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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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cyklopischer Mauern. Man erkennt Spuren mehrer Thore und eines Thurmes,
sowie zwei große unterirdische Cisternen. Der Hügel heißt Aötos d. h. Adler.
Die Aussicht ist sehr großartig. Auf der einen Seite schaut man hinab aus
die gewundene Meeresstrnße zwischen Ithaka und Cephalonia, und auf die
Ruinen von Samos, von wo vierundzwanzig der Freier Penelopes kamen.
Auf der andern breitet sich die große Bucht von Ithaka mit ihren Felsen
und Seitenbuchten aus. Im Osten ziehen sich die akarnanischen Berge hin,
im Süden ragen, den größten Theil des Jahres mit Schnee bedeckt, die
Gipfel des Peloponnes, im Norden zeigt sich der weiße Fels von Sapphos
Sprung. Am Fuße des Aötos hat man eine Anzahl von Grüften entdeckt,
in denen Vasen, Thräncnkrüge, Bronzesiguren u. a. gesunden wurden. Eben
solche Grüfte trifft man westlich von Vathy. Eine davon bezeichnet das Volk
als das Grab der Penelope.

In der Nähe der Südostspitze von Ithaka. erhebt sich über der See eine
weiße Klippe, welche Korax d. i. Rabenklippe genannt wird. Es ist die
Klippe, von der Odysseus hinabgestürzt sein will . von Eumüos, wofern er
nicht die Wahrheit sage. Eine kleine Ebene dabei ist, wie man meint, die
Stelle, wo der "göttliche Sauhirt" sich aushielt. In einer Vertiefung darunter
quillt, von Gesträuch umgeben, Homers "Quelle der Arethusa".

Die Schule Homers liegt in der Nähe des Dorfes Exoge im Norden
der Insel. Sie besteht aus den Grundmauern eines alten Gebäudes, vielleicht
eines Tempels, und einigen in den Fels gehauenen Nischen und Stufen. Die
ganze Stelle ist mit Gewinden von Epheu und andern Schlingpflanzen an¬
muthig bewachsen. Nicht fern davon, an dem Abhang des Neritos, liegt
das Dörfchen Leute, wo der Garten des Laertes gelegen haben mag.

Zarte, bei Homer und allen andern alten Schriftstellern Zakynthos
genannt, ist eine der fruchtbarsten und schönsten Inseln der Levante.
Es führt vortrefflichen Wein, Oel und sehr viele Korinthen aus und
ist weniger bergig als die andern jonischen Inseln. Seine Geschichte
bietet wenig Bemerkenswerthes. Sieben Meilen südlich von hier pas-
sirt man die Strophaden, niedrige öde Eilande,, wo die Sage die
Harpyen wohnen ließ. Die Hauptstadt von Zarte liegt, halbmondförmig
an einer schonen Bucht neben dem Berge Skopos, dem Elatus des
Alterthums, und hat gegen 20,000 Einwohner. Die Säulengänge mancher
Straßen erinnern an Bologna. Einige ältere Häuser sind in venetianischen
Stil erbaut. Ueber der Stadt ragt ein Fort, am Abhang des Skopos liegt
ein großes Kloster mit schöner Aussicht. Alterthümer finden sich auf Zarte
nicht. Dagegen verlohnt sich ein Ausflug nach den Erdpechquellen, welche
2V2 Meilen von der Hauptstadt, an der Bucht por Chieri entspringen. Die¬
selben erinnern an die vulkanischen Kräfte, welche unter Zarte thätig sind


cyklopischer Mauern. Man erkennt Spuren mehrer Thore und eines Thurmes,
sowie zwei große unterirdische Cisternen. Der Hügel heißt Aötos d. h. Adler.
Die Aussicht ist sehr großartig. Auf der einen Seite schaut man hinab aus
die gewundene Meeresstrnße zwischen Ithaka und Cephalonia, und auf die
Ruinen von Samos, von wo vierundzwanzig der Freier Penelopes kamen.
Auf der andern breitet sich die große Bucht von Ithaka mit ihren Felsen
und Seitenbuchten aus. Im Osten ziehen sich die akarnanischen Berge hin,
im Süden ragen, den größten Theil des Jahres mit Schnee bedeckt, die
Gipfel des Peloponnes, im Norden zeigt sich der weiße Fels von Sapphos
Sprung. Am Fuße des Aötos hat man eine Anzahl von Grüften entdeckt,
in denen Vasen, Thräncnkrüge, Bronzesiguren u. a. gesunden wurden. Eben
solche Grüfte trifft man westlich von Vathy. Eine davon bezeichnet das Volk
als das Grab der Penelope.

In der Nähe der Südostspitze von Ithaka. erhebt sich über der See eine
weiße Klippe, welche Korax d. i. Rabenklippe genannt wird. Es ist die
Klippe, von der Odysseus hinabgestürzt sein will . von Eumüos, wofern er
nicht die Wahrheit sage. Eine kleine Ebene dabei ist, wie man meint, die
Stelle, wo der „göttliche Sauhirt" sich aushielt. In einer Vertiefung darunter
quillt, von Gesträuch umgeben, Homers „Quelle der Arethusa".

Die Schule Homers liegt in der Nähe des Dorfes Exoge im Norden
der Insel. Sie besteht aus den Grundmauern eines alten Gebäudes, vielleicht
eines Tempels, und einigen in den Fels gehauenen Nischen und Stufen. Die
ganze Stelle ist mit Gewinden von Epheu und andern Schlingpflanzen an¬
muthig bewachsen. Nicht fern davon, an dem Abhang des Neritos, liegt
das Dörfchen Leute, wo der Garten des Laertes gelegen haben mag.

Zarte, bei Homer und allen andern alten Schriftstellern Zakynthos
genannt, ist eine der fruchtbarsten und schönsten Inseln der Levante.
Es führt vortrefflichen Wein, Oel und sehr viele Korinthen aus und
ist weniger bergig als die andern jonischen Inseln. Seine Geschichte
bietet wenig Bemerkenswerthes. Sieben Meilen südlich von hier pas-
sirt man die Strophaden, niedrige öde Eilande,, wo die Sage die
Harpyen wohnen ließ. Die Hauptstadt von Zarte liegt, halbmondförmig
an einer schonen Bucht neben dem Berge Skopos, dem Elatus des
Alterthums, und hat gegen 20,000 Einwohner. Die Säulengänge mancher
Straßen erinnern an Bologna. Einige ältere Häuser sind in venetianischen
Stil erbaut. Ueber der Stadt ragt ein Fort, am Abhang des Skopos liegt
ein großes Kloster mit schöner Aussicht. Alterthümer finden sich auf Zarte
nicht. Dagegen verlohnt sich ein Ausflug nach den Erdpechquellen, welche
2V2 Meilen von der Hauptstadt, an der Bucht por Chieri entspringen. Die¬
selben erinnern an die vulkanischen Kräfte, welche unter Zarte thätig sind


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[0482] cyklopischer Mauern. Man erkennt Spuren mehrer Thore und eines Thurmes, sowie zwei große unterirdische Cisternen. Der Hügel heißt Aötos d. h. Adler. Die Aussicht ist sehr großartig. Auf der einen Seite schaut man hinab aus die gewundene Meeresstrnße zwischen Ithaka und Cephalonia, und auf die Ruinen von Samos, von wo vierundzwanzig der Freier Penelopes kamen. Auf der andern breitet sich die große Bucht von Ithaka mit ihren Felsen und Seitenbuchten aus. Im Osten ziehen sich die akarnanischen Berge hin, im Süden ragen, den größten Theil des Jahres mit Schnee bedeckt, die Gipfel des Peloponnes, im Norden zeigt sich der weiße Fels von Sapphos Sprung. Am Fuße des Aötos hat man eine Anzahl von Grüften entdeckt, in denen Vasen, Thräncnkrüge, Bronzesiguren u. a. gesunden wurden. Eben solche Grüfte trifft man westlich von Vathy. Eine davon bezeichnet das Volk als das Grab der Penelope. In der Nähe der Südostspitze von Ithaka. erhebt sich über der See eine weiße Klippe, welche Korax d. i. Rabenklippe genannt wird. Es ist die Klippe, von der Odysseus hinabgestürzt sein will . von Eumüos, wofern er nicht die Wahrheit sage. Eine kleine Ebene dabei ist, wie man meint, die Stelle, wo der „göttliche Sauhirt" sich aushielt. In einer Vertiefung darunter quillt, von Gesträuch umgeben, Homers „Quelle der Arethusa". Die Schule Homers liegt in der Nähe des Dorfes Exoge im Norden der Insel. Sie besteht aus den Grundmauern eines alten Gebäudes, vielleicht eines Tempels, und einigen in den Fels gehauenen Nischen und Stufen. Die ganze Stelle ist mit Gewinden von Epheu und andern Schlingpflanzen an¬ muthig bewachsen. Nicht fern davon, an dem Abhang des Neritos, liegt das Dörfchen Leute, wo der Garten des Laertes gelegen haben mag. Zarte, bei Homer und allen andern alten Schriftstellern Zakynthos genannt, ist eine der fruchtbarsten und schönsten Inseln der Levante. Es führt vortrefflichen Wein, Oel und sehr viele Korinthen aus und ist weniger bergig als die andern jonischen Inseln. Seine Geschichte bietet wenig Bemerkenswerthes. Sieben Meilen südlich von hier pas- sirt man die Strophaden, niedrige öde Eilande,, wo die Sage die Harpyen wohnen ließ. Die Hauptstadt von Zarte liegt, halbmondförmig an einer schonen Bucht neben dem Berge Skopos, dem Elatus des Alterthums, und hat gegen 20,000 Einwohner. Die Säulengänge mancher Straßen erinnern an Bologna. Einige ältere Häuser sind in venetianischen Stil erbaut. Ueber der Stadt ragt ein Fort, am Abhang des Skopos liegt ein großes Kloster mit schöner Aussicht. Alterthümer finden sich auf Zarte nicht. Dagegen verlohnt sich ein Ausflug nach den Erdpechquellen, welche 2V2 Meilen von der Hauptstadt, an der Bucht por Chieri entspringen. Die¬ selben erinnern an die vulkanischen Kräfte, welche unter Zarte thätig sind

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/482>, abgerufen am 24.05.2024.