Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

seltsame Ordnung mit Speise und Trank und andern Dingen vorkommt, da
sind sie wie weiche Eier, die durch die Finger fließen, oder wie Papier, Wenns
im Wasser liegt. Und so gehts nicht allein Landsknechten zu Fuß. sondern
den von Adel auch. Führt man sie dann zu Feld in wüste Länder, wo
alles verzehrt und verheert ist, und sie Brodsack und Trinkflasche nicht stets
am Halse hängen haben, so wollen sie verschmachten, verhungern und ver¬
dursten, dann essen und trinken sie ungewöhnliche Dinge, wovon allerlei Krank¬
heit folgt. Solch Gesindlein bleibe zu Haus, warte des Ackerbaues oder sitze
W Kramladen bei den Pfeffersäcken, und behelfe sich, wie Vater und Mutter
gelebt haben, fülle den Bauch alle Abend voll und gehe zu Bett, so wird
"Mu in keinem Kriege erschlagen. Denn man sagt, und es ist auch wahr.
Knegsleute müssen harte und feste Leute sein. Stahl und Eisen gleich, und
gleich den wilden Thieren, die mancherlei Speise essen. Wie auch die scherz¬
te geht, ein Landsknecht muß Spitzen von Radnägeln verdauen tonnen-,
ihnen muß nicht grauen, wenn sie Hunde- oder Katzenfleisch essen müssen, da
^ die Noth erfordert, Pferdefleisch vom Anger ist ihnen ein gutes Wildpret.
und Kraut, das weder gesalzen noch geschmalzen ist. Denn Hunger lehrt
^en. wenn man in dreiWochcn kein Brod gesehen hat. Das Getränk hat
Wan umsonst, wenn man kein Bachwasser bekommen kann, zecht man mit
den Gänsen aus dem Pfuhl oder der Lehmpsütze. Und schlafen muß man unter
^nem Baum oder im Felde, da ist Nauru genug den Erdboden unterzulegen
und den Himmel überzudecken, dort muß oft des Landsknechts Schlafkammer
^'n, und von solchem Bett werden ihm keine Federn in den Haaren hängen.
Daher kommt auch der alte Streit der Hühner und Gänse mit den Lands¬
knechten, weil jene stets in Federn schlafen, und die Landsknechte müssen oft
Stroh liegen. Und noch ein anderes Thier ist den Landsknechten zuwider,
sind die Katzen. Weil die Kriegsleute selbst gut mausen können, darum
tod sie den Katzen feind, und den Hunden günstig. Wie der alte Reim sagt:
E'n Landsknecht soll stets bei sich haben eine schöne Hur, einen Hund und
lungen Knaben, einen langen Spieß, einen kurzen Degen. Frei sucht er den
H^rü. der ihm Bescheid thut geben. Und drei Kriegszüge soll ein Lands-
^echt thun, ehe er ein ehrlicher Mann wird. Nach dem ersten Zug soll er
Hause kommen und zerrissene Kleider anhaben; nach dem zweiten Zug soll
^' zu Hause kommen und soll eine Schramme auf einem Backen mitbringen
Und viel von Stürmen, Schlachten, Scharmützeln und Lärmen zu sagen wis-
sen. und durch die Schramme beweisen, daß er ein Landsknechtszeichen be¬
kommen habe. Und beim dritten Mal soll er auf einem hübschen Gaul wohl¬
geputzt nach Hause kommen und den Beutel voller Gold mitbringen, daß er
ganze Kronen als Bentepfennig auszutheilen habe.

'Wol ist es ein wahres Wort, ein Kriegsmann muß Essen und Trinken


seltsame Ordnung mit Speise und Trank und andern Dingen vorkommt, da
sind sie wie weiche Eier, die durch die Finger fließen, oder wie Papier, Wenns
im Wasser liegt. Und so gehts nicht allein Landsknechten zu Fuß. sondern
den von Adel auch. Führt man sie dann zu Feld in wüste Länder, wo
alles verzehrt und verheert ist, und sie Brodsack und Trinkflasche nicht stets
am Halse hängen haben, so wollen sie verschmachten, verhungern und ver¬
dursten, dann essen und trinken sie ungewöhnliche Dinge, wovon allerlei Krank¬
heit folgt. Solch Gesindlein bleibe zu Haus, warte des Ackerbaues oder sitze
W Kramladen bei den Pfeffersäcken, und behelfe sich, wie Vater und Mutter
gelebt haben, fülle den Bauch alle Abend voll und gehe zu Bett, so wird
"Mu in keinem Kriege erschlagen. Denn man sagt, und es ist auch wahr.
Knegsleute müssen harte und feste Leute sein. Stahl und Eisen gleich, und
gleich den wilden Thieren, die mancherlei Speise essen. Wie auch die scherz¬
te geht, ein Landsknecht muß Spitzen von Radnägeln verdauen tonnen-,
ihnen muß nicht grauen, wenn sie Hunde- oder Katzenfleisch essen müssen, da
^ die Noth erfordert, Pferdefleisch vom Anger ist ihnen ein gutes Wildpret.
und Kraut, das weder gesalzen noch geschmalzen ist. Denn Hunger lehrt
^en. wenn man in dreiWochcn kein Brod gesehen hat. Das Getränk hat
Wan umsonst, wenn man kein Bachwasser bekommen kann, zecht man mit
den Gänsen aus dem Pfuhl oder der Lehmpsütze. Und schlafen muß man unter
^nem Baum oder im Felde, da ist Nauru genug den Erdboden unterzulegen
und den Himmel überzudecken, dort muß oft des Landsknechts Schlafkammer
^'n, und von solchem Bett werden ihm keine Federn in den Haaren hängen.
Daher kommt auch der alte Streit der Hühner und Gänse mit den Lands¬
knechten, weil jene stets in Federn schlafen, und die Landsknechte müssen oft
Stroh liegen. Und noch ein anderes Thier ist den Landsknechten zuwider,
sind die Katzen. Weil die Kriegsleute selbst gut mausen können, darum
tod sie den Katzen feind, und den Hunden günstig. Wie der alte Reim sagt:
E'n Landsknecht soll stets bei sich haben eine schöne Hur, einen Hund und
lungen Knaben, einen langen Spieß, einen kurzen Degen. Frei sucht er den
H^rü. der ihm Bescheid thut geben. Und drei Kriegszüge soll ein Lands-
^echt thun, ehe er ein ehrlicher Mann wird. Nach dem ersten Zug soll er
Hause kommen und zerrissene Kleider anhaben; nach dem zweiten Zug soll
^' zu Hause kommen und soll eine Schramme auf einem Backen mitbringen
Und viel von Stürmen, Schlachten, Scharmützeln und Lärmen zu sagen wis-
sen. und durch die Schramme beweisen, daß er ein Landsknechtszeichen be¬
kommen habe. Und beim dritten Mal soll er auf einem hübschen Gaul wohl¬
geputzt nach Hause kommen und den Beutel voller Gold mitbringen, daß er
ganze Kronen als Bentepfennig auszutheilen habe.

'Wol ist es ein wahres Wort, ein Kriegsmann muß Essen und Trinken


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0155" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107741"/>
              <p xml:id="ID_508" prev="#ID_507"> seltsame Ordnung mit Speise und Trank und andern Dingen vorkommt, da<lb/>
sind sie wie weiche Eier, die durch die Finger fließen, oder wie Papier, Wenns<lb/>
im Wasser liegt. Und so gehts nicht allein Landsknechten zu Fuß. sondern<lb/>
den von Adel auch. Führt man sie dann zu Feld in wüste Länder, wo<lb/>
alles verzehrt und verheert ist, und sie Brodsack und Trinkflasche nicht stets<lb/>
am Halse hängen haben, so wollen sie verschmachten, verhungern und ver¬<lb/>
dursten, dann essen und trinken sie ungewöhnliche Dinge, wovon allerlei Krank¬<lb/>
heit folgt. Solch Gesindlein bleibe zu Haus, warte des Ackerbaues oder sitze<lb/>
W Kramladen bei den Pfeffersäcken, und behelfe sich, wie Vater und Mutter<lb/>
gelebt haben, fülle den Bauch alle Abend voll und gehe zu Bett, so wird<lb/>
"Mu in keinem Kriege erschlagen. Denn man sagt, und es ist auch wahr.<lb/>
Knegsleute müssen harte und feste Leute sein. Stahl und Eisen gleich, und<lb/>
gleich den wilden Thieren, die mancherlei Speise essen. Wie auch die scherz¬<lb/>
te geht, ein Landsknecht muß Spitzen von Radnägeln verdauen tonnen-,<lb/>
ihnen muß nicht grauen, wenn sie Hunde- oder Katzenfleisch essen müssen, da<lb/>
^ die Noth erfordert, Pferdefleisch vom Anger ist ihnen ein gutes Wildpret.<lb/>
und Kraut, das weder gesalzen noch geschmalzen ist. Denn Hunger lehrt<lb/>
^en. wenn man in dreiWochcn kein Brod gesehen hat. Das Getränk hat<lb/>
Wan umsonst, wenn man kein Bachwasser bekommen kann, zecht man mit<lb/>
den Gänsen aus dem Pfuhl oder der Lehmpsütze. Und schlafen muß man unter<lb/>
^nem Baum oder im Felde, da ist Nauru genug den Erdboden unterzulegen<lb/>
und den Himmel überzudecken, dort muß oft des Landsknechts Schlafkammer<lb/>
^'n, und von solchem Bett werden ihm keine Federn in den Haaren hängen.<lb/>
Daher kommt auch der alte Streit der Hühner und Gänse mit den Lands¬<lb/>
knechten, weil jene stets in Federn schlafen, und die Landsknechte müssen oft<lb/>
Stroh liegen. Und noch ein anderes Thier ist den Landsknechten zuwider,<lb/>
sind die Katzen. Weil die Kriegsleute selbst gut mausen können, darum<lb/>
tod sie den Katzen feind, und den Hunden günstig. Wie der alte Reim sagt:<lb/>
E'n Landsknecht soll stets bei sich haben eine schöne Hur, einen Hund und<lb/>
lungen Knaben, einen langen Spieß, einen kurzen Degen. Frei sucht er den<lb/>
H^rü. der ihm Bescheid thut geben. Und drei Kriegszüge soll ein Lands-<lb/>
^echt thun, ehe er ein ehrlicher Mann wird.  Nach dem ersten Zug soll er<lb/>
Hause kommen und zerrissene Kleider anhaben; nach dem zweiten Zug soll<lb/>
^' zu Hause kommen und soll eine Schramme auf einem Backen mitbringen<lb/>
Und viel von Stürmen, Schlachten, Scharmützeln und Lärmen zu sagen wis-<lb/>
sen. und durch die Schramme beweisen, daß er ein Landsknechtszeichen be¬<lb/>
kommen habe. Und beim dritten Mal soll er auf einem hübschen Gaul wohl¬<lb/>
geputzt nach Hause kommen und den Beutel voller Gold mitbringen, daß er<lb/>
ganze Kronen als Bentepfennig auszutheilen habe.</p><lb/>
              <p xml:id="ID_509" next="#ID_510"> 'Wol ist es ein wahres Wort, ein Kriegsmann muß Essen und Trinken</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0155] seltsame Ordnung mit Speise und Trank und andern Dingen vorkommt, da sind sie wie weiche Eier, die durch die Finger fließen, oder wie Papier, Wenns im Wasser liegt. Und so gehts nicht allein Landsknechten zu Fuß. sondern den von Adel auch. Führt man sie dann zu Feld in wüste Länder, wo alles verzehrt und verheert ist, und sie Brodsack und Trinkflasche nicht stets am Halse hängen haben, so wollen sie verschmachten, verhungern und ver¬ dursten, dann essen und trinken sie ungewöhnliche Dinge, wovon allerlei Krank¬ heit folgt. Solch Gesindlein bleibe zu Haus, warte des Ackerbaues oder sitze W Kramladen bei den Pfeffersäcken, und behelfe sich, wie Vater und Mutter gelebt haben, fülle den Bauch alle Abend voll und gehe zu Bett, so wird "Mu in keinem Kriege erschlagen. Denn man sagt, und es ist auch wahr. Knegsleute müssen harte und feste Leute sein. Stahl und Eisen gleich, und gleich den wilden Thieren, die mancherlei Speise essen. Wie auch die scherz¬ te geht, ein Landsknecht muß Spitzen von Radnägeln verdauen tonnen-, ihnen muß nicht grauen, wenn sie Hunde- oder Katzenfleisch essen müssen, da ^ die Noth erfordert, Pferdefleisch vom Anger ist ihnen ein gutes Wildpret. und Kraut, das weder gesalzen noch geschmalzen ist. Denn Hunger lehrt ^en. wenn man in dreiWochcn kein Brod gesehen hat. Das Getränk hat Wan umsonst, wenn man kein Bachwasser bekommen kann, zecht man mit den Gänsen aus dem Pfuhl oder der Lehmpsütze. Und schlafen muß man unter ^nem Baum oder im Felde, da ist Nauru genug den Erdboden unterzulegen und den Himmel überzudecken, dort muß oft des Landsknechts Schlafkammer ^'n, und von solchem Bett werden ihm keine Federn in den Haaren hängen. Daher kommt auch der alte Streit der Hühner und Gänse mit den Lands¬ knechten, weil jene stets in Federn schlafen, und die Landsknechte müssen oft Stroh liegen. Und noch ein anderes Thier ist den Landsknechten zuwider, sind die Katzen. Weil die Kriegsleute selbst gut mausen können, darum tod sie den Katzen feind, und den Hunden günstig. Wie der alte Reim sagt: E'n Landsknecht soll stets bei sich haben eine schöne Hur, einen Hund und lungen Knaben, einen langen Spieß, einen kurzen Degen. Frei sucht er den H^rü. der ihm Bescheid thut geben. Und drei Kriegszüge soll ein Lands- ^echt thun, ehe er ein ehrlicher Mann wird. Nach dem ersten Zug soll er Hause kommen und zerrissene Kleider anhaben; nach dem zweiten Zug soll ^' zu Hause kommen und soll eine Schramme auf einem Backen mitbringen Und viel von Stürmen, Schlachten, Scharmützeln und Lärmen zu sagen wis- sen. und durch die Schramme beweisen, daß er ein Landsknechtszeichen be¬ kommen habe. Und beim dritten Mal soll er auf einem hübschen Gaul wohl¬ geputzt nach Hause kommen und den Beutel voller Gold mitbringen, daß er ganze Kronen als Bentepfennig auszutheilen habe. 'Wol ist es ein wahres Wort, ein Kriegsmann muß Essen und Trinken

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/155
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/155>, abgerufen am 31.05.2024.