Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.schöpft haben. Die Treue und Festigkeit, mit der sie an den Principien des 33*
schöpft haben. Die Treue und Festigkeit, mit der sie an den Principien des 33*
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schöpft haben. Die Treue und Festigkeit, mit der sie an den Principien des
Liberalismus hangen, eine Festigkeit, die jeden Patrioten erfreuen muß , hin¬
dert sie nicht, für jeden einzelnen Fall alle die concreten Gesichtspunkte in Be¬
tracht zu ziehen, die außerhalb des Princips liegen. Als eigentliche Redner da¬
gegen stehen sie sämmtlich nicht hoch. Graf Schwerin entwickelt in einzel¬
nen Bemerkungen einen kräftigen Humor und einen gesunden Menschenverstand,
der überall den Kern der Sache trifft. Außerdem macht die hervortretende
Liebenswürdigkeit seines Wesens und die hohe Achtung vor seinem Charakter,
daß er mit großer Aufmerksamkeit gehört wird; aber für größere Reden ist er
nicht geeignet. Er spricht incorrect, und wie mir scheint, auch nicht gehörig
vorbereitet. Freilich muß ich hinzusetzen, daß er bei der längsten Rede, die
ich von ihm hörte, augenscheinlich unpäßlich war; aber es war in einem Mo¬
ment, wo man für einen Redner und Parteiführer die Unpäßlichkeit nicht gern
mag gelten lassen. In Beziehung auf den Liberalismus seiner Ansichten er¬
scheint er mir als der Entschiedenste der ganzen Partei. — Rudolph von Auers-
wald spricht gründlich, sorgfältig vorbereitet und seine Rede ist zweckmäßig
gruppirt; aber sein Vortrag ist trocken und steif und würde leicht ermüden,
wenn nicht die Milde seiner Formen und das echt Vornehme seiner Haltung
auch die Gegner zu gewinnen wüßte. — Etwas Aehnliches gilt von Patow,
der freilich etwas schneller und heftiger spricht, den ich aber in einer größern
Rede zu beobachten keine Gelegenheit fand. — Kühne ist der Sprache nicht
mächtig, und schon seine schwache Stimme würde die Wirkung seiner Reden
beeinträchtigen; aber der feine Kopf dieses Mannes, der sich in einzelnen Be¬
merkungen geltend macht, würde auch dann die Aufmerksamkeit erzwingen, wenn
er nicht in allen finanziellen Angelegenheiten der Versammlung geradezu un¬
entbehrlich wäre. — Präsident Lette verdient seiner Aufopferung und Hinge¬
bung an die Sache wegen die größte Verehrung, und seine außerordentliche
Geschäftskenntniß, seine Einsicht in den staatswirthschaftlichen Zusammenhang
der öffentlichen Angelegenheiten würde ihm auch im Parlament eine hohe Be¬
deutung verleihen, wenn er nicht als Redner zu heftig und zu weitläufig wäre.
In einer Versammlung, wo man die entschiedene Majorität gegen sich hat,
ist es mißlich, die Aufmerksamkeit der Gegner erzwingen zu wollen; wenigstens
gehört eine anders organistrte Persönlichkeit dazu. Der Pole, von dem ich
in meinem vorigen Brief sprach, verstand es. Aber auch das ist ein Effect,
den man nicht zu häufig wiederholen darf. — An eigentlichem Rednertalent
übertrifft alle diese Männer der Präsident Wentzel. Er spricht langsam, aber
mit Kraft und Nachdruck und dabei mit jenem strengen Ernst des sittlichen Ge¬
fühls, der immer wohlthuend wirkt. Seine Reden würden noch viel besser
klingen, wenn er nicht zuweilen den Fehler beginge, dieselben durch allgemeine
oratorische Wendungen verschönern zu wollen. Bekanntlich begegnete ihm bei
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