Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

neu Activa werden auf circa 160,000 Pfd. angenommen; außerdem sind 276,000 Pfd. ita¬
lienischen Eisenbahnen vorgeschossen, die aber nicht als gute Schulden zu betrachten sind.
Das Schlimmste aber ist, daß das Haus eine ganze Masse holländischer, dänischer und
andrer Staatspapiere, die bei ihm deo'onirt waren, widerrechtlicher und betrügerischer¬
weise für 113,000 Pfund verkauft und verpfändet hat. Unter den dadurch Beein¬
trächtigten befindet sich ein ">-. Grifstths, Präbendar an der Rochcstcrkathedrale, der
deshalb den Criminalproceß gegen sämmtliche drei Chefs, Strahan, Sir I. D.Paul
und Bates veranlaßt hat. Sie befinden sich alle in den Händen der Polizei und
sind schon mehre Mal in Bvwstrect vernommen worden. Die Strafe für das Ver¬
brechen, dessen sie bezüchtigt sind, ist drei Jahr Arbeitshaus bis vierzehn Jahr
Deportation; es ist aber Zweifel darüber entstanden, ob das Gesetz sie erreichen
kann, da sie bei dem Gerichtshof für insolvente Schuldner freiwillig einen Status
über die veruntrciuten Depositen eingereicht haben, was nach der Meinung einiger
Juristen die Angeklagten straflos macht, obgleich der Vorsitzende des Gerichts sich ge-
weign hat, das Document entgegenzunehmen. Allem Anschein nach wirthschaftet das
Haus schon seit zehn Jahren ohne alle eignen Fonds. Den ersten Stoß soll es
durch einen Verlust von 13000 Pfund, die es einem mit italienischen Eisenbahnen
in Lieferungsverträgen stehenden Hause vorgeschossen, erhalten haben. Um diesen
Verlust wieder zu decken, wäre es allmälig in die Contracte seiner Geschäfts¬
freunde eingetreten und so immermehr verwickelt worden. Wie oben angegeben
hat es allerdings italienischen Eisenbahnen über eine Viertelmillion Pfund Vorschüsse
geleistet.

Als Commauditc des Hauses Snow, Strahan Paul u. Como- hat die Firma
Halford u. Comp. ebenfalls ihre Insolvenz angezeigt, doch dürfte ihre Liquidation
wenn es, wie man glaubt, juristisch zu ermöglichen ist, ihre Rechnungen von denen
Strahan u. Comp. zu trennen, noch einen Ueberschuß ergeben. Dies wäre sehr
zu wünschen, denn durch ihr Fallissement würde eine Classe von Personen leiden,
die ihr Geld schmerzlicher vermißt, als II,. Grisfiths, der vor dem Criminalgericht
erklären konnte, daß er von seinem Verlust (von 20,000 Pfd.) nicht genirt werde.
Halford u. Comp. siud nämlich Marineagcnten (Navy Agents) und vermitteln als
solche die Geldgeschäfte der in den Colonien oder dem Auslande dienenden Offiziere
der Armee und der Marine. Meistens verwalten sie dann auch nach der Pensioni-
rung oder dem Tode des Offiziers noch das"Vermögen desselben oder seiner Wittwe
fort. Hier sind daher verdiente Veteranen, Wittwen und Waisen von Männern,
die für ihr Vaterland geblutet, betheiligt und mit dem Verlust ihrer gestimmten Er¬
sparnisse bedroht, unter ander" auch die Wittwe deö Admirals Boxer, die ans diese
Weise in wenigen Wochen Gatten, Sohn und Neffen, ihr Vermögen und ihr Land¬
haus, das ihr abgebrannt ist, verloren hat.




Herausgegeben von Gustav Fveytag und Julian Schmidt.
Als veraulwortl. Redacteur legitimirt: F. W. Grunviv. -- Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von C. E- Elvert in Leipzig.

neu Activa werden auf circa 160,000 Pfd. angenommen; außerdem sind 276,000 Pfd. ita¬
lienischen Eisenbahnen vorgeschossen, die aber nicht als gute Schulden zu betrachten sind.
Das Schlimmste aber ist, daß das Haus eine ganze Masse holländischer, dänischer und
andrer Staatspapiere, die bei ihm deo'onirt waren, widerrechtlicher und betrügerischer¬
weise für 113,000 Pfund verkauft und verpfändet hat. Unter den dadurch Beein¬
trächtigten befindet sich ein »>-. Grifstths, Präbendar an der Rochcstcrkathedrale, der
deshalb den Criminalproceß gegen sämmtliche drei Chefs, Strahan, Sir I. D.Paul
und Bates veranlaßt hat. Sie befinden sich alle in den Händen der Polizei und
sind schon mehre Mal in Bvwstrect vernommen worden. Die Strafe für das Ver¬
brechen, dessen sie bezüchtigt sind, ist drei Jahr Arbeitshaus bis vierzehn Jahr
Deportation; es ist aber Zweifel darüber entstanden, ob das Gesetz sie erreichen
kann, da sie bei dem Gerichtshof für insolvente Schuldner freiwillig einen Status
über die veruntrciuten Depositen eingereicht haben, was nach der Meinung einiger
Juristen die Angeklagten straflos macht, obgleich der Vorsitzende des Gerichts sich ge-
weign hat, das Document entgegenzunehmen. Allem Anschein nach wirthschaftet das
Haus schon seit zehn Jahren ohne alle eignen Fonds. Den ersten Stoß soll es
durch einen Verlust von 13000 Pfund, die es einem mit italienischen Eisenbahnen
in Lieferungsverträgen stehenden Hause vorgeschossen, erhalten haben. Um diesen
Verlust wieder zu decken, wäre es allmälig in die Contracte seiner Geschäfts¬
freunde eingetreten und so immermehr verwickelt worden. Wie oben angegeben
hat es allerdings italienischen Eisenbahnen über eine Viertelmillion Pfund Vorschüsse
geleistet.

Als Commauditc des Hauses Snow, Strahan Paul u. Como- hat die Firma
Halford u. Comp. ebenfalls ihre Insolvenz angezeigt, doch dürfte ihre Liquidation
wenn es, wie man glaubt, juristisch zu ermöglichen ist, ihre Rechnungen von denen
Strahan u. Comp. zu trennen, noch einen Ueberschuß ergeben. Dies wäre sehr
zu wünschen, denn durch ihr Fallissement würde eine Classe von Personen leiden,
die ihr Geld schmerzlicher vermißt, als II,. Grisfiths, der vor dem Criminalgericht
erklären konnte, daß er von seinem Verlust (von 20,000 Pfd.) nicht genirt werde.
Halford u. Comp. siud nämlich Marineagcnten (Navy Agents) und vermitteln als
solche die Geldgeschäfte der in den Colonien oder dem Auslande dienenden Offiziere
der Armee und der Marine. Meistens verwalten sie dann auch nach der Pensioni-
rung oder dem Tode des Offiziers noch das«Vermögen desselben oder seiner Wittwe
fort. Hier sind daher verdiente Veteranen, Wittwen und Waisen von Männern,
die für ihr Vaterland geblutet, betheiligt und mit dem Verlust ihrer gestimmten Er¬
sparnisse bedroht, unter ander» auch die Wittwe deö Admirals Boxer, die ans diese
Weise in wenigen Wochen Gatten, Sohn und Neffen, ihr Vermögen und ihr Land¬
haus, das ihr abgebrannt ist, verloren hat.




Herausgegeben von Gustav Fveytag und Julian Schmidt.
Als veraulwortl. Redacteur legitimirt: F. W. Grunviv. — Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von C. E- Elvert in Leipzig.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100008"/>
            <p xml:id="ID_240" prev="#ID_239"> neu Activa werden auf circa 160,000 Pfd. angenommen; außerdem sind 276,000 Pfd. ita¬<lb/>
lienischen Eisenbahnen vorgeschossen, die aber nicht als gute Schulden zu betrachten sind.<lb/>
Das Schlimmste aber ist, daß das Haus eine ganze Masse holländischer, dänischer und<lb/>
andrer Staatspapiere, die bei ihm deo'onirt waren, widerrechtlicher und betrügerischer¬<lb/>
weise für 113,000 Pfund verkauft und verpfändet hat. Unter den dadurch Beein¬<lb/>
trächtigten befindet sich ein »&gt;-. Grifstths, Präbendar an der Rochcstcrkathedrale, der<lb/>
deshalb den Criminalproceß gegen sämmtliche drei Chefs, Strahan, Sir I. D.Paul<lb/>
und Bates veranlaßt hat. Sie befinden sich alle in den Händen der Polizei und<lb/>
sind schon mehre Mal in Bvwstrect vernommen worden. Die Strafe für das Ver¬<lb/>
brechen, dessen sie bezüchtigt sind, ist drei Jahr Arbeitshaus bis vierzehn Jahr<lb/>
Deportation; es ist aber Zweifel darüber entstanden, ob das Gesetz sie erreichen<lb/>
kann, da sie bei dem Gerichtshof für insolvente Schuldner freiwillig einen Status<lb/>
über die veruntrciuten Depositen eingereicht haben, was nach der Meinung einiger<lb/>
Juristen die Angeklagten straflos macht, obgleich der Vorsitzende des Gerichts sich ge-<lb/>
weign hat, das Document entgegenzunehmen. Allem Anschein nach wirthschaftet das<lb/>
Haus schon seit zehn Jahren ohne alle eignen Fonds. Den ersten Stoß soll es<lb/>
durch einen Verlust von 13000 Pfund, die es einem mit italienischen Eisenbahnen<lb/>
in Lieferungsverträgen stehenden Hause vorgeschossen, erhalten haben. Um diesen<lb/>
Verlust wieder zu decken, wäre es allmälig in die Contracte seiner Geschäfts¬<lb/>
freunde eingetreten und so immermehr verwickelt worden. Wie oben angegeben<lb/>
hat es allerdings italienischen Eisenbahnen über eine Viertelmillion Pfund Vorschüsse<lb/>
geleistet.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_241"> Als Commauditc des Hauses Snow, Strahan Paul u. Como- hat die Firma<lb/>
Halford u. Comp. ebenfalls ihre Insolvenz angezeigt, doch dürfte ihre Liquidation<lb/>
wenn es, wie man glaubt, juristisch zu ermöglichen ist, ihre Rechnungen von denen<lb/>
Strahan u. Comp. zu trennen, noch einen Ueberschuß ergeben. Dies wäre sehr<lb/>
zu wünschen, denn durch ihr Fallissement würde eine Classe von Personen leiden,<lb/>
die ihr Geld schmerzlicher vermißt, als II,. Grisfiths, der vor dem Criminalgericht<lb/>
erklären konnte, daß er von seinem Verlust (von 20,000 Pfd.) nicht genirt werde.<lb/>
Halford u. Comp. siud nämlich Marineagcnten (Navy Agents) und vermitteln als<lb/>
solche die Geldgeschäfte der in den Colonien oder dem Auslande dienenden Offiziere<lb/>
der Armee und der Marine. Meistens verwalten sie dann auch nach der Pensioni-<lb/>
rung oder dem Tode des Offiziers noch das«Vermögen desselben oder seiner Wittwe<lb/>
fort. Hier sind daher verdiente Veteranen, Wittwen und Waisen von Männern,<lb/>
die für ihr Vaterland geblutet, betheiligt und mit dem Verlust ihrer gestimmten Er¬<lb/>
sparnisse bedroht, unter ander» auch die Wittwe deö Admirals Boxer, die ans diese<lb/>
Weise in wenigen Wochen Gatten, Sohn und Neffen, ihr Vermögen und ihr Land¬<lb/>
haus, das ihr abgebrannt ist, verloren hat.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <note type="byline"> Herausgegeben von Gustav Fveytag und Julian Schmidt.<lb/>
Als veraulwortl. Redacteur legitimirt: F. W. Grunviv. &#x2014; Verlag von F. L. Herbig<lb/>
in Leipzig.<lb/>
Druck von C. E- Elvert in Leipzig.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0088] neu Activa werden auf circa 160,000 Pfd. angenommen; außerdem sind 276,000 Pfd. ita¬ lienischen Eisenbahnen vorgeschossen, die aber nicht als gute Schulden zu betrachten sind. Das Schlimmste aber ist, daß das Haus eine ganze Masse holländischer, dänischer und andrer Staatspapiere, die bei ihm deo'onirt waren, widerrechtlicher und betrügerischer¬ weise für 113,000 Pfund verkauft und verpfändet hat. Unter den dadurch Beein¬ trächtigten befindet sich ein »>-. Grifstths, Präbendar an der Rochcstcrkathedrale, der deshalb den Criminalproceß gegen sämmtliche drei Chefs, Strahan, Sir I. D.Paul und Bates veranlaßt hat. Sie befinden sich alle in den Händen der Polizei und sind schon mehre Mal in Bvwstrect vernommen worden. Die Strafe für das Ver¬ brechen, dessen sie bezüchtigt sind, ist drei Jahr Arbeitshaus bis vierzehn Jahr Deportation; es ist aber Zweifel darüber entstanden, ob das Gesetz sie erreichen kann, da sie bei dem Gerichtshof für insolvente Schuldner freiwillig einen Status über die veruntrciuten Depositen eingereicht haben, was nach der Meinung einiger Juristen die Angeklagten straflos macht, obgleich der Vorsitzende des Gerichts sich ge- weign hat, das Document entgegenzunehmen. Allem Anschein nach wirthschaftet das Haus schon seit zehn Jahren ohne alle eignen Fonds. Den ersten Stoß soll es durch einen Verlust von 13000 Pfund, die es einem mit italienischen Eisenbahnen in Lieferungsverträgen stehenden Hause vorgeschossen, erhalten haben. Um diesen Verlust wieder zu decken, wäre es allmälig in die Contracte seiner Geschäfts¬ freunde eingetreten und so immermehr verwickelt worden. Wie oben angegeben hat es allerdings italienischen Eisenbahnen über eine Viertelmillion Pfund Vorschüsse geleistet. Als Commauditc des Hauses Snow, Strahan Paul u. Como- hat die Firma Halford u. Comp. ebenfalls ihre Insolvenz angezeigt, doch dürfte ihre Liquidation wenn es, wie man glaubt, juristisch zu ermöglichen ist, ihre Rechnungen von denen Strahan u. Comp. zu trennen, noch einen Ueberschuß ergeben. Dies wäre sehr zu wünschen, denn durch ihr Fallissement würde eine Classe von Personen leiden, die ihr Geld schmerzlicher vermißt, als II,. Grisfiths, der vor dem Criminalgericht erklären konnte, daß er von seinem Verlust (von 20,000 Pfd.) nicht genirt werde. Halford u. Comp. siud nämlich Marineagcnten (Navy Agents) und vermitteln als solche die Geldgeschäfte der in den Colonien oder dem Auslande dienenden Offiziere der Armee und der Marine. Meistens verwalten sie dann auch nach der Pensioni- rung oder dem Tode des Offiziers noch das«Vermögen desselben oder seiner Wittwe fort. Hier sind daher verdiente Veteranen, Wittwen und Waisen von Männern, die für ihr Vaterland geblutet, betheiligt und mit dem Verlust ihrer gestimmten Er¬ sparnisse bedroht, unter ander» auch die Wittwe deö Admirals Boxer, die ans diese Weise in wenigen Wochen Gatten, Sohn und Neffen, ihr Vermögen und ihr Land¬ haus, das ihr abgebrannt ist, verloren hat. Herausgegeben von Gustav Fveytag und Julian Schmidt. Als veraulwortl. Redacteur legitimirt: F. W. Grunviv. — Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. Druck von C. E- Elvert in Leipzig.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/88
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/88>, abgerufen am 22.05.2024.