Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.flammte. Die Erlasse des Ministeriums des Innern redeten zu den Leibeignen In demselben Maße, als das politische Ansehen Rußlands gesunken ist, Es bleibt noch von den beiden deutschen Großmächten zu sprechen. In flammte. Die Erlasse des Ministeriums des Innern redeten zu den Leibeignen In demselben Maße, als das politische Ansehen Rußlands gesunken ist, Es bleibt noch von den beiden deutschen Großmächten zu sprechen. In <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0525" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101518"/> <p xml:id="ID_1566" prev="#ID_1565"> flammte. Die Erlasse des Ministeriums des Innern redeten zu den Leibeignen<lb/> in einer Sprache, welche dieselben dahin verstanden haben, daß die Befreiung<lb/> von den Lasten, welche sie drücken, nahe bevorstehe. Ueberdies hat die Nation<lb/> die kühnsten Erwartungen der Negierung durch ihre Opferfreudigkeit noch über¬<lb/> troffen; je weniger aber die Militär- und Civilverwaltung den billigsten An¬<lb/> forderungen entsprochen hat, desto geneigter wird die-Nation sein, Garantien<lb/> gegen den Burcaukratismus zu verlangen, welcher in Rußland die Freiheit<lb/> des Einzelnen in Fesseln geschlagen hält, ohne dem Ganzen zu nützen.<lb/> Rußland wird nicht im Stande sein, die Ideen ganz von sich fern zu halten,<lb/> welche das ganze übrige Europa bewegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1567"> In demselben Maße, als das politische Ansehen Rußlands gesunken ist,<lb/> ist das Frankreichs durch diesen Krieg gestiegen. Die dynastische Politik Louis<lb/> Philipps hatte es auch da nicht zum Kriege kommen lassen, wo die nationale Ehre<lb/> es forderte. Die Julimonarchie wie die Republik hatten der Armee eine Stellung<lb/> angewiesen, wie sie den Traditionen derselben nicht entsprach. Man hatte sich daran<lb/> gewöhnt, von Frankreich nicht leicht Krieg zu erwarten, wo es sich um Fragen des<lb/> Einflusses handelte. Der Einfluß eines Staates im europäischen Völkerrathe beruht<lb/> aber zum Theil schon auf dem bloßen Glauben des übrigen Europa, daß derselbe<lb/> bereit sei, sich jeder Verletzung seiner Interessen mit dem Schwerte zu widersetzen.<lb/> Man hat jetzt diesen Glauben von Frankreich, man wird Ursache zu der Annahme<lb/> haben, daß die persönliche Politik des französischen Kaisers eher dem Kriege, als<lb/> dem Frieden geneigt sei. Der russische Krieg hat überdies ohne die finanziellen Kräfte<lb/> des Landes übermäßig anzustrengen, das Armeewesen in allen Beziehungen<lb/> verbessert, hat der Regierung im Inlande Achtung und dadurch Festigkeit ge¬<lb/> geben. Frankreich ist auf dem Kontinent diejenige Macht geworden, welche<lb/> die Politik Europas bestimmen wird — aber auch nur auf dem Kontinent.<lb/> Die maritimen Hilfsmittel, welche England in diesem Kriege entwickelt hat,<lb/> sichern ihm seinen frühern Einfluß in Europa. Auf die Bedeutung der eng¬<lb/> lischen Armee hat man freilich in England niemals, aber in den Cabineten<lb/> Europas großen Werth gelegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1568" next="#ID_1569"> Es bleibt noch von den beiden deutschen Großmächten zu sprechen. In<lb/> Preußen liebt die Regierungspartei es. das Glück zu rühmen, daß Preußen<lb/> von den Leiden des Krieges verschont geblieben sei. Nach der Behauptung einer<lb/> der Regierungscommissarien für die zweite Kammer ist ganz Preußen nur von<lb/> einem Dankgefühl dafür gegen die Regierung durchdrungen. Nun! dieses Glückes<lb/> kann sich auch Oestreich rühmen, auch Oestreich ist vom Kriege verschont ge¬<lb/> blieben, aber der Oestreicher hat seiner Regierung auch noch für etwas.Andres<lb/> zu danken, als sür den bloßen Frieden. Die Interessen Oestreichs an der<lb/> Donau sind durch die Entfernung Rußlands von diesem Flusse dauernd ge¬<lb/> sichert und zugleich hat Oestreich durch eine männliche Politik, welche es noch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0525]
flammte. Die Erlasse des Ministeriums des Innern redeten zu den Leibeignen
in einer Sprache, welche dieselben dahin verstanden haben, daß die Befreiung
von den Lasten, welche sie drücken, nahe bevorstehe. Ueberdies hat die Nation
die kühnsten Erwartungen der Negierung durch ihre Opferfreudigkeit noch über¬
troffen; je weniger aber die Militär- und Civilverwaltung den billigsten An¬
forderungen entsprochen hat, desto geneigter wird die-Nation sein, Garantien
gegen den Burcaukratismus zu verlangen, welcher in Rußland die Freiheit
des Einzelnen in Fesseln geschlagen hält, ohne dem Ganzen zu nützen.
Rußland wird nicht im Stande sein, die Ideen ganz von sich fern zu halten,
welche das ganze übrige Europa bewegen.
In demselben Maße, als das politische Ansehen Rußlands gesunken ist,
ist das Frankreichs durch diesen Krieg gestiegen. Die dynastische Politik Louis
Philipps hatte es auch da nicht zum Kriege kommen lassen, wo die nationale Ehre
es forderte. Die Julimonarchie wie die Republik hatten der Armee eine Stellung
angewiesen, wie sie den Traditionen derselben nicht entsprach. Man hatte sich daran
gewöhnt, von Frankreich nicht leicht Krieg zu erwarten, wo es sich um Fragen des
Einflusses handelte. Der Einfluß eines Staates im europäischen Völkerrathe beruht
aber zum Theil schon auf dem bloßen Glauben des übrigen Europa, daß derselbe
bereit sei, sich jeder Verletzung seiner Interessen mit dem Schwerte zu widersetzen.
Man hat jetzt diesen Glauben von Frankreich, man wird Ursache zu der Annahme
haben, daß die persönliche Politik des französischen Kaisers eher dem Kriege, als
dem Frieden geneigt sei. Der russische Krieg hat überdies ohne die finanziellen Kräfte
des Landes übermäßig anzustrengen, das Armeewesen in allen Beziehungen
verbessert, hat der Regierung im Inlande Achtung und dadurch Festigkeit ge¬
geben. Frankreich ist auf dem Kontinent diejenige Macht geworden, welche
die Politik Europas bestimmen wird — aber auch nur auf dem Kontinent.
Die maritimen Hilfsmittel, welche England in diesem Kriege entwickelt hat,
sichern ihm seinen frühern Einfluß in Europa. Auf die Bedeutung der eng¬
lischen Armee hat man freilich in England niemals, aber in den Cabineten
Europas großen Werth gelegt.
Es bleibt noch von den beiden deutschen Großmächten zu sprechen. In
Preußen liebt die Regierungspartei es. das Glück zu rühmen, daß Preußen
von den Leiden des Krieges verschont geblieben sei. Nach der Behauptung einer
der Regierungscommissarien für die zweite Kammer ist ganz Preußen nur von
einem Dankgefühl dafür gegen die Regierung durchdrungen. Nun! dieses Glückes
kann sich auch Oestreich rühmen, auch Oestreich ist vom Kriege verschont ge¬
blieben, aber der Oestreicher hat seiner Regierung auch noch für etwas.Andres
zu danken, als sür den bloßen Frieden. Die Interessen Oestreichs an der
Donau sind durch die Entfernung Rußlands von diesem Flusse dauernd ge¬
sichert und zugleich hat Oestreich durch eine männliche Politik, welche es noch
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