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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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der kirchlichen und religiösen Dinge vortheilhafter und bequemer findet; deren
zweiter dagegen seine Vertheidigung des Papismus Franzen v. S. gegenüber
auf- und diesem Beifall giebt, daß er, und sollt es auch dem Kaiser zuwider
geschehen, für die Sache der Wahrheit und des Evangelii allenfalls auch, wie
H. wolle, das Schwert ziehe, ein zweiter, ein deutscher Ziska. Das letzte,
an Umfang und vielleicht auch an Bedeutung den drei ersten zusammen gleich¬
kommende Gespräch, das H., ein Kaufmann und Sickingen führen, die Räuber,
stuft diese nach ihrer Schädlichkeit und Bertilgungswürdigkeit aufsteigend also
ab: das Gesindel der Wegelagerer und Buschklepper; die Kaufleute, die
Deutschland um seine guten Sitten und seinen Reichthum bekriegen, die wol
geadelt sein können, wie die Fugger und die Medicäer, aber doch unedrtsind;
die Schreiber und Kanzler der Großen und die Juristen, deren Entscheidungen
seil sind. Schmeichler und Empordringlinge. die mit ihren Auslegungen, Ver¬
drehungen und Weiterungen aus Hochmut und Eigennutz das deutsche Volk
um sein gutes Recht, die deutschen Fürsten um ihre richtige Einsicht und guten
Willen für Land und Leute bekriegen; das schlimmste Gezücht aber ist das
der Pfaffen; zum Krieg gegen diese müßen sich Adel und Städte die Hand
reichen. Gervinus lit- 434) Wunsch. H, möchte doch seine juristischen Studien
wenigstens soweit wie seine theologischen zu führen die Geduld gehabt haben,
damit er auch die jurisRschen Freiheitsseiude in Deutschland mit jener ge¬
eigneten Waffe angegriffen hätte, mit der er die geistlichen in Gemeinschaft
mit Luther vertilgte, paßt nicht gut zu seiner schönen Darstellung Hs.: die ge¬
eigneten Waffen gegen die Ausartung der Jurisprudenz begannen damals
schon Alciat. Bude und Zasius zu schwingen, und hätte sich H., wie jener
Wunsch es fordert, durch die dürren Steppen der Commentatoren, welche
zwischen ihm und dem grünenden Gebiet der Glossatoren und den klaren
Quellen des ron, Rechts in der Mitte lagen, durchgeschleppt, so wär er,
sicherlich nicht als H. bei Sickingen eingekehrt. Er hatte mehr als genug an
seinem Kampfe gegen jene vierte Räuberklasse zu thun, und daß er dazu "Fuß
und Hand" redlich brauchte, beweist auch die im Sommer 1521 edierte Schrift
ans den letzten Zeiten des Baseler Concils über die Nothwendigkeit und Be¬
deutung der Concilien, welche er in der sickingischen Bibliothek gefunden,
und welcher er eine eben von Wittenberg ihm zugekommene Ermahnung zum
rechten Glauben von dein bambergischen Vicar Conrad Zärtlin, genannt
Playnbacher, zufügte.

Aber schon vorher waren Zeit und Umstände für die eigentlichst huttensche
Muse, die etwas von einer Meduse an sich hat, gekommen, der Wormser
Reichstag, die erfolgreiche cdictenerschleichende Umgarnung des undeutschen
deutschen Kaisers durch die schlauen Creaturen des üppigen Florentiners,
welcher "die Fabel von Christus so einträglich" fand tu""c<in, I,ö<> X. <:ir. 24.),


der kirchlichen und religiösen Dinge vortheilhafter und bequemer findet; deren
zweiter dagegen seine Vertheidigung des Papismus Franzen v. S. gegenüber
auf- und diesem Beifall giebt, daß er, und sollt es auch dem Kaiser zuwider
geschehen, für die Sache der Wahrheit und des Evangelii allenfalls auch, wie
H. wolle, das Schwert ziehe, ein zweiter, ein deutscher Ziska. Das letzte,
an Umfang und vielleicht auch an Bedeutung den drei ersten zusammen gleich¬
kommende Gespräch, das H., ein Kaufmann und Sickingen führen, die Räuber,
stuft diese nach ihrer Schädlichkeit und Bertilgungswürdigkeit aufsteigend also
ab: das Gesindel der Wegelagerer und Buschklepper; die Kaufleute, die
Deutschland um seine guten Sitten und seinen Reichthum bekriegen, die wol
geadelt sein können, wie die Fugger und die Medicäer, aber doch unedrtsind;
die Schreiber und Kanzler der Großen und die Juristen, deren Entscheidungen
seil sind. Schmeichler und Empordringlinge. die mit ihren Auslegungen, Ver¬
drehungen und Weiterungen aus Hochmut und Eigennutz das deutsche Volk
um sein gutes Recht, die deutschen Fürsten um ihre richtige Einsicht und guten
Willen für Land und Leute bekriegen; das schlimmste Gezücht aber ist das
der Pfaffen; zum Krieg gegen diese müßen sich Adel und Städte die Hand
reichen. Gervinus lit- 434) Wunsch. H, möchte doch seine juristischen Studien
wenigstens soweit wie seine theologischen zu führen die Geduld gehabt haben,
damit er auch die jurisRschen Freiheitsseiude in Deutschland mit jener ge¬
eigneten Waffe angegriffen hätte, mit der er die geistlichen in Gemeinschaft
mit Luther vertilgte, paßt nicht gut zu seiner schönen Darstellung Hs.: die ge¬
eigneten Waffen gegen die Ausartung der Jurisprudenz begannen damals
schon Alciat. Bude und Zasius zu schwingen, und hätte sich H., wie jener
Wunsch es fordert, durch die dürren Steppen der Commentatoren, welche
zwischen ihm und dem grünenden Gebiet der Glossatoren und den klaren
Quellen des ron, Rechts in der Mitte lagen, durchgeschleppt, so wär er,
sicherlich nicht als H. bei Sickingen eingekehrt. Er hatte mehr als genug an
seinem Kampfe gegen jene vierte Räuberklasse zu thun, und daß er dazu „Fuß
und Hand" redlich brauchte, beweist auch die im Sommer 1521 edierte Schrift
ans den letzten Zeiten des Baseler Concils über die Nothwendigkeit und Be¬
deutung der Concilien, welche er in der sickingischen Bibliothek gefunden,
und welcher er eine eben von Wittenberg ihm zugekommene Ermahnung zum
rechten Glauben von dein bambergischen Vicar Conrad Zärtlin, genannt
Playnbacher, zufügte.

Aber schon vorher waren Zeit und Umstände für die eigentlichst huttensche
Muse, die etwas von einer Meduse an sich hat, gekommen, der Wormser
Reichstag, die erfolgreiche cdictenerschleichende Umgarnung des undeutschen
deutschen Kaisers durch die schlauen Creaturen des üppigen Florentiners,
welcher „die Fabel von Christus so einträglich" fand tu«»c<in, I,ö<> X. <:ir. 24.),


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[0144] der kirchlichen und religiösen Dinge vortheilhafter und bequemer findet; deren zweiter dagegen seine Vertheidigung des Papismus Franzen v. S. gegenüber auf- und diesem Beifall giebt, daß er, und sollt es auch dem Kaiser zuwider geschehen, für die Sache der Wahrheit und des Evangelii allenfalls auch, wie H. wolle, das Schwert ziehe, ein zweiter, ein deutscher Ziska. Das letzte, an Umfang und vielleicht auch an Bedeutung den drei ersten zusammen gleich¬ kommende Gespräch, das H., ein Kaufmann und Sickingen führen, die Räuber, stuft diese nach ihrer Schädlichkeit und Bertilgungswürdigkeit aufsteigend also ab: das Gesindel der Wegelagerer und Buschklepper; die Kaufleute, die Deutschland um seine guten Sitten und seinen Reichthum bekriegen, die wol geadelt sein können, wie die Fugger und die Medicäer, aber doch unedrtsind; die Schreiber und Kanzler der Großen und die Juristen, deren Entscheidungen seil sind. Schmeichler und Empordringlinge. die mit ihren Auslegungen, Ver¬ drehungen und Weiterungen aus Hochmut und Eigennutz das deutsche Volk um sein gutes Recht, die deutschen Fürsten um ihre richtige Einsicht und guten Willen für Land und Leute bekriegen; das schlimmste Gezücht aber ist das der Pfaffen; zum Krieg gegen diese müßen sich Adel und Städte die Hand reichen. Gervinus lit- 434) Wunsch. H, möchte doch seine juristischen Studien wenigstens soweit wie seine theologischen zu führen die Geduld gehabt haben, damit er auch die jurisRschen Freiheitsseiude in Deutschland mit jener ge¬ eigneten Waffe angegriffen hätte, mit der er die geistlichen in Gemeinschaft mit Luther vertilgte, paßt nicht gut zu seiner schönen Darstellung Hs.: die ge¬ eigneten Waffen gegen die Ausartung der Jurisprudenz begannen damals schon Alciat. Bude und Zasius zu schwingen, und hätte sich H., wie jener Wunsch es fordert, durch die dürren Steppen der Commentatoren, welche zwischen ihm und dem grünenden Gebiet der Glossatoren und den klaren Quellen des ron, Rechts in der Mitte lagen, durchgeschleppt, so wär er, sicherlich nicht als H. bei Sickingen eingekehrt. Er hatte mehr als genug an seinem Kampfe gegen jene vierte Räuberklasse zu thun, und daß er dazu „Fuß und Hand" redlich brauchte, beweist auch die im Sommer 1521 edierte Schrift ans den letzten Zeiten des Baseler Concils über die Nothwendigkeit und Be¬ deutung der Concilien, welche er in der sickingischen Bibliothek gefunden, und welcher er eine eben von Wittenberg ihm zugekommene Ermahnung zum rechten Glauben von dein bambergischen Vicar Conrad Zärtlin, genannt Playnbacher, zufügte. Aber schon vorher waren Zeit und Umstände für die eigentlichst huttensche Muse, die etwas von einer Meduse an sich hat, gekommen, der Wormser Reichstag, die erfolgreiche cdictenerschleichende Umgarnung des undeutschen deutschen Kaisers durch die schlauen Creaturen des üppigen Florentiners, welcher „die Fabel von Christus so einträglich" fand tu«»c<in, I,ö<> X. <:ir. 24.),

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/144>, abgerufen am 31.05.2024.