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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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am Halse trug.*) Aber zu derselben Zeit gössen bereits "Sideristen", die in
astronomischer Kunst erfahren waren, festmachende Schaupfennige von Silber
und feinem Gold nach "himmlischer Influenz", sie wurden am Halse getragen-
Thurneisser verbreitete auch diese Art Amulete im nördlichen Deutschland.**)
Im dreißigjährigen Kriege brachte ein Zufall die mansfelder Se. Georgenthaler
in Aufnahme, besonders die von 1611 und 1613, mit der Inschrift: "Bei
Gott ist Rath und That."

In dem Ruf fest zu sein, standen nicht nur gemeine Soldaten, auch viele
hohe Befehlshaber; zwar nicht Pappenheim, der fast bei jeder Affaire eint
Wunde erhielt, wol aber Holt, den zuletzt der Teufel persönlich in die Hölle
holte. Till", an dem der entsetzte Stadtwundarzt von Leipzig nach der Schlacht
bei Breitenfeld nur Quetschungen zu verbinden hatte, Wallenstein und sein Ver-
wandter, Terzka; selbst Gustav Adolphs Schwert galt für gefeit. Auch Adas Will-
inger, nach Fadingers Tode Anführer der aufständischen östreichischen Bauern,
war so' gefroren, daß ihn eine Kanonenkugel sieben Schritt zurückriß, ohne in
seine Haut zu dringen, endlich tödtete ihn ein Offizier der Pappenheimer/**)
Alle Fürsten des Hauses Savoyen hielt man noch nach dem dreißigjährigen
Kriege für fest. Feldmarschall Schauenburg hat es am Prinzen Thomas ver¬
suchen lassen, als er ihn in einer italienischen Festung belagerte. Den besten
Schützen hat die Büchsenkugel versagt. Man wußte nicht, ob die Männer des
hohen Hauses besondere Gnade haben, weil sie aus dem Geschlecht des kö¬
niglichen Propheten David stammen, oder ob daselbst die Kunst erblich war,
sich festzumachen.-j-)

Es gab kaum jemand, welcher den Glauben an die geheimnißvolle Kunst
nicht theilte. Der berühmte französische Feldherr Messire Jacques de Puyse^
gur mußte im Jahr 1622 in den französischen Bürgerkriegen einen Gegner,
<mi a>veut uri caraetörs, weil er ihn mit der Waffe nicht tödten konnte, durch
Nackenschläge mit einem Hebebaum umbringen lassen, und über das Aben¬
teuer seinem König berichten.Schon bei der Blockirung von Magdeburg im
Jahr 1629 wurde die Klage über solche Mittel so allgemein, daß die Krieg'
führenden darüber verhandelten. Selbst Gustav Adolph verbot in § 1. seiner
Kriegsartikel eifrig Götzendienst, Hexerei oder Zauberei der Waffen als eine
Sünde gegen Gott.

Aber die dunkeln Mächte, welche sich der Kriegsmann zu Helfern warb,







Adam Henricpetri I. z, I. 1SS5,
, -) Abbildungen derselben in: Moehsen, Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in
Mark Brandenburg, Berlin 1783.
I^urss, ^ustriaes, zum Jahr 1626.
>-) Simplicissimus 13.
1"t) I^hö memoirös as?u^SöKur, ^mstsrcl^in I6g0. I. x. 16.

am Halse trug.*) Aber zu derselben Zeit gössen bereits „Sideristen", die in
astronomischer Kunst erfahren waren, festmachende Schaupfennige von Silber
und feinem Gold nach „himmlischer Influenz", sie wurden am Halse getragen-
Thurneisser verbreitete auch diese Art Amulete im nördlichen Deutschland.**)
Im dreißigjährigen Kriege brachte ein Zufall die mansfelder Se. Georgenthaler
in Aufnahme, besonders die von 1611 und 1613, mit der Inschrift: „Bei
Gott ist Rath und That."

In dem Ruf fest zu sein, standen nicht nur gemeine Soldaten, auch viele
hohe Befehlshaber; zwar nicht Pappenheim, der fast bei jeder Affaire eint
Wunde erhielt, wol aber Holt, den zuletzt der Teufel persönlich in die Hölle
holte. Till«, an dem der entsetzte Stadtwundarzt von Leipzig nach der Schlacht
bei Breitenfeld nur Quetschungen zu verbinden hatte, Wallenstein und sein Ver-
wandter, Terzka; selbst Gustav Adolphs Schwert galt für gefeit. Auch Adas Will-
inger, nach Fadingers Tode Anführer der aufständischen östreichischen Bauern,
war so' gefroren, daß ihn eine Kanonenkugel sieben Schritt zurückriß, ohne in
seine Haut zu dringen, endlich tödtete ihn ein Offizier der Pappenheimer/**)
Alle Fürsten des Hauses Savoyen hielt man noch nach dem dreißigjährigen
Kriege für fest. Feldmarschall Schauenburg hat es am Prinzen Thomas ver¬
suchen lassen, als er ihn in einer italienischen Festung belagerte. Den besten
Schützen hat die Büchsenkugel versagt. Man wußte nicht, ob die Männer des
hohen Hauses besondere Gnade haben, weil sie aus dem Geschlecht des kö¬
niglichen Propheten David stammen, oder ob daselbst die Kunst erblich war,
sich festzumachen.-j-)

Es gab kaum jemand, welcher den Glauben an die geheimnißvolle Kunst
nicht theilte. Der berühmte französische Feldherr Messire Jacques de Puyse^
gur mußte im Jahr 1622 in den französischen Bürgerkriegen einen Gegner,
<mi a>veut uri caraetörs, weil er ihn mit der Waffe nicht tödten konnte, durch
Nackenschläge mit einem Hebebaum umbringen lassen, und über das Aben¬
teuer seinem König berichten.Schon bei der Blockirung von Magdeburg im
Jahr 1629 wurde die Klage über solche Mittel so allgemein, daß die Krieg'
führenden darüber verhandelten. Selbst Gustav Adolph verbot in § 1. seiner
Kriegsartikel eifrig Götzendienst, Hexerei oder Zauberei der Waffen als eine
Sünde gegen Gott.

Aber die dunkeln Mächte, welche sich der Kriegsmann zu Helfern warb,







Adam Henricpetri I. z, I. 1SS5,
, -) Abbildungen derselben in: Moehsen, Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in
Mark Brandenburg, Berlin 1783.
I^urss, ^ustriaes, zum Jahr 1626.
>-) Simplicissimus 13.
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[0244] am Halse trug.*) Aber zu derselben Zeit gössen bereits „Sideristen", die in astronomischer Kunst erfahren waren, festmachende Schaupfennige von Silber und feinem Gold nach „himmlischer Influenz", sie wurden am Halse getragen- Thurneisser verbreitete auch diese Art Amulete im nördlichen Deutschland.**) Im dreißigjährigen Kriege brachte ein Zufall die mansfelder Se. Georgenthaler in Aufnahme, besonders die von 1611 und 1613, mit der Inschrift: „Bei Gott ist Rath und That." In dem Ruf fest zu sein, standen nicht nur gemeine Soldaten, auch viele hohe Befehlshaber; zwar nicht Pappenheim, der fast bei jeder Affaire eint Wunde erhielt, wol aber Holt, den zuletzt der Teufel persönlich in die Hölle holte. Till«, an dem der entsetzte Stadtwundarzt von Leipzig nach der Schlacht bei Breitenfeld nur Quetschungen zu verbinden hatte, Wallenstein und sein Ver- wandter, Terzka; selbst Gustav Adolphs Schwert galt für gefeit. Auch Adas Will- inger, nach Fadingers Tode Anführer der aufständischen östreichischen Bauern, war so' gefroren, daß ihn eine Kanonenkugel sieben Schritt zurückriß, ohne in seine Haut zu dringen, endlich tödtete ihn ein Offizier der Pappenheimer/**) Alle Fürsten des Hauses Savoyen hielt man noch nach dem dreißigjährigen Kriege für fest. Feldmarschall Schauenburg hat es am Prinzen Thomas ver¬ suchen lassen, als er ihn in einer italienischen Festung belagerte. Den besten Schützen hat die Büchsenkugel versagt. Man wußte nicht, ob die Männer des hohen Hauses besondere Gnade haben, weil sie aus dem Geschlecht des kö¬ niglichen Propheten David stammen, oder ob daselbst die Kunst erblich war, sich festzumachen.-j-) Es gab kaum jemand, welcher den Glauben an die geheimnißvolle Kunst nicht theilte. Der berühmte französische Feldherr Messire Jacques de Puyse^ gur mußte im Jahr 1622 in den französischen Bürgerkriegen einen Gegner, <mi a>veut uri caraetörs, weil er ihn mit der Waffe nicht tödten konnte, durch Nackenschläge mit einem Hebebaum umbringen lassen, und über das Aben¬ teuer seinem König berichten.Schon bei der Blockirung von Magdeburg im Jahr 1629 wurde die Klage über solche Mittel so allgemein, daß die Krieg' führenden darüber verhandelten. Selbst Gustav Adolph verbot in § 1. seiner Kriegsartikel eifrig Götzendienst, Hexerei oder Zauberei der Waffen als eine Sünde gegen Gott. Aber die dunkeln Mächte, welche sich der Kriegsmann zu Helfern warb, Adam Henricpetri I. z, I. 1SS5, , -) Abbildungen derselben in: Moehsen, Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in Mark Brandenburg, Berlin 1783. I^urss, ^ustriaes, zum Jahr 1626. >-) Simplicissimus 13. 1"t) I^hö memoirös as?u^SöKur, ^mstsrcl^in I6g0. I. x. 16.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/244>, abgerufen am 28.05.2024.