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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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sein gestohlenes Gepäck, nach dessen genauer Beschreibung es heißt: "alles dies
gehört einem Herrn, (einem nahestehenden Diener seiner Majestät) der zu lange
eingekerkert und seiner Güter beraubt gewesen ist, um jetzt bestohlen zu werden,
wo jedermann hofft, seines Eigenthums froh zu werden." Bald sangen sich
auch die Gewohnheiten und Liebhabereien des Königs an im Merkur bemerk¬
lich zu machen, der jetzt nicht mehr IVIsreurwg politieus > sondern Nercurws
Mklicms heißt. Seine Spalten, nun ganz unter allerhöchster Direktion, athmen
giftigen Haß gegen die Puritaner und dienen nebenbei zu Erkundigungen nach
gestohlenen Lieblingshunden seiner Majestät. Eins von diesen Inseraten dürste
von der Hand des Königs selbst herrühren: "Wir müssen Euch abermals
dringend ersuchen, Euch um einen schwarzen Hund zu bemühn, halb Wind¬
spiel, halb Hühnerhund; kein Weiß an ihm, nur ein Streif auf der Brust
und der Schweif ein wenig gestutzt. Es ist seiner Majestät eigner Hund und
ward ohne Zweifel gestohlen, denn er war nicht geworfen, noch gezogen in
England und würde seinen Herrn nicht verlassen. Wer ihn findet, mag es
irgend jemand in Whitehal anzeigen, denn der Hund war besser bei Hof
bekannt, als der Mann, der ihn stahl. Werden sie denn nie aufhören, Seine
Majestät zu berauben? Soll er nicht einen Hund halten? Die Stelle dieses
Hundes, (obgleich besser als manche sich denken) ist die einzige Stelle, um die
niemand sollicitirt." Später erkundigt sich seine Majestät noch nach verschiedenen
andern Ködern und dann machen Prinz Rupert, Buckingham'oder Mylord Albe-
marle ihre abhanden gekommenen Hunde in der London Gazette bekannt. Mit dem
König waren alle von den Puritanern verdammte Sports wiedergekehrt, auch
einige Anzeigen von gestohlenen Falken stehen in der London Gazette. Dies
Blatt ist das einzige in jenen Tagen begründete, das noch besteht; es war
damals schon das officielle Hofblatt und hat diesen Charakter beibehalten.
Auch dieses enthält neben Nachrichten aus dem Auslande, königlichen Procla-
mationen u. f. w. Anzeigen verschiedener Art; besonders haben sich die da¬
maligen Quacksalber seiner Spalten bedient, um ihre Geheimmittel anzupreisen.
Nervenpulver, Specifica für Podagra, Rheumatismen, alle Lungenkrankheiten
und Pest, vortreffliche Zahnpulver werden empfohlen und die Leser am Schluß der
Anzeigen gewarnt, sich vor Fälschern in Acht zu nehmen, welche diese Mittel
"zur Schädigung der Gentlemen und großem Betrug des Volkes" nachmachen.
Unter diesen Wohlthätern der Menschheit, die ihre Hilfe durch die Zeitungen an¬
bieten, ist auch -- der König. Er macht am l i. Mai 166i folgendes bekannt.
"Seine geheiligte Majestät hat erklärt, daß es Ihr königlicher Wille und Absicht
ist, mit der Heilung der Leute von den Skroph'ein während des Monats Mai
fortzufahren und dann bis zu nächstem Michael auszusetzen. Ich habe daher
den Befehl erhalten, dies anzuzeigen, damit die Leute nicht in der Zwischenzeit
Zur Stadt kommen und ihre Mühe verlieren." Der Glaube, daß in der Be-


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sein gestohlenes Gepäck, nach dessen genauer Beschreibung es heißt: „alles dies
gehört einem Herrn, (einem nahestehenden Diener seiner Majestät) der zu lange
eingekerkert und seiner Güter beraubt gewesen ist, um jetzt bestohlen zu werden,
wo jedermann hofft, seines Eigenthums froh zu werden." Bald sangen sich
auch die Gewohnheiten und Liebhabereien des Königs an im Merkur bemerk¬
lich zu machen, der jetzt nicht mehr IVIsreurwg politieus > sondern Nercurws
Mklicms heißt. Seine Spalten, nun ganz unter allerhöchster Direktion, athmen
giftigen Haß gegen die Puritaner und dienen nebenbei zu Erkundigungen nach
gestohlenen Lieblingshunden seiner Majestät. Eins von diesen Inseraten dürste
von der Hand des Königs selbst herrühren: „Wir müssen Euch abermals
dringend ersuchen, Euch um einen schwarzen Hund zu bemühn, halb Wind¬
spiel, halb Hühnerhund; kein Weiß an ihm, nur ein Streif auf der Brust
und der Schweif ein wenig gestutzt. Es ist seiner Majestät eigner Hund und
ward ohne Zweifel gestohlen, denn er war nicht geworfen, noch gezogen in
England und würde seinen Herrn nicht verlassen. Wer ihn findet, mag es
irgend jemand in Whitehal anzeigen, denn der Hund war besser bei Hof
bekannt, als der Mann, der ihn stahl. Werden sie denn nie aufhören, Seine
Majestät zu berauben? Soll er nicht einen Hund halten? Die Stelle dieses
Hundes, (obgleich besser als manche sich denken) ist die einzige Stelle, um die
niemand sollicitirt." Später erkundigt sich seine Majestät noch nach verschiedenen
andern Ködern und dann machen Prinz Rupert, Buckingham'oder Mylord Albe-
marle ihre abhanden gekommenen Hunde in der London Gazette bekannt. Mit dem
König waren alle von den Puritanern verdammte Sports wiedergekehrt, auch
einige Anzeigen von gestohlenen Falken stehen in der London Gazette. Dies
Blatt ist das einzige in jenen Tagen begründete, das noch besteht; es war
damals schon das officielle Hofblatt und hat diesen Charakter beibehalten.
Auch dieses enthält neben Nachrichten aus dem Auslande, königlichen Procla-
mationen u. f. w. Anzeigen verschiedener Art; besonders haben sich die da¬
maligen Quacksalber seiner Spalten bedient, um ihre Geheimmittel anzupreisen.
Nervenpulver, Specifica für Podagra, Rheumatismen, alle Lungenkrankheiten
und Pest, vortreffliche Zahnpulver werden empfohlen und die Leser am Schluß der
Anzeigen gewarnt, sich vor Fälschern in Acht zu nehmen, welche diese Mittel
„zur Schädigung der Gentlemen und großem Betrug des Volkes" nachmachen.
Unter diesen Wohlthätern der Menschheit, die ihre Hilfe durch die Zeitungen an¬
bieten, ist auch — der König. Er macht am l i. Mai 166i folgendes bekannt.
„Seine geheiligte Majestät hat erklärt, daß es Ihr königlicher Wille und Absicht
ist, mit der Heilung der Leute von den Skroph'ein während des Monats Mai
fortzufahren und dann bis zu nächstem Michael auszusetzen. Ich habe daher
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/131>, abgerufen am 15.06.2024.