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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Bankgeschäft, das andere zur Ausgabe von Banknoten, letztere zur Höhe von
höchstens 1i Mill. Pf, Se. auf Sicherheiten der öffentlichen Staatsschuld, fer¬
ner zwei Drittel der Beträge solcher Privat- (Land-) Banken, welche aufhören
Papiergeld auszugeben, und endlich für so viel alö noch außerdem Deckung
in Baarvaluten vorhanden ist. Der Zweck dieser Anordnung ist augenschein¬
lich einerseits vermehrte Sicherheit für die Papiergeldausgabe, andrerseits die
Verhütung des Mißbrauchs, welcher daraus entstanden sein mochte, daß die
Bankvirectoren die Notenfabrikation gelegentlich zu weit ausgedehnt hatten. In
wie weit die Bordseite dieser Anordnungen nicht durch anderweitige Nachtheile
aufgewogen sind, ist in England streitig; für deutsche Leser wollen wir jedoch
hinzufügen, daß der in England allgemeine Gebrauch der sogenannten edveiuLs,
Zahlungsanweisungen an einen Bankier, die nicht selten wie Geld von Hand
zu Hand gehen, vielfach die Banknoten ersetzt. Der interessanteste Punkt bei
der peelschen Maßregel ist aber wol der, daß sie mit der gewohnten Formel
von baarer Niederlage zu 3 Papiergeld völlig bricht, und gewiß mit Recht,
da sie selbst nur ein etwas problematischer Gebrauch der frühern Verwaltungen
der englischen Bank gewesen war. Merkwürdig genug ist indessen diese Formel
vor- und nachher unversehens in andere, namentlich deutsche Banken überge¬
gangen, ohne daß sie irgend einen Schutz gewährt, oder auch nur eingehalten
werden kann. Angenommen eine Bank habe für 1000 Thlr. in Silber 3000
Thlr. Papiergeld ausgegeben, und von diesen letztem würden nur 100 Thlr.
zum Einlösen präsenntt, so blieben für 900 Thlr. Silber 2900 Thlr. Papier¬
geld im Verkehr, was schon nicht unbedeutend über daS Verhältniß von 1 : 3
hinaufgeht. Angenommen aber 1000 Thlr. Papiergeld würden präsentirt, so
bliebe der ganze Rest völlig ungedeckt, und wollte man noch mehr einlösen, so
wäre der Bankerott da. Man tröstet sich nun freilich damit, dergleichen wird
nicht geschehen; es ist aber schon vorgekommen und geschieht es nicht, so liegt
darin eben der Beweis, naß das Papiergeld nicht auf dem Metallgelde, sondern
auf dem allgemeinen Credit beruht, den eine Regierung oder eine Bank genießt.
Darum ist es denn auch die schwächste Seite der gegen die peelsche Maßregel
gerichteten Angriffe, daß ihr vorgeworfen wird, die Hauptmasse der Banknoten
sei ungedeckt, weil nur auf Siaatspapieren sundirt. So lange der öffent¬
liche Credit Englands'ungefährdet bleibt, oder der Verkehr nicht von den tiefsten
Erschütterungen heimgesucht wird, so lange dürfte die dadurch gewährte Sicher¬
heit vollkommen ausreichen. Damit soll aber noch lange nicht gesagt sein, duß
man nun in jedem Lande das Gleiche thun und beliebige Summen Papier¬
geld auf papierne Sicherheiten ausgeben könne; ob und wie weit man das
darf, wirb wiederum von den besondern Verhältnissen jedes Falls abhängen.

Die andere Seite der peelschen Maßregel betrifft die Landbanken, denen
nur so weit die fernere Ausgabe von eignem Papiergeld gestattet wu'.de, als


Bankgeschäft, das andere zur Ausgabe von Banknoten, letztere zur Höhe von
höchstens 1i Mill. Pf, Se. auf Sicherheiten der öffentlichen Staatsschuld, fer¬
ner zwei Drittel der Beträge solcher Privat- (Land-) Banken, welche aufhören
Papiergeld auszugeben, und endlich für so viel alö noch außerdem Deckung
in Baarvaluten vorhanden ist. Der Zweck dieser Anordnung ist augenschein¬
lich einerseits vermehrte Sicherheit für die Papiergeldausgabe, andrerseits die
Verhütung des Mißbrauchs, welcher daraus entstanden sein mochte, daß die
Bankvirectoren die Notenfabrikation gelegentlich zu weit ausgedehnt hatten. In
wie weit die Bordseite dieser Anordnungen nicht durch anderweitige Nachtheile
aufgewogen sind, ist in England streitig; für deutsche Leser wollen wir jedoch
hinzufügen, daß der in England allgemeine Gebrauch der sogenannten edveiuLs,
Zahlungsanweisungen an einen Bankier, die nicht selten wie Geld von Hand
zu Hand gehen, vielfach die Banknoten ersetzt. Der interessanteste Punkt bei
der peelschen Maßregel ist aber wol der, daß sie mit der gewohnten Formel
von baarer Niederlage zu 3 Papiergeld völlig bricht, und gewiß mit Recht,
da sie selbst nur ein etwas problematischer Gebrauch der frühern Verwaltungen
der englischen Bank gewesen war. Merkwürdig genug ist indessen diese Formel
vor- und nachher unversehens in andere, namentlich deutsche Banken überge¬
gangen, ohne daß sie irgend einen Schutz gewährt, oder auch nur eingehalten
werden kann. Angenommen eine Bank habe für 1000 Thlr. in Silber 3000
Thlr. Papiergeld ausgegeben, und von diesen letztem würden nur 100 Thlr.
zum Einlösen präsenntt, so blieben für 900 Thlr. Silber 2900 Thlr. Papier¬
geld im Verkehr, was schon nicht unbedeutend über daS Verhältniß von 1 : 3
hinaufgeht. Angenommen aber 1000 Thlr. Papiergeld würden präsentirt, so
bliebe der ganze Rest völlig ungedeckt, und wollte man noch mehr einlösen, so
wäre der Bankerott da. Man tröstet sich nun freilich damit, dergleichen wird
nicht geschehen; es ist aber schon vorgekommen und geschieht es nicht, so liegt
darin eben der Beweis, naß das Papiergeld nicht auf dem Metallgelde, sondern
auf dem allgemeinen Credit beruht, den eine Regierung oder eine Bank genießt.
Darum ist es denn auch die schwächste Seite der gegen die peelsche Maßregel
gerichteten Angriffe, daß ihr vorgeworfen wird, die Hauptmasse der Banknoten
sei ungedeckt, weil nur auf Siaatspapieren sundirt. So lange der öffent¬
liche Credit Englands'ungefährdet bleibt, oder der Verkehr nicht von den tiefsten
Erschütterungen heimgesucht wird, so lange dürfte die dadurch gewährte Sicher¬
heit vollkommen ausreichen. Damit soll aber noch lange nicht gesagt sein, duß
man nun in jedem Lande das Gleiche thun und beliebige Summen Papier¬
geld auf papierne Sicherheiten ausgeben könne; ob und wie weit man das
darf, wirb wiederum von den besondern Verhältnissen jedes Falls abhängen.

Die andere Seite der peelschen Maßregel betrifft die Landbanken, denen
nur so weit die fernere Ausgabe von eignem Papiergeld gestattet wu'.de, als


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[0030] Bankgeschäft, das andere zur Ausgabe von Banknoten, letztere zur Höhe von höchstens 1i Mill. Pf, Se. auf Sicherheiten der öffentlichen Staatsschuld, fer¬ ner zwei Drittel der Beträge solcher Privat- (Land-) Banken, welche aufhören Papiergeld auszugeben, und endlich für so viel alö noch außerdem Deckung in Baarvaluten vorhanden ist. Der Zweck dieser Anordnung ist augenschein¬ lich einerseits vermehrte Sicherheit für die Papiergeldausgabe, andrerseits die Verhütung des Mißbrauchs, welcher daraus entstanden sein mochte, daß die Bankvirectoren die Notenfabrikation gelegentlich zu weit ausgedehnt hatten. In wie weit die Bordseite dieser Anordnungen nicht durch anderweitige Nachtheile aufgewogen sind, ist in England streitig; für deutsche Leser wollen wir jedoch hinzufügen, daß der in England allgemeine Gebrauch der sogenannten edveiuLs, Zahlungsanweisungen an einen Bankier, die nicht selten wie Geld von Hand zu Hand gehen, vielfach die Banknoten ersetzt. Der interessanteste Punkt bei der peelschen Maßregel ist aber wol der, daß sie mit der gewohnten Formel von baarer Niederlage zu 3 Papiergeld völlig bricht, und gewiß mit Recht, da sie selbst nur ein etwas problematischer Gebrauch der frühern Verwaltungen der englischen Bank gewesen war. Merkwürdig genug ist indessen diese Formel vor- und nachher unversehens in andere, namentlich deutsche Banken überge¬ gangen, ohne daß sie irgend einen Schutz gewährt, oder auch nur eingehalten werden kann. Angenommen eine Bank habe für 1000 Thlr. in Silber 3000 Thlr. Papiergeld ausgegeben, und von diesen letztem würden nur 100 Thlr. zum Einlösen präsenntt, so blieben für 900 Thlr. Silber 2900 Thlr. Papier¬ geld im Verkehr, was schon nicht unbedeutend über daS Verhältniß von 1 : 3 hinaufgeht. Angenommen aber 1000 Thlr. Papiergeld würden präsentirt, so bliebe der ganze Rest völlig ungedeckt, und wollte man noch mehr einlösen, so wäre der Bankerott da. Man tröstet sich nun freilich damit, dergleichen wird nicht geschehen; es ist aber schon vorgekommen und geschieht es nicht, so liegt darin eben der Beweis, naß das Papiergeld nicht auf dem Metallgelde, sondern auf dem allgemeinen Credit beruht, den eine Regierung oder eine Bank genießt. Darum ist es denn auch die schwächste Seite der gegen die peelsche Maßregel gerichteten Angriffe, daß ihr vorgeworfen wird, die Hauptmasse der Banknoten sei ungedeckt, weil nur auf Siaatspapieren sundirt. So lange der öffent¬ liche Credit Englands'ungefährdet bleibt, oder der Verkehr nicht von den tiefsten Erschütterungen heimgesucht wird, so lange dürfte die dadurch gewährte Sicher¬ heit vollkommen ausreichen. Damit soll aber noch lange nicht gesagt sein, duß man nun in jedem Lande das Gleiche thun und beliebige Summen Papier¬ geld auf papierne Sicherheiten ausgeben könne; ob und wie weit man das darf, wirb wiederum von den besondern Verhältnissen jedes Falls abhängen. Die andere Seite der peelschen Maßregel betrifft die Landbanken, denen nur so weit die fernere Ausgabe von eignem Papiergeld gestattet wu'.de, als

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/30>, abgerufen am 21.05.2024.