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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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nicht auffallend, wenn man weiß, daß nach den sorgfältigsten Untersuchungen
ein tüchtiger weißer Arbeiter, so lange er nicht durch das Beispiel der Sklaven¬
arbeit selbst demoralisirt ist, im Durchschnitte die Arbeit von vier Sklaven ver¬
richtet, daß ferner im Durchschnitte -- Weiber, Kinder, Alte, Kranke und
Gebrechliche eingerechnet -- immer drei Sklaven gehalten werden müssen, um
die volle Arbeit eines Sklaven zu haben, so baß also der Besitz von zwölf
Sklaven nöthig ist, um die Leistung eines einzigen tüchtigen, weißen
Arbeiters zu ersetzen, sofern sie überhaupt ersetzt werden kann.

Ob man sich nun in Virginien über die nothwendigen Folgen der Ein¬
wanderung einer arbeitenden weißen Bevölkerung klar ist oder nicht, und ob
die, welche sich darüber klar sind, sie wünschen ober nicht, -- eine solche Ein¬
wanderung geht im Stillen vor sich. In die nördlichen Grafschaften des
Staates dringt, hauptsächlich aus Pennsylvanien, eine Bevölkerung ein,
welche meist deutschen Stammes ist, und welche durch ihren Fleiß, der sich
mit Abneigung gegen die Sklaverei verbindet, dem Lande allmälig eine andere
Gestalt gibt. Die Wirkung dieser Einwanderung wirb durch folgende Zeug¬
nisse in ein Nares Licht gesetzt.*)

"In Surrey, Prince George, Charles Cleo und James -- Grafschaften,
welche am James River liegen und einen Boden haben, der von Natur zu
dem besten des Staates gehört, wozu noch die Vortheile einer Umgebung
kommen, die seit zweihundert Jahren in Cultur ist, beträgt der Durchschnitts¬
wert!) der Landgüter nur 6 Dollars pr. Acker. Die Zahl der Sklaven ver¬
hält sich jetzt zu der weißen Bevölkerung wie 1 zu 1,9.

"In Fairfar, einer Grafschaft, die ebenfalls zu den am frühesten culti-
virten Theilen deö Staates gehört, hatte das Land vor zwanzig Jahren einen
noch geringeren Werth als in den Grafschaften am James River, -- jetzt
ist fein Werth doppelt fo hoch als in diesen. Vormals war die Sklaven¬
bevölkerung der Grafschaft größer als die Zahl der Weißen, jetzt beträgt sie --
infolge von Auswanderung und Verkauf -- nur noch die Hälfte der letz¬
teren. An die Stelle der Sklaven ist eine andere Menschenclasse getreten.
Die dadurch bewirkte Umwandlung wirb in dem Berichte deS Patent Office
für 4852 aus folgende Weise geschildert:

"Die Grafschaft ist an vielen Stellen so gänzlich verwandelt, daß ein
Reisender, der sie seit zehn Jahren nicht gesehen, sie nicht wieder erkennen
würde. Tausende und Tausende von Ackern Landes, welche früher mit Tabak
bepflanzt, erschöpft, verlassen worden und verwildert waren, sind von Einwan-



*) Olmsted, LeaKosrä LIavs Ltktes. -- Diesem schon von mir erwähnten Buche,
welche" über die Wirkungen der Sklaverei ein ganz neues Licht verbreitet, sind die meisten
in diesem Capitel enthaltenen Anführungen entnommen. Die oben angegebenen Zahlen
stützen sich auf den Census von

nicht auffallend, wenn man weiß, daß nach den sorgfältigsten Untersuchungen
ein tüchtiger weißer Arbeiter, so lange er nicht durch das Beispiel der Sklaven¬
arbeit selbst demoralisirt ist, im Durchschnitte die Arbeit von vier Sklaven ver¬
richtet, daß ferner im Durchschnitte — Weiber, Kinder, Alte, Kranke und
Gebrechliche eingerechnet — immer drei Sklaven gehalten werden müssen, um
die volle Arbeit eines Sklaven zu haben, so baß also der Besitz von zwölf
Sklaven nöthig ist, um die Leistung eines einzigen tüchtigen, weißen
Arbeiters zu ersetzen, sofern sie überhaupt ersetzt werden kann.

Ob man sich nun in Virginien über die nothwendigen Folgen der Ein¬
wanderung einer arbeitenden weißen Bevölkerung klar ist oder nicht, und ob
die, welche sich darüber klar sind, sie wünschen ober nicht, — eine solche Ein¬
wanderung geht im Stillen vor sich. In die nördlichen Grafschaften des
Staates dringt, hauptsächlich aus Pennsylvanien, eine Bevölkerung ein,
welche meist deutschen Stammes ist, und welche durch ihren Fleiß, der sich
mit Abneigung gegen die Sklaverei verbindet, dem Lande allmälig eine andere
Gestalt gibt. Die Wirkung dieser Einwanderung wirb durch folgende Zeug¬
nisse in ein Nares Licht gesetzt.*)

„In Surrey, Prince George, Charles Cleo und James — Grafschaften,
welche am James River liegen und einen Boden haben, der von Natur zu
dem besten des Staates gehört, wozu noch die Vortheile einer Umgebung
kommen, die seit zweihundert Jahren in Cultur ist, beträgt der Durchschnitts¬
wert!) der Landgüter nur 6 Dollars pr. Acker. Die Zahl der Sklaven ver¬
hält sich jetzt zu der weißen Bevölkerung wie 1 zu 1,9.

„In Fairfar, einer Grafschaft, die ebenfalls zu den am frühesten culti-
virten Theilen deö Staates gehört, hatte das Land vor zwanzig Jahren einen
noch geringeren Werth als in den Grafschaften am James River, — jetzt
ist fein Werth doppelt fo hoch als in diesen. Vormals war die Sklaven¬
bevölkerung der Grafschaft größer als die Zahl der Weißen, jetzt beträgt sie —
infolge von Auswanderung und Verkauf — nur noch die Hälfte der letz¬
teren. An die Stelle der Sklaven ist eine andere Menschenclasse getreten.
Die dadurch bewirkte Umwandlung wirb in dem Berichte deS Patent Office
für 4852 aus folgende Weise geschildert:

„Die Grafschaft ist an vielen Stellen so gänzlich verwandelt, daß ein
Reisender, der sie seit zehn Jahren nicht gesehen, sie nicht wieder erkennen
würde. Tausende und Tausende von Ackern Landes, welche früher mit Tabak
bepflanzt, erschöpft, verlassen worden und verwildert waren, sind von Einwan-



*) Olmsted, LeaKosrä LIavs Ltktes. — Diesem schon von mir erwähnten Buche,
welche« über die Wirkungen der Sklaverei ein ganz neues Licht verbreitet, sind die meisten
in diesem Capitel enthaltenen Anführungen entnommen. Die oben angegebenen Zahlen
stützen sich auf den Census von
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/119>, abgerufen am 14.06.2024.