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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Was die ostindische Compagnie und der Court of Directors Großes ge¬
leistet haben, zeigt das Buch der Geschichte. Es würde die tiefste Undank¬
barkeit sein, dies nicht anerkennen zu wollen. Aber seitdem dem Hofe der
Direktoren die Flügel so beschnitten sind, daß er zu einem Schatten geworben
ist, hinter dem das Board of Control handelt, und die Verwaltungsbehörden
in eine solche Stellung gebracht worden sind, daß die eine der andern das
Uebel in die Schuhe schieben kaun, und jede wiederum das Gute für sich in
Anspruch nehmen mag, ist es besser, etwas ganz Neues an seine Stelle zu
setzen. Indien muß dem großbritannischen Reiche einverleibt werden, und die
Königin Beherrscherin sein. Es wirb dem Wesen und der Denkweise der In"
dier recht eigentlich zusagen, von einem Könige ode. einer Königin beherrscht
Z" sein.

Die europäische Armee ferner muß die eigentliche Stütze der herrschenden
Gewalt sein, und ich glaube, daß hunderttausend Mann kaum genügend sein
werden. Dagegen müßte die Armee der Sepoys allmälig reducirt und nur
so viele davon unter der Fahne behalten werden, als nöthig sind, den euro¬
päischen Soldaten daS harte Werk erleichtern zu können. Alle reguläre Nativ-
cavaUrie sollte man eingehen lassen und nur irreguläre Nativcavalcrie behal¬
ten. Die Artillerie dürfte man allein von Europäern bedienen lassen, und
Schützcnbaurillone nur aus den GhurkaS und anderen Gebirgsbewohnern
bilden. Endlich eine wohl organisirte und gut bezahlte Polizei zu Pferde und
Zu Fuß, zweckmäßig bewaffnet, aus Eingeborenen bestehend, im ganzen Lande
einrichten; aber an die Spitze dieser Polizei nur Europäer stellen. Wann und
wie und wo dereinst eine Recrutirung in Bengalen einzuleiten ist, müssen die
Umstände ergeben.

Der Hof der Direktoren widersetzte sich der Vermehrung europäischer
Truppen der großen Kosten und der großen Sterblichkeit wegen, welche durch
die klimatischen Verhältnisse entsteht. Was diese jedoch anbetrifft, so werden
sich dieselben viel weniger gefährlich äußern, wenn auf die Bekleidung und
Verpflegung des Soldaten mehr Rücksicht genommen sein wird. Sobald sich
ansteckende Krankheiten an einem Orte zeigen, wird ein schneller Garnison¬
wechsel auf kurze Zeit oft hinreichend sein, dieselben zu heben. Dann aber
sollte man alle nur mögliche Sorge darauf verwenden, den Soldaten mit den
Gefahren bekannt zu machen, die sich aus einem unordentlichen Leben, dem
Trinken geistiger Getränke :c. ergeben. Damit die Regimenter nicht durch
Stabsanstellungen ihrer Offiziere beraubt werden, sollte ein Generalstaböcorps
gebildet werden. Desgleichen müßte das Reich unter ein regelmäßiges
Befestigungssystem gebracht, so wie bei Kurachy, Madras,, am Hugly in.
Kriegshafen errichtet werden, damit eine Flotte von Kriegsschiffen stationirt
sein kann. Was die pensionirten eingeborenen Fürsten anbetrifft, so hat der


Was die ostindische Compagnie und der Court of Directors Großes ge¬
leistet haben, zeigt das Buch der Geschichte. Es würde die tiefste Undank¬
barkeit sein, dies nicht anerkennen zu wollen. Aber seitdem dem Hofe der
Direktoren die Flügel so beschnitten sind, daß er zu einem Schatten geworben
ist, hinter dem das Board of Control handelt, und die Verwaltungsbehörden
in eine solche Stellung gebracht worden sind, daß die eine der andern das
Uebel in die Schuhe schieben kaun, und jede wiederum das Gute für sich in
Anspruch nehmen mag, ist es besser, etwas ganz Neues an seine Stelle zu
setzen. Indien muß dem großbritannischen Reiche einverleibt werden, und die
Königin Beherrscherin sein. Es wirb dem Wesen und der Denkweise der In»
dier recht eigentlich zusagen, von einem Könige ode. einer Königin beherrscht
Z» sein.

Die europäische Armee ferner muß die eigentliche Stütze der herrschenden
Gewalt sein, und ich glaube, daß hunderttausend Mann kaum genügend sein
werden. Dagegen müßte die Armee der Sepoys allmälig reducirt und nur
so viele davon unter der Fahne behalten werden, als nöthig sind, den euro¬
päischen Soldaten daS harte Werk erleichtern zu können. Alle reguläre Nativ-
cavaUrie sollte man eingehen lassen und nur irreguläre Nativcavalcrie behal¬
ten. Die Artillerie dürfte man allein von Europäern bedienen lassen, und
Schützcnbaurillone nur aus den GhurkaS und anderen Gebirgsbewohnern
bilden. Endlich eine wohl organisirte und gut bezahlte Polizei zu Pferde und
Zu Fuß, zweckmäßig bewaffnet, aus Eingeborenen bestehend, im ganzen Lande
einrichten; aber an die Spitze dieser Polizei nur Europäer stellen. Wann und
wie und wo dereinst eine Recrutirung in Bengalen einzuleiten ist, müssen die
Umstände ergeben.

Der Hof der Direktoren widersetzte sich der Vermehrung europäischer
Truppen der großen Kosten und der großen Sterblichkeit wegen, welche durch
die klimatischen Verhältnisse entsteht. Was diese jedoch anbetrifft, so werden
sich dieselben viel weniger gefährlich äußern, wenn auf die Bekleidung und
Verpflegung des Soldaten mehr Rücksicht genommen sein wird. Sobald sich
ansteckende Krankheiten an einem Orte zeigen, wird ein schneller Garnison¬
wechsel auf kurze Zeit oft hinreichend sein, dieselben zu heben. Dann aber
sollte man alle nur mögliche Sorge darauf verwenden, den Soldaten mit den
Gefahren bekannt zu machen, die sich aus einem unordentlichen Leben, dem
Trinken geistiger Getränke :c. ergeben. Damit die Regimenter nicht durch
Stabsanstellungen ihrer Offiziere beraubt werden, sollte ein Generalstaböcorps
gebildet werden. Desgleichen müßte das Reich unter ein regelmäßiges
Befestigungssystem gebracht, so wie bei Kurachy, Madras,, am Hugly in.
Kriegshafen errichtet werden, damit eine Flotte von Kriegsschiffen stationirt
sein kann. Was die pensionirten eingeborenen Fürsten anbetrifft, so hat der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/87>, abgerufen am 21.05.2024.