nur
zwei machen den Eindruck eines schweren Kalibers. Ihre Leser fragen, worin
die Unterscheidung zwischen einer Dampffregatte und Dampfcorvette liege? Er¬
stere führt eine bedeckte Batterie, und über dieser vielleicht Geschütze hinter
Brüstung auf Deck, letztere dagegen hat nur eine Brustwehrbatterie. Wenn
man in der Terminologie dem bei den Segelschiffen angewendeten System con-
sequent geblieben wäre, würde man lediglich Dampfer mit Geschütz unter
und auf Deck Fregatten, die anderen aber Corvetten nennen.

Ich befand mich jetzt recht eigentlich im Kreis des Arsenaltreibens. Mein Boot¬
führer hatte Mühe, einen Weg durch das Getümmel der hiu^ und herfliegenden
Schaluppen zu finden. Links hatten wir zwei mächtige, dicht am Bollwerk angelegte
Hulks, oder die Rumpfe zweier unbrauchbar gewordener, aus alter Zeit herstam¬
mender türkischer Fregatten und rechts eine langgestreckte osmanische Raddampsfre-
gatte von 20 Kanonen -- die Medschidie. Der weiße, umlaufende Gürtel weiset,
daß man im türkischen Marinewesen äußeren blendenden Schein der Zweck¬
mäßigkeit voranstellt. Das Fahrzeug mußte im Kampf gewesen sein, es trug
Kugelspuren. Die Esse rauchte; durch die offenen Fenster schaute ich in die
mir wohlbekannte Kajüte hinein; türkische Marineoffiziere saßen darin mit dem
Tschibuck in der Hand. Rasch rauschte der Kalk vorüber und steuerte auf den
Zwischenraum zu, den zwei nebeneinander in Linie gelegte türkische Zweidecker
offen ließen. Sie führten noch die Stengen und der eine von ihnen ließ im
Tauwerk tausend Stück Hemden, welche der Mannschaft gehörten, zum Trock¬
nen flattern. Der Anblick war imposant; in dieser Hinsicht ist ein Linienschiff
den Fahrzeugen niederen Ranges unendlich überlegen, und dabei bewahrt der
Zweidecker noch etwas von jenem graciösen Ebenmaß, dessen höchster Ausdruck
die Fregatte ist, und welches beim Dreidecker unter der Mannhaftigkeit des
Oberbauch, der gewaltigen drei bedeckten Batterien und einer offenen verschwin¬
det. Dennoch kann die Zeit als hinter uns liegend angesehen werden, in wel¬
cher den Linienschiffen eine Rolle beschicken war. Ich wiederhole, daß die
mächtigen Schrauber Englands und Frankreichs ihren Entstehungsgrund nur
in dem Vorhandensein von fünfzig neuen Linienschiffsrirmpfen in den britischen
und Ivon zwanzig in den französischen Arsenälen haben, und daß man ihre
Einführung insofern als ein Auskunftsmittel nautisch-militärischer Oekonomie
anzusehen hat.

Herr James C. Dobbin aus Südcarolina, der gegenwärtige amerikanische
Marinesecretär (Minister), hütete sich darum auch wohlweislich, dem Kongreß
den Bau von Schraubenlinienschiffen vorzuschlagen und proponirte anstatt der-


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weiter Ferne die Höhe unsrer Batterien anzeigt und ihr richtiges Zielen er¬
leichtert, den Vorzug zu verdienen scheint. In Preußen ist man so gescheidt
gewesen, die Danzig (Dampfcorvette) ebenfalls nur schwarz zu streichen. Ich
zähle vierzehn Geschütze am Bord des Franzosen; sie sind von Bronce; nur
zwei machen den Eindruck eines schweren Kalibers. Ihre Leser fragen, worin
die Unterscheidung zwischen einer Dampffregatte und Dampfcorvette liege? Er¬
stere führt eine bedeckte Batterie, und über dieser vielleicht Geschütze hinter
Brüstung auf Deck, letztere dagegen hat nur eine Brustwehrbatterie. Wenn
man in der Terminologie dem bei den Segelschiffen angewendeten System con-
sequent geblieben wäre, würde man lediglich Dampfer mit Geschütz unter
und auf Deck Fregatten, die anderen aber Corvetten nennen.

Ich befand mich jetzt recht eigentlich im Kreis des Arsenaltreibens. Mein Boot¬
führer hatte Mühe, einen Weg durch das Getümmel der hiu^ und herfliegenden
Schaluppen zu finden. Links hatten wir zwei mächtige, dicht am Bollwerk angelegte
Hulks, oder die Rumpfe zweier unbrauchbar gewordener, aus alter Zeit herstam¬
mender türkischer Fregatten und rechts eine langgestreckte osmanische Raddampsfre-
gatte von 20 Kanonen — die Medschidie. Der weiße, umlaufende Gürtel weiset,
daß man im türkischen Marinewesen äußeren blendenden Schein der Zweck¬
mäßigkeit voranstellt. Das Fahrzeug mußte im Kampf gewesen sein, es trug
Kugelspuren. Die Esse rauchte; durch die offenen Fenster schaute ich in die
mir wohlbekannte Kajüte hinein; türkische Marineoffiziere saßen darin mit dem
Tschibuck in der Hand. Rasch rauschte der Kalk vorüber und steuerte auf den
Zwischenraum zu, den zwei nebeneinander in Linie gelegte türkische Zweidecker
offen ließen. Sie führten noch die Stengen und der eine von ihnen ließ im
Tauwerk tausend Stück Hemden, welche der Mannschaft gehörten, zum Trock¬
nen flattern. Der Anblick war imposant; in dieser Hinsicht ist ein Linienschiff
den Fahrzeugen niederen Ranges unendlich überlegen, und dabei bewahrt der
Zweidecker noch etwas von jenem graciösen Ebenmaß, dessen höchster Ausdruck
die Fregatte ist, und welches beim Dreidecker unter der Mannhaftigkeit des
Oberbauch, der gewaltigen drei bedeckten Batterien und einer offenen verschwin¬
det. Dennoch kann die Zeit als hinter uns liegend angesehen werden, in wel¬
cher den Linienschiffen eine Rolle beschicken war. Ich wiederhole, daß die
mächtigen Schrauber Englands und Frankreichs ihren Entstehungsgrund nur
in dem Vorhandensein von fünfzig neuen Linienschiffsrirmpfen in den britischen
und Ivon zwanzig in den französischen Arsenälen haben, und daß man ihre
Einführung insofern als ein Auskunftsmittel nautisch-militärischer Oekonomie
anzusehen hat.

Herr James C. Dobbin aus Südcarolina, der gegenwärtige amerikanische
Marinesecretär (Minister), hütete sich darum auch wohlweislich, dem Kongreß
den Bau von Schraubenlinienschiffen vorzuschlagen und proponirte anstatt der-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/131>, abgerufen am 10.06.2024.