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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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übereilt sein und sich mit der Versicherung nicht vertragen, womit ich schließe,
daß ich nichts angelegentlicher wünsche, als Ew. Hochwohlgeb. gefällig sein
zu können." (1793)

An Kirms.

"Wenn ich mich nicht in der Physiognomie des Steinbrückschen und Becht-
holdheimischen Schreibens äußerst irre, so ist das liebe theatralische Paar
wenig oder nicht zu brauchen. Haben Sie die Güte, die von mir doppelt
unterstrichenen Stellen anzusehn, und Sie werden finden, daß nicht viel zu
ihren Gunsten gesagt ist. Ich wollte wetten, die Frau ist aus keinem Theater
gewesen und er ist ein Hasenfuß,

In meinem Leben habe ich so oft bemerkt, daß Menschen, die sonst zu¬
verlässig sind, gegen jemand, der eine Stelle zu vergeben hat, gar kein Ge¬
wissen haben. Man will die Leute anbringen, und wir mögen nachher sehen,
wie wir sie los werden. Wäre unsere Gesellschaft jetzt in Weimar, so könnte
man einen Versuch machen, unter jetzigen Umständen aber kosten uns die
Leute gewiß über 100 Thaler, bis wir sie wieder los werden. Dies ist so
meine Meinung; haben Sie aber irgend ein Zutrauen zu der hübschen Figur,
wie sie beschrieben wird, so will ich auch nicht dagegen sein, denn man muß
ja allerlei bringen. Leben Sie recht wohl, ich hoffe Sie bald wieder zu sehen.


G."

Oberroßla, 19. September 1798.

Herrn Weyrauch in Frankfurt a. M.

Aus Ihr an mich erlassenes zutrauliches Schreiben kann ich Ihnen, mein
lieber Weyrauch, mit eben der Offenheit sogleich antworten.

Sie wissen, daß ich Sie und Ihre Frau ungern verlor, sowol weil ich uns
den Genuß Ihrer Talente ungern entzogen sah, als weil eine neue Einrichtung
des Personals viel Unannehmlichkeiten verursacht. Nun sind zwar Ihre und
Ihrer Frau Fächer wieder besetzt, allein ich habe längst gewünscht, mehre gute
Schauspieler auf unserm Theater nebeneinander zu sehen, denn wie manche
Opern müssen aus Mangel eines vollständigen Personals zurückbleiben und
wie sehr muß das Publicum durch die Unpäßlichkeiten eines Schauspielers
leiden, wenn er mit Rollen überhäuft und gar keine Abwechselung mög¬
lich ist!

Diese Betrachtungen erhalten bei mir ein noch weit größeres Gewicht
durch die Vorsprache unserer gnädigsten Herzogin und ich nehme Ihr Aner¬
bieten an und engagire Sie aus die ehemaligen Bedingungen auf drei Jahre
von Michaelis an in der Voraussetzung, daß Sie meiner Einsicht und meinem
gewiß immer billigen Ermessen anheim geben, Ihre und Ihrer Frau Talente
nach der jedesmaligen Lage der Gesellschaft in Thätigkeit zu setzen.

Ich mache wegen einiger einzustudirenden Opern sogleich meine Einrich¬
tungen aus Ihre Ankunft, welche mit Michael um so leichter erfolgen kann,


übereilt sein und sich mit der Versicherung nicht vertragen, womit ich schließe,
daß ich nichts angelegentlicher wünsche, als Ew. Hochwohlgeb. gefällig sein
zu können." (1793)

An Kirms.

„Wenn ich mich nicht in der Physiognomie des Steinbrückschen und Becht-
holdheimischen Schreibens äußerst irre, so ist das liebe theatralische Paar
wenig oder nicht zu brauchen. Haben Sie die Güte, die von mir doppelt
unterstrichenen Stellen anzusehn, und Sie werden finden, daß nicht viel zu
ihren Gunsten gesagt ist. Ich wollte wetten, die Frau ist aus keinem Theater
gewesen und er ist ein Hasenfuß,

In meinem Leben habe ich so oft bemerkt, daß Menschen, die sonst zu¬
verlässig sind, gegen jemand, der eine Stelle zu vergeben hat, gar kein Ge¬
wissen haben. Man will die Leute anbringen, und wir mögen nachher sehen,
wie wir sie los werden. Wäre unsere Gesellschaft jetzt in Weimar, so könnte
man einen Versuch machen, unter jetzigen Umständen aber kosten uns die
Leute gewiß über 100 Thaler, bis wir sie wieder los werden. Dies ist so
meine Meinung; haben Sie aber irgend ein Zutrauen zu der hübschen Figur,
wie sie beschrieben wird, so will ich auch nicht dagegen sein, denn man muß
ja allerlei bringen. Leben Sie recht wohl, ich hoffe Sie bald wieder zu sehen.


G."

Oberroßla, 19. September 1798.

Herrn Weyrauch in Frankfurt a. M.

Aus Ihr an mich erlassenes zutrauliches Schreiben kann ich Ihnen, mein
lieber Weyrauch, mit eben der Offenheit sogleich antworten.

Sie wissen, daß ich Sie und Ihre Frau ungern verlor, sowol weil ich uns
den Genuß Ihrer Talente ungern entzogen sah, als weil eine neue Einrichtung
des Personals viel Unannehmlichkeiten verursacht. Nun sind zwar Ihre und
Ihrer Frau Fächer wieder besetzt, allein ich habe längst gewünscht, mehre gute
Schauspieler auf unserm Theater nebeneinander zu sehen, denn wie manche
Opern müssen aus Mangel eines vollständigen Personals zurückbleiben und
wie sehr muß das Publicum durch die Unpäßlichkeiten eines Schauspielers
leiden, wenn er mit Rollen überhäuft und gar keine Abwechselung mög¬
lich ist!

Diese Betrachtungen erhalten bei mir ein noch weit größeres Gewicht
durch die Vorsprache unserer gnädigsten Herzogin und ich nehme Ihr Aner¬
bieten an und engagire Sie aus die ehemaligen Bedingungen auf drei Jahre
von Michaelis an in der Voraussetzung, daß Sie meiner Einsicht und meinem
gewiß immer billigen Ermessen anheim geben, Ihre und Ihrer Frau Talente
nach der jedesmaligen Lage der Gesellschaft in Thätigkeit zu setzen.

Ich mache wegen einiger einzustudirenden Opern sogleich meine Einrich¬
tungen aus Ihre Ankunft, welche mit Michael um so leichter erfolgen kann,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/230>, abgerufen am 26.05.2024.