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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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ton strebte, wie aus seinen Briefen hervorgeht, seit lange darnach in seinem
eignen engeren Vaterland und besonders in Maryland. Als ein Zeichen von
dem Ernst der Ueberzeugungen, die er mit sich ins Grab nahm, und als ein
Beispiel für seine Zeitgenossen, war sein letzter Wille ein Act der Emancipation
seiner Sklaven. Jefferson, unter dessen Führung die demokratische Partei sich
organisirte, arbeitete als Mitglied des Comites für die Revision der Gesetze
von Virginien einen Plan zur allmäligen Emancipation und Colonisation der
Sklaven aus. Er sprach die Prophezeihung aus, daß, wenn nicht bei Zeiten
Maßregeln in dieser Hinsicht getroffen und "die Sache ihrem eignen noth¬
wendigen Gange überlassen würde, das menschliche Gefühl vor den Aussichten
zurückschaudern müsse, die sich eröffnen. Wir würden, fügte er hinzu, vergeblich
nach einem Beispiel in der spanischen Deportation und Vertilgung der Mooren
suchen. Dieser Vorgang würde unsern Fall weit hinter sich lassen." Auch er
stellte, wie Washington, in seinem letzten Willen eine Mahnung und ein Bei¬
spiel für seine Landsleute auf. Bezeichnender für den Geist, der bis vor kurzem
die Union bei der Anschauung der Sklavcnfrage durchwehte, sind die Worte
desselben Randolph, den wir erwähnt, als er im Jahr 1826 gegen die Ein¬
mischung der Abolitionisten in die Angelegenheiten des Südens sprach und die
wir vollständig hersetzen, da sie südliches Wesen und Charakter zugleich treffend
charakleristren.

"Sir, ich weiß, eS gibt hier Herren nicht allein aus den nördlichen, son¬
dern auch aus den südlichen Staaten, welche glauben, daß diese unglückliche
Frage -- denn eine solche ist es -- der Negersklaverei, welche die Verfassung
vergebens versucht hat, nicht durchblicken zu lassen, indem sie das Wort ver¬
mied, niemals öffentlich erwähnt werden sollte, besonders nicht im Kongreß und
noch weniger an diesem Platze. Sir, bei allem gebührenden Respect gegen die
Herren, welche dieser Meinung sind, weicht' ich von ihnen tot" caelo ab. Sir,
das ist ein Ding, das nicht verborgen werden kann. Das ist kein trocken
fauler Fleck rot), den Sie mit einem Teppich zudecken können, bis Ihnen
das Haus über dem Kopf zusammenstürzt. Sie mögen ebensogut versuchen,
einen im Ausbruch begriffenen Vulkan zu verbergen, er kann nicht verborgen
werden. ES ist ein Krebs in ihrem Gesicht, der soLunclurri artem geheilt werden
muß. Er darf nicht von Quacksalbern rurirt werden, die niemals weder die
Krankheit noch den Patienten gesehen haben und über den atlantischen Ocean
herüber ihre Recepte schicken; aber er wird es werden, wenn sie ihn in Ruhe
lassen wollen, und ich habe meinen Antrag auf dirses Princip des Gehenlassens
gestellt.

Die vorliegende Frage ist diese, ist dies ein Gegenstand von unausweich¬
licher Tragweite? -- Ich stelle diese Frage nicht an Sie, Sir; ich weiß, was
Ihre Antwort sein wird; ich weiß, was die An.twort jedes Ehemannes, Vaters,


ton strebte, wie aus seinen Briefen hervorgeht, seit lange darnach in seinem
eignen engeren Vaterland und besonders in Maryland. Als ein Zeichen von
dem Ernst der Ueberzeugungen, die er mit sich ins Grab nahm, und als ein
Beispiel für seine Zeitgenossen, war sein letzter Wille ein Act der Emancipation
seiner Sklaven. Jefferson, unter dessen Führung die demokratische Partei sich
organisirte, arbeitete als Mitglied des Comites für die Revision der Gesetze
von Virginien einen Plan zur allmäligen Emancipation und Colonisation der
Sklaven aus. Er sprach die Prophezeihung aus, daß, wenn nicht bei Zeiten
Maßregeln in dieser Hinsicht getroffen und „die Sache ihrem eignen noth¬
wendigen Gange überlassen würde, das menschliche Gefühl vor den Aussichten
zurückschaudern müsse, die sich eröffnen. Wir würden, fügte er hinzu, vergeblich
nach einem Beispiel in der spanischen Deportation und Vertilgung der Mooren
suchen. Dieser Vorgang würde unsern Fall weit hinter sich lassen." Auch er
stellte, wie Washington, in seinem letzten Willen eine Mahnung und ein Bei¬
spiel für seine Landsleute auf. Bezeichnender für den Geist, der bis vor kurzem
die Union bei der Anschauung der Sklavcnfrage durchwehte, sind die Worte
desselben Randolph, den wir erwähnt, als er im Jahr 1826 gegen die Ein¬
mischung der Abolitionisten in die Angelegenheiten des Südens sprach und die
wir vollständig hersetzen, da sie südliches Wesen und Charakter zugleich treffend
charakleristren.

„Sir, ich weiß, eS gibt hier Herren nicht allein aus den nördlichen, son¬
dern auch aus den südlichen Staaten, welche glauben, daß diese unglückliche
Frage — denn eine solche ist es — der Negersklaverei, welche die Verfassung
vergebens versucht hat, nicht durchblicken zu lassen, indem sie das Wort ver¬
mied, niemals öffentlich erwähnt werden sollte, besonders nicht im Kongreß und
noch weniger an diesem Platze. Sir, bei allem gebührenden Respect gegen die
Herren, welche dieser Meinung sind, weicht' ich von ihnen tot» caelo ab. Sir,
das ist ein Ding, das nicht verborgen werden kann. Das ist kein trocken
fauler Fleck rot), den Sie mit einem Teppich zudecken können, bis Ihnen
das Haus über dem Kopf zusammenstürzt. Sie mögen ebensogut versuchen,
einen im Ausbruch begriffenen Vulkan zu verbergen, er kann nicht verborgen
werden. ES ist ein Krebs in ihrem Gesicht, der soLunclurri artem geheilt werden
muß. Er darf nicht von Quacksalbern rurirt werden, die niemals weder die
Krankheit noch den Patienten gesehen haben und über den atlantischen Ocean
herüber ihre Recepte schicken; aber er wird es werden, wenn sie ihn in Ruhe
lassen wollen, und ich habe meinen Antrag auf dirses Princip des Gehenlassens
gestellt.

Die vorliegende Frage ist diese, ist dies ein Gegenstand von unausweich¬
licher Tragweite? — Ich stelle diese Frage nicht an Sie, Sir; ich weiß, was
Ihre Antwort sein wird; ich weiß, was die An.twort jedes Ehemannes, Vaters,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/102>, abgerufen am 15.06.2024.