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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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fehl, mit so wenig Truppen als möglich den äußersten rechten der Oestreicher
zwischen Pozzolengo und dem Gardasee in Schach zu halten, und was er
irgend sür diesen Zweck entbehren konnte, zur Unterstützung des Centrums,
mindestens zur Herstellung der Verbindung mit demselben zu verwenden.

Nachdem dieses abgethan war, wendete Napoleon sich ganz und gar der
kräftigen Organisation seines Centrums zu. Von Castiglione auf der Straße
nach Goito vorreitend, traf er zunächst das Corps Mac Mcchons, welches sich
rechts der Straße entwickelte, also südwestlich derselben. Niet war noch nicht
heran, der Zwischenraum zwischen Mac Mahon und Canrobert daher be¬
trächtlich. Napoleon sendete der Gardecavalerie, welche im Marsch von Monte-
chio.ro auf Castiglione war, Befehl, ihre Bewegung zu beschleunigen, sich
aus den rechten Flügel Mac Mcchons zu setzen und solchergestalt die Lücke
zwischen diesem und Canrobert zu decken.

Daraus begab sich der Kaiser zu Baraguay d'Hilliers, welcher die östrei¬
chischen Vortruppen um 7 Uhr etwa bis gegen die Höhen von Solferino zu¬
rückgedrückt hatte. Hier, wo die Franzosen aus die Massen des fünften östrei¬
chischen Corps stießen, kam das Gefecht zum Stehen; Baraguay mußte zu¬
nächst seine beiden Divisionen Bazaine und Ladmirault entwickeln, mit denen
er von 10 Uhr ab verschiedene vergebliche Angriffe auf das verschanzte Sol¬
ferino und insbesondere aus dessen beide Hauptpunkte, das Schloß und den
mit einer crenelirten Mauer versehenen Kirchhof machte. Diese Frontangriffe
hatten, wie bemerkt, durchaus kein Resultat.

Während der Kampf zwischen 7 und 10 Uhr von Baraguay nur matt
fortgeführt ward, war Mre Mahon mit seinen Colonnen auf der großen
Straße von Castiglione her vorgerückt, und hatte um 9 Uhr quer über die
Straße mit dem rechten Flügel gegen Medole, mit dem linken gegen Sol¬
ferino hin, aber doch so, daß noch eine beträchtliche Lücke zwischen ihm und
Baraguay blieb, Stellung genommen. Hier ward er von einem östreichischen
Corps mit einer zahlreichen Artillerie angegriffen. Er schob sechs Batterien
theils von seinem eignen Corps, theils von der Gardecavalerie in die linke
Flanke dieser östreichischen Artillerie vor und zwang sie dadurch zum Rück¬
zug. Die Oestreicher gingen in der Richtung auf Cassiano und Cavrian"
zurück, jedoch nicht ohne ihre Angriffe zu wiederholen und dadurch ein Vor¬
rücken Mac Mcchons noch lange zu verzögern; ihr zeitweises Zurückgehen
deckten sie stets durch Reiterangriffe, welche in die Flanken Mac Mcchons vor¬
brachen und der Gardecavalerie alle Hände voll zu thun gaben.

Erst am Nachmittag, da unterdessen die Verhältnisse bei Solferino eine
andere Gestalt gewonnen hatten, gingen die Oestreicher, das siebente Corps,
hinter welchem das erste Corps in Reserve stand, entschieden auf S. Cassiano
und Capriana zurück und Mac Mahon konnte ihnen dorthin folgen.


fehl, mit so wenig Truppen als möglich den äußersten rechten der Oestreicher
zwischen Pozzolengo und dem Gardasee in Schach zu halten, und was er
irgend sür diesen Zweck entbehren konnte, zur Unterstützung des Centrums,
mindestens zur Herstellung der Verbindung mit demselben zu verwenden.

Nachdem dieses abgethan war, wendete Napoleon sich ganz und gar der
kräftigen Organisation seines Centrums zu. Von Castiglione auf der Straße
nach Goito vorreitend, traf er zunächst das Corps Mac Mcchons, welches sich
rechts der Straße entwickelte, also südwestlich derselben. Niet war noch nicht
heran, der Zwischenraum zwischen Mac Mahon und Canrobert daher be¬
trächtlich. Napoleon sendete der Gardecavalerie, welche im Marsch von Monte-
chio.ro auf Castiglione war, Befehl, ihre Bewegung zu beschleunigen, sich
aus den rechten Flügel Mac Mcchons zu setzen und solchergestalt die Lücke
zwischen diesem und Canrobert zu decken.

Daraus begab sich der Kaiser zu Baraguay d'Hilliers, welcher die östrei¬
chischen Vortruppen um 7 Uhr etwa bis gegen die Höhen von Solferino zu¬
rückgedrückt hatte. Hier, wo die Franzosen aus die Massen des fünften östrei¬
chischen Corps stießen, kam das Gefecht zum Stehen; Baraguay mußte zu¬
nächst seine beiden Divisionen Bazaine und Ladmirault entwickeln, mit denen
er von 10 Uhr ab verschiedene vergebliche Angriffe auf das verschanzte Sol¬
ferino und insbesondere aus dessen beide Hauptpunkte, das Schloß und den
mit einer crenelirten Mauer versehenen Kirchhof machte. Diese Frontangriffe
hatten, wie bemerkt, durchaus kein Resultat.

Während der Kampf zwischen 7 und 10 Uhr von Baraguay nur matt
fortgeführt ward, war Mre Mahon mit seinen Colonnen auf der großen
Straße von Castiglione her vorgerückt, und hatte um 9 Uhr quer über die
Straße mit dem rechten Flügel gegen Medole, mit dem linken gegen Sol¬
ferino hin, aber doch so, daß noch eine beträchtliche Lücke zwischen ihm und
Baraguay blieb, Stellung genommen. Hier ward er von einem östreichischen
Corps mit einer zahlreichen Artillerie angegriffen. Er schob sechs Batterien
theils von seinem eignen Corps, theils von der Gardecavalerie in die linke
Flanke dieser östreichischen Artillerie vor und zwang sie dadurch zum Rück¬
zug. Die Oestreicher gingen in der Richtung auf Cassiano und Cavrian«
zurück, jedoch nicht ohne ihre Angriffe zu wiederholen und dadurch ein Vor¬
rücken Mac Mcchons noch lange zu verzögern; ihr zeitweises Zurückgehen
deckten sie stets durch Reiterangriffe, welche in die Flanken Mac Mcchons vor¬
brachen und der Gardecavalerie alle Hände voll zu thun gaben.

Erst am Nachmittag, da unterdessen die Verhältnisse bei Solferino eine
andere Gestalt gewonnen hatten, gingen die Oestreicher, das siebente Corps,
hinter welchem das erste Corps in Reserve stand, entschieden auf S. Cassiano
und Capriana zurück und Mac Mahon konnte ihnen dorthin folgen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/126>, abgerufen am 30.05.2024.