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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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zelnen Bank zum Einlösen präsentirt, ein in England und Nordamerika viel¬
fach vorgekommenes Manoeuvre, das gar leicht den Sturz einer Bank bewirken
kann. Eine Eigenthümlichkeit der schottischen Banken ist eS ferner, daß sie
Noten bis zum Betrage von 1 Pf. Se. ausgeben, während englische Bank¬
noten sich nicht unter ö Pf. Se. belaufen dürfen. Die schottischen Banknoten
gehen daher auch in viel weitere Kreise als die englischen, und ganz im
Gegensatz zu vielen iheoretischcn Ansichten, wie sie namentlich auch von der
preußischen Negierung bei Gelegenheit des Verbots fremden Papiergeldes unter
10 Thlr. ausgesprochen wurden, legt man in Schottland auf die 1 Pf. Se.
Noten so viel Werth, daß Sir R. Peel sein Vorhaben, die Beschränkung auf
S Pf. Se. Noten auch in Schottland einzuführen, an dem einstimmigen Wider¬
spruch, der ihm von daher ward, aufgeben mußte. Aber die schottischen Banken
leisten dem Publicum auch ganz ungewöhnliche Dienste, unscheinbar freilich
äußerlich, aber von der nachhaltigsten Bedeutung. Sie sind zunächst die all¬
gemeinen Sparkassen deS Landes, so zwar daß sie Einlagen auch in den
kleinsten Beträgen jederzeit annehmen, sie sofort verzinsen und auf Verlangen
sogleich zurückbezahlen. Sparkassen haben wir in Deutschland allerdings ge¬
nug, meistentheils aber nur in philantropischer Absicht gegründet und darum
in der Regel nicht geschäftsmäßig genug verwaltet. Namentlich ist eS eine
bei den deutschen Sparkassen übliche, allerdings in solchen Verhältnissen be¬
gründete, aber gewiß nicht zweckmäßige Einrichtung, daß Einlagen nicht unter
einer gewissen Höhe, und nur zu bestimmten Zeiten einbezahlt oder zurück¬
gegeben werden können. Wie ganz anders in Schottland, wo der Sparsinn
eine tägliche, ja stündliche Gelegenheit hat, sich zu bethätigen und andererseits
der Einleger sofort nach Bedürfniß sein Geld zurückerhalten kann, also bei
plötzlich veranlaßten größern Ausgaben nicht in die peinliche Verlegenheit
geraes sein Geld nicht zu haben, vielleicht gar mit Verlust sein Sparkassenbuch
zu pervsanden oder zu verkaufen. Es ist von schottischen Schriftstellern viel¬
fach hervorgehoben worden, daß vielleicht keiner Einrichtung mehr als dieser
die schottische Bevölkerung jenen Ruf der Sparsamkeit und Nüchternheit ver¬
dankt, wegen deren sie sprichwörtlich geworden ist. Deutsche Sparkassen werden
allerdings so lange nicht dasselbe leisten können, als sie außer Verbindung
mit einem schwunghaften Bankbelrieb stehen, da sonst die Kosten der Verwal¬
tung und der Zinsenvergütung unerschwinglich wären; daß aber eine solche
Verbindung bald eintrete, dürfte mancher bestehenden Verhältnisse wegen
kaum zu erwarten sein.

Noch durch einen andern Punkt unterscheiden sich die schottischen Banken
sehr vortheilhaft von deutschen Sparkassen und deutschen Banken überhaupt.
Letztere verwenden ihre Capitalien vorzugsweise im großen Verkehr, die Spar¬
kassen Mi ist in möglichst sichern Hypotheken, die Banken im Discontiren von


zelnen Bank zum Einlösen präsentirt, ein in England und Nordamerika viel¬
fach vorgekommenes Manoeuvre, das gar leicht den Sturz einer Bank bewirken
kann. Eine Eigenthümlichkeit der schottischen Banken ist eS ferner, daß sie
Noten bis zum Betrage von 1 Pf. Se. ausgeben, während englische Bank¬
noten sich nicht unter ö Pf. Se. belaufen dürfen. Die schottischen Banknoten
gehen daher auch in viel weitere Kreise als die englischen, und ganz im
Gegensatz zu vielen iheoretischcn Ansichten, wie sie namentlich auch von der
preußischen Negierung bei Gelegenheit des Verbots fremden Papiergeldes unter
10 Thlr. ausgesprochen wurden, legt man in Schottland auf die 1 Pf. Se.
Noten so viel Werth, daß Sir R. Peel sein Vorhaben, die Beschränkung auf
S Pf. Se. Noten auch in Schottland einzuführen, an dem einstimmigen Wider¬
spruch, der ihm von daher ward, aufgeben mußte. Aber die schottischen Banken
leisten dem Publicum auch ganz ungewöhnliche Dienste, unscheinbar freilich
äußerlich, aber von der nachhaltigsten Bedeutung. Sie sind zunächst die all¬
gemeinen Sparkassen deS Landes, so zwar daß sie Einlagen auch in den
kleinsten Beträgen jederzeit annehmen, sie sofort verzinsen und auf Verlangen
sogleich zurückbezahlen. Sparkassen haben wir in Deutschland allerdings ge¬
nug, meistentheils aber nur in philantropischer Absicht gegründet und darum
in der Regel nicht geschäftsmäßig genug verwaltet. Namentlich ist eS eine
bei den deutschen Sparkassen übliche, allerdings in solchen Verhältnissen be¬
gründete, aber gewiß nicht zweckmäßige Einrichtung, daß Einlagen nicht unter
einer gewissen Höhe, und nur zu bestimmten Zeiten einbezahlt oder zurück¬
gegeben werden können. Wie ganz anders in Schottland, wo der Sparsinn
eine tägliche, ja stündliche Gelegenheit hat, sich zu bethätigen und andererseits
der Einleger sofort nach Bedürfniß sein Geld zurückerhalten kann, also bei
plötzlich veranlaßten größern Ausgaben nicht in die peinliche Verlegenheit
geraes sein Geld nicht zu haben, vielleicht gar mit Verlust sein Sparkassenbuch
zu pervsanden oder zu verkaufen. Es ist von schottischen Schriftstellern viel¬
fach hervorgehoben worden, daß vielleicht keiner Einrichtung mehr als dieser
die schottische Bevölkerung jenen Ruf der Sparsamkeit und Nüchternheit ver¬
dankt, wegen deren sie sprichwörtlich geworden ist. Deutsche Sparkassen werden
allerdings so lange nicht dasselbe leisten können, als sie außer Verbindung
mit einem schwunghaften Bankbelrieb stehen, da sonst die Kosten der Verwal¬
tung und der Zinsenvergütung unerschwinglich wären; daß aber eine solche
Verbindung bald eintrete, dürfte mancher bestehenden Verhältnisse wegen
kaum zu erwarten sein.

Noch durch einen andern Punkt unterscheiden sich die schottischen Banken
sehr vortheilhaft von deutschen Sparkassen und deutschen Banken überhaupt.
Letztere verwenden ihre Capitalien vorzugsweise im großen Verkehr, die Spar¬
kassen Mi ist in möglichst sichern Hypotheken, die Banken im Discontiren von


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[0026] zelnen Bank zum Einlösen präsentirt, ein in England und Nordamerika viel¬ fach vorgekommenes Manoeuvre, das gar leicht den Sturz einer Bank bewirken kann. Eine Eigenthümlichkeit der schottischen Banken ist eS ferner, daß sie Noten bis zum Betrage von 1 Pf. Se. ausgeben, während englische Bank¬ noten sich nicht unter ö Pf. Se. belaufen dürfen. Die schottischen Banknoten gehen daher auch in viel weitere Kreise als die englischen, und ganz im Gegensatz zu vielen iheoretischcn Ansichten, wie sie namentlich auch von der preußischen Negierung bei Gelegenheit des Verbots fremden Papiergeldes unter 10 Thlr. ausgesprochen wurden, legt man in Schottland auf die 1 Pf. Se. Noten so viel Werth, daß Sir R. Peel sein Vorhaben, die Beschränkung auf S Pf. Se. Noten auch in Schottland einzuführen, an dem einstimmigen Wider¬ spruch, der ihm von daher ward, aufgeben mußte. Aber die schottischen Banken leisten dem Publicum auch ganz ungewöhnliche Dienste, unscheinbar freilich äußerlich, aber von der nachhaltigsten Bedeutung. Sie sind zunächst die all¬ gemeinen Sparkassen deS Landes, so zwar daß sie Einlagen auch in den kleinsten Beträgen jederzeit annehmen, sie sofort verzinsen und auf Verlangen sogleich zurückbezahlen. Sparkassen haben wir in Deutschland allerdings ge¬ nug, meistentheils aber nur in philantropischer Absicht gegründet und darum in der Regel nicht geschäftsmäßig genug verwaltet. Namentlich ist eS eine bei den deutschen Sparkassen übliche, allerdings in solchen Verhältnissen be¬ gründete, aber gewiß nicht zweckmäßige Einrichtung, daß Einlagen nicht unter einer gewissen Höhe, und nur zu bestimmten Zeiten einbezahlt oder zurück¬ gegeben werden können. Wie ganz anders in Schottland, wo der Sparsinn eine tägliche, ja stündliche Gelegenheit hat, sich zu bethätigen und andererseits der Einleger sofort nach Bedürfniß sein Geld zurückerhalten kann, also bei plötzlich veranlaßten größern Ausgaben nicht in die peinliche Verlegenheit geraes sein Geld nicht zu haben, vielleicht gar mit Verlust sein Sparkassenbuch zu pervsanden oder zu verkaufen. Es ist von schottischen Schriftstellern viel¬ fach hervorgehoben worden, daß vielleicht keiner Einrichtung mehr als dieser die schottische Bevölkerung jenen Ruf der Sparsamkeit und Nüchternheit ver¬ dankt, wegen deren sie sprichwörtlich geworden ist. Deutsche Sparkassen werden allerdings so lange nicht dasselbe leisten können, als sie außer Verbindung mit einem schwunghaften Bankbelrieb stehen, da sonst die Kosten der Verwal¬ tung und der Zinsenvergütung unerschwinglich wären; daß aber eine solche Verbindung bald eintrete, dürfte mancher bestehenden Verhältnisse wegen kaum zu erwarten sein. Noch durch einen andern Punkt unterscheiden sich die schottischen Banken sehr vortheilhaft von deutschen Sparkassen und deutschen Banken überhaupt. Letztere verwenden ihre Capitalien vorzugsweise im großen Verkehr, die Spar¬ kassen Mi ist in möglichst sichern Hypotheken, die Banken im Discontiren von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/26>, abgerufen am 21.05.2024.