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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Es ist wahrscheinlich, daß die Oestreicher in dieser Schlacht von ihren
Feldtelegraphcn Gebrauch gemacht haben. Wir haben darüber wol noch inter¬
essante Aufschlüsse zu erwarten, die dann wiederum den alten Beweis liefern
würden, daß der Nutzen aller solcher Kunstmittel im freien Felde ein sehr ein¬
geschränkter ist und daß sie bei zu großem Vertrauen auf ihre Wirkung sogar
entschiedenen Schaden bringen können.

9. Juli. --

Gestern kam die Nachricht von dem Waffenstillstand, der am 7. Juli an
den Ufern des Mincio zwischen den kriegführenden Theilen geschlossen ist, heute
die Bestätigung; bis zum 15. August sollen die Waffen ruhen. Sie haben wol
nichts dagegen, daß auch Ihr militärischer Berichterstatter sofort einige Worte
ZU der Sache sagt und die Schranken seines eigentlichen Departements, der
Behandlung des kunstmäßig organisirten Todtscklagens in Massen ein wenig
überschreitet.

Wir haben an einem andern Orte gesagt, daß ein Waffenstillstand oft
nichts weiter ist, als ein diplomatisches Mittel zu militärischem Zweck. Aus
diesem Gesichtspunkte, denken wir, muß der eben abgeschlossene Waffenstillstand
betrachtet werden.

Ein Anlaß muß immer geboten werden, wenn überhaupt ein Waffenstill¬
stand geschlossen werden soll. Aus diesem Anlaß kann man bisweilen sehr
Mg auf die Zwecke schließen, welche beide Theile bei dem Abschluß verfolgen.

Im vorliegenden Fall hat den Anlaß der Vermittlungsversuch gegeben,
Welchen Preußen mit England neu aufgenommen hat; -- wenn wir recht unter¬
richtet sind, ist aber auch Rußland vermittlerisch aufgetreten.

Preußen wie England, -- auch letzteres, trotz Palmerstons Handeln im
Interesse Oestreichs, wie man die Sache zu nennen pflegt, im Gesammtinter-
esse der Germanen, und folglich auch im eignen, wie wir es richtiger zu be¬
zeichnen glauben. Nußland handelt ganz bestimmt nicht in diesem Interesse,
^ ist ganz ebenso sicher der natürliche Verbündete Frankreichs, als Preußen
und England die natürlichen Verbündeten, -- Verbündete en xrmcixs, wie
die Franzosen sich ausdrücken, -- Oestreichs sind.

Daß Oestreich sofort auf den Waffenstillstand eingegangen ist, begreift
l'es augenblicklich; es hat zwei Hauptschlachten verloren, hat in keinem Kampfe
den Sieg davon getragen; da muß man sich wol zu erholen trachten. Daß
°s aber den Waffenstillstand nicht in dem Glauben schließt, derselbe werde zum
Frieden führen, ist wol ebenso klar. Um den Frieden zu haben, müßte es
Mindestens die Lombardei opfern, und so weit ist es doch wahrhaftig noch
Nicht reducirt, daß dazu jetzt schon die Nothwendigkeit vorläge. (Der Friede
^ abgeschlossen. D. Red.)

Wir dürfen danach wol feststellen: Oestreich will den Waffenstillstand be-


Es ist wahrscheinlich, daß die Oestreicher in dieser Schlacht von ihren
Feldtelegraphcn Gebrauch gemacht haben. Wir haben darüber wol noch inter¬
essante Aufschlüsse zu erwarten, die dann wiederum den alten Beweis liefern
würden, daß der Nutzen aller solcher Kunstmittel im freien Felde ein sehr ein¬
geschränkter ist und daß sie bei zu großem Vertrauen auf ihre Wirkung sogar
entschiedenen Schaden bringen können.

9. Juli. —

Gestern kam die Nachricht von dem Waffenstillstand, der am 7. Juli an
den Ufern des Mincio zwischen den kriegführenden Theilen geschlossen ist, heute
die Bestätigung; bis zum 15. August sollen die Waffen ruhen. Sie haben wol
nichts dagegen, daß auch Ihr militärischer Berichterstatter sofort einige Worte
ZU der Sache sagt und die Schranken seines eigentlichen Departements, der
Behandlung des kunstmäßig organisirten Todtscklagens in Massen ein wenig
überschreitet.

Wir haben an einem andern Orte gesagt, daß ein Waffenstillstand oft
nichts weiter ist, als ein diplomatisches Mittel zu militärischem Zweck. Aus
diesem Gesichtspunkte, denken wir, muß der eben abgeschlossene Waffenstillstand
betrachtet werden.

Ein Anlaß muß immer geboten werden, wenn überhaupt ein Waffenstill¬
stand geschlossen werden soll. Aus diesem Anlaß kann man bisweilen sehr
Mg auf die Zwecke schließen, welche beide Theile bei dem Abschluß verfolgen.

Im vorliegenden Fall hat den Anlaß der Vermittlungsversuch gegeben,
Welchen Preußen mit England neu aufgenommen hat; — wenn wir recht unter¬
richtet sind, ist aber auch Rußland vermittlerisch aufgetreten.

Preußen wie England, — auch letzteres, trotz Palmerstons Handeln im
Interesse Oestreichs, wie man die Sache zu nennen pflegt, im Gesammtinter-
esse der Germanen, und folglich auch im eignen, wie wir es richtiger zu be¬
zeichnen glauben. Nußland handelt ganz bestimmt nicht in diesem Interesse,
^ ist ganz ebenso sicher der natürliche Verbündete Frankreichs, als Preußen
und England die natürlichen Verbündeten, — Verbündete en xrmcixs, wie
die Franzosen sich ausdrücken, — Oestreichs sind.

Daß Oestreich sofort auf den Waffenstillstand eingegangen ist, begreift
l'es augenblicklich; es hat zwei Hauptschlachten verloren, hat in keinem Kampfe
den Sieg davon getragen; da muß man sich wol zu erholen trachten. Daß
°s aber den Waffenstillstand nicht in dem Glauben schließt, derselbe werde zum
Frieden führen, ist wol ebenso klar. Um den Frieden zu haben, müßte es
Mindestens die Lombardei opfern, und so weit ist es doch wahrhaftig noch
Nicht reducirt, daß dazu jetzt schon die Nothwendigkeit vorläge. (Der Friede
^ abgeschlossen. D. Red.)

Wir dürfen danach wol feststellen: Oestreich will den Waffenstillstand be-


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[0131] Es ist wahrscheinlich, daß die Oestreicher in dieser Schlacht von ihren Feldtelegraphcn Gebrauch gemacht haben. Wir haben darüber wol noch inter¬ essante Aufschlüsse zu erwarten, die dann wiederum den alten Beweis liefern würden, daß der Nutzen aller solcher Kunstmittel im freien Felde ein sehr ein¬ geschränkter ist und daß sie bei zu großem Vertrauen auf ihre Wirkung sogar entschiedenen Schaden bringen können. 9. Juli. — Gestern kam die Nachricht von dem Waffenstillstand, der am 7. Juli an den Ufern des Mincio zwischen den kriegführenden Theilen geschlossen ist, heute die Bestätigung; bis zum 15. August sollen die Waffen ruhen. Sie haben wol nichts dagegen, daß auch Ihr militärischer Berichterstatter sofort einige Worte ZU der Sache sagt und die Schranken seines eigentlichen Departements, der Behandlung des kunstmäßig organisirten Todtscklagens in Massen ein wenig überschreitet. Wir haben an einem andern Orte gesagt, daß ein Waffenstillstand oft nichts weiter ist, als ein diplomatisches Mittel zu militärischem Zweck. Aus diesem Gesichtspunkte, denken wir, muß der eben abgeschlossene Waffenstillstand betrachtet werden. Ein Anlaß muß immer geboten werden, wenn überhaupt ein Waffenstill¬ stand geschlossen werden soll. Aus diesem Anlaß kann man bisweilen sehr Mg auf die Zwecke schließen, welche beide Theile bei dem Abschluß verfolgen. Im vorliegenden Fall hat den Anlaß der Vermittlungsversuch gegeben, Welchen Preußen mit England neu aufgenommen hat; — wenn wir recht unter¬ richtet sind, ist aber auch Rußland vermittlerisch aufgetreten. Preußen wie England, — auch letzteres, trotz Palmerstons Handeln im Interesse Oestreichs, wie man die Sache zu nennen pflegt, im Gesammtinter- esse der Germanen, und folglich auch im eignen, wie wir es richtiger zu be¬ zeichnen glauben. Nußland handelt ganz bestimmt nicht in diesem Interesse, ^ ist ganz ebenso sicher der natürliche Verbündete Frankreichs, als Preußen und England die natürlichen Verbündeten, — Verbündete en xrmcixs, wie die Franzosen sich ausdrücken, — Oestreichs sind. Daß Oestreich sofort auf den Waffenstillstand eingegangen ist, begreift l'es augenblicklich; es hat zwei Hauptschlachten verloren, hat in keinem Kampfe den Sieg davon getragen; da muß man sich wol zu erholen trachten. Daß °s aber den Waffenstillstand nicht in dem Glauben schließt, derselbe werde zum Frieden führen, ist wol ebenso klar. Um den Frieden zu haben, müßte es Mindestens die Lombardei opfern, und so weit ist es doch wahrhaftig noch Nicht reducirt, daß dazu jetzt schon die Nothwendigkeit vorläge. (Der Friede ^ abgeschlossen. D. Red.) Wir dürfen danach wol feststellen: Oestreich will den Waffenstillstand be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/131>, abgerufen am 29.05.2024.