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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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bietet, ist beibehalten worden: die in prachtvollen Farben schimmernden Teppiche,
und die sammetreichen und buntgemusterten Matten.

Neulich war das Haus von Kandili Sammelpunkt einer auserlesenen
Clique der Society von Pera. Wie ich hörte gab Fuad Pascha ein Diner zu
Ehren des neuen französischen Gesandten Herrn von Thouvenel. Es wurde
von mir bereits früher bemerkt, daß man bei derartigen Gelegenheiten durch¬
aus in europäischer Weise speist. An den Toasten nehmen die osmanischen
Minister und Würdenträger mit derselben Ungezwungenheit wie die Europäer
Theil. Nur im englischen Palais ist es Sitte, wenn Pfortenminister zur Tafel
sind, doppelt, fränkisch und türkisch, serviren zu lassen.

Fuad Effendi ist vielleicht derjenige osmanische Große, welcher über das
reichste Silbergeschirr verfügt. Schon dieser Umstand gibt seinen Diners einen
besonderen Glanz. Nach aufgetragenem Desert erscheinen die reich mit Diaman¬
ten besetzten Pfeifen. Die Edelsteine befinden sich nur am bernsteinernen Mund¬
stücke. Der Kopf ist unverziert und sowenig Luxus wird mit demselben ge¬
trieben, daß der reichste Tschibuck einen schlicht thönernen führt, den man für
fünf Pera kaufen kann.

Fuad Effendi ist verhältnißmäßig noch jung; aber er scheint vor den
Jahren gealtert zu haben. Seine augenblickliche Stellung, namentlich in
Hinsicht aus Reschid Pascha, ist mir nicht ganz klar. Gern würde er, wie es
scheint, zwischen diesem und der sogenannten nationalen Partei vermitteln, weil
ihn dies für beide möglich machen würde. Muthmaßlich war auch Omer
Pascha mit unter den an der Ministertafel Versammelten. Er stand vordem
Fuad mehr fern; jetzt indeß, wo er in einige Beziehungen zu Mehemmed
Ruschdi getreten, wird auch hier ein Entgegenkommen nicht ausbleiben.




Die Briefe des Marschalls Se. Arnaud.

^elk.rv8 ein KlarüeKal lie 8t. ^manet. 1'aris, Nieliol I^co^.)

Wer in diesem Briefwechsel Aufschlüsse über die geheime Geschichte des
Staatsstreichs vom zweiten December oder der Krimerpedition zu finden erwartet,
wird sich bitter getäuscht fühlen. Die Zeit für solche Enthüllungen ist noch lange
nicht gekommen, zumal wenn sie in Paris gedruckt werden sollen. Die drei
Perioden, in welche das Leben des verstorbenen Marschalls zerfällt, sind von
dem Herausgeber sehr ungleich bedacht worden. Le Noi Se. Arnaud trat
1827 in die Armee ein, verließ sie aber bal,d wieder aus unbekannten Gründen
und war in England und in Griechenland. Diese Zeit bildet die erste Periode


bietet, ist beibehalten worden: die in prachtvollen Farben schimmernden Teppiche,
und die sammetreichen und buntgemusterten Matten.

Neulich war das Haus von Kandili Sammelpunkt einer auserlesenen
Clique der Society von Pera. Wie ich hörte gab Fuad Pascha ein Diner zu
Ehren des neuen französischen Gesandten Herrn von Thouvenel. Es wurde
von mir bereits früher bemerkt, daß man bei derartigen Gelegenheiten durch¬
aus in europäischer Weise speist. An den Toasten nehmen die osmanischen
Minister und Würdenträger mit derselben Ungezwungenheit wie die Europäer
Theil. Nur im englischen Palais ist es Sitte, wenn Pfortenminister zur Tafel
sind, doppelt, fränkisch und türkisch, serviren zu lassen.

Fuad Effendi ist vielleicht derjenige osmanische Große, welcher über das
reichste Silbergeschirr verfügt. Schon dieser Umstand gibt seinen Diners einen
besonderen Glanz. Nach aufgetragenem Desert erscheinen die reich mit Diaman¬
ten besetzten Pfeifen. Die Edelsteine befinden sich nur am bernsteinernen Mund¬
stücke. Der Kopf ist unverziert und sowenig Luxus wird mit demselben ge¬
trieben, daß der reichste Tschibuck einen schlicht thönernen führt, den man für
fünf Pera kaufen kann.

Fuad Effendi ist verhältnißmäßig noch jung; aber er scheint vor den
Jahren gealtert zu haben. Seine augenblickliche Stellung, namentlich in
Hinsicht aus Reschid Pascha, ist mir nicht ganz klar. Gern würde er, wie es
scheint, zwischen diesem und der sogenannten nationalen Partei vermitteln, weil
ihn dies für beide möglich machen würde. Muthmaßlich war auch Omer
Pascha mit unter den an der Ministertafel Versammelten. Er stand vordem
Fuad mehr fern; jetzt indeß, wo er in einige Beziehungen zu Mehemmed
Ruschdi getreten, wird auch hier ein Entgegenkommen nicht ausbleiben.




Die Briefe des Marschalls Se. Arnaud.

^elk.rv8 ein KlarüeKal lie 8t. ^manet. 1'aris, Nieliol I^co^.)

Wer in diesem Briefwechsel Aufschlüsse über die geheime Geschichte des
Staatsstreichs vom zweiten December oder der Krimerpedition zu finden erwartet,
wird sich bitter getäuscht fühlen. Die Zeit für solche Enthüllungen ist noch lange
nicht gekommen, zumal wenn sie in Paris gedruckt werden sollen. Die drei
Perioden, in welche das Leben des verstorbenen Marschalls zerfällt, sind von
dem Herausgeber sehr ungleich bedacht worden. Le Noi Se. Arnaud trat
1827 in die Armee ein, verließ sie aber bal,d wieder aus unbekannten Gründen
und war in England und in Griechenland. Diese Zeit bildet die erste Periode


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/382>, abgerufen am 26.05.2024.