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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Ersten eine gesunde Entwicklung Italiens unmöglich machen, ist die von
Frankreich und Sardinien gestellte Forderung einer Revision dieser Verträge
^rechtfertigt und die östreichische Kriegserklärung an Sardinien wenigstens
l"renat (da vorläufig nur von einer Revision jener Verträge die Rede war)
^ Unrecht. 4) sowol seine Bundespflicht zu erfüllen für den Fall ein^es
"K"ffs auf die deutsche Bundesgrenze, als Oestreich zur Aufrechthaltung
^ures Länderbesitzes in Italien Hilfe zu leisten, ist es nöthig, daß. bevor
^'ttißen in Action tritt, mit den übrigen deutschen Staaten die Art der
^egführung vereinbart wird. Diese Vereinbarung ist um so nothwendiger,
a die Vundeskriegsverfassung für einen ernsten Krieg nicht ausreicht und da
Östreich in diesem Augenblick, als bereits Krieg führende Macht, eine andere
Teilung einnimmt als Preußen und das übrige Deutschland. Um daher die
tunkte i und 2 wirksam durchzuführen, muß vorher für den Lauf des Krie¬
ges die militärische und diplomatische Leitung des außeröstreichischen Bundes-
ondes an Preußen übertragen werden.

Dieser Standpunkt scheint an sich sehr logisch, und die Actenstücke zeigen
^6. daß Preußen ihn von vornherein gegen Oestreich, gegen die übrigen
^undesstaaten. ja so weit es diese anging, auch gegen England und Ru߬
end offen ausgesprochen hat.

Trotzdem wird auch der eifrigste Freund Preußens nicht leugnen können.
^, wie schon der Erfolg lehrt, in dieser Rechnung etwas nicht stimmt. Und
^' näherm Zusehn sind die Momente, welche Preußen außer Rechnung gelassen
nicht schwer zu finden.

Um in einem großen Kriege, ohne doch neutral zu bleiben, eine gewisser-
'"liszen unabhängige Stellung zu behaupten, muß man entweder an Macht
^ Krieg führenden Parteien überlegen sein, oder sich bei den vorläufig nicht
heiligten Staaten eines Credits erfreun, der diese physische Uebermacht er-
^"Se. Wenn Belgien und Holland Krieg führen, so kann Frankreich aller-
'"gs eine ähnliche Rolle spielen, wie sie Preußen sich in diesem Fall ungefähr
^'gestM hat. Eine solche Rolle verlangt, daß man nöthigenfalls allein
°°er mit seinen Verbündeten beiden Krieg führenden Mächten gewachsen sei.
^ einen Staat, der an sich schwächer ist als jede der beiden Krieg führenden
Mächte, bleibt unsers Erachtens keine Wahl, als entweder sich mit der einen
^selben zu verbinden, oder wenn das unter annehmbaren Bedingungen nicht
Östlich jhe^ ,^utral zu bleiben. Eine bewaffnete Intervention ist ein stolz
""gentes Wort, sie führt aber die Gefahr mit sich, von beiden Theilen zu-
^'eh angegriffen zu werden.

." Es ist meistens so aufgefaßt worden, als ob der Frieden von Billafrcmca
!^ Pansen eine Niederlage gewesen sei. So weit wir die Sache übersehen
°""en. hat er Preußen vielmehr aus einer großen Verlegenheit befreit. Preußen
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Ersten eine gesunde Entwicklung Italiens unmöglich machen, ist die von
Frankreich und Sardinien gestellte Forderung einer Revision dieser Verträge
^rechtfertigt und die östreichische Kriegserklärung an Sardinien wenigstens
l"renat (da vorläufig nur von einer Revision jener Verträge die Rede war)
^ Unrecht. 4) sowol seine Bundespflicht zu erfüllen für den Fall ein^es
"K"ffs auf die deutsche Bundesgrenze, als Oestreich zur Aufrechthaltung
^ures Länderbesitzes in Italien Hilfe zu leisten, ist es nöthig, daß. bevor
^'ttißen in Action tritt, mit den übrigen deutschen Staaten die Art der
^egführung vereinbart wird. Diese Vereinbarung ist um so nothwendiger,
a die Vundeskriegsverfassung für einen ernsten Krieg nicht ausreicht und da
Östreich in diesem Augenblick, als bereits Krieg führende Macht, eine andere
Teilung einnimmt als Preußen und das übrige Deutschland. Um daher die
tunkte i und 2 wirksam durchzuführen, muß vorher für den Lauf des Krie¬
ges die militärische und diplomatische Leitung des außeröstreichischen Bundes-
ondes an Preußen übertragen werden.

Dieser Standpunkt scheint an sich sehr logisch, und die Actenstücke zeigen
^6. daß Preußen ihn von vornherein gegen Oestreich, gegen die übrigen
^undesstaaten. ja so weit es diese anging, auch gegen England und Ru߬
end offen ausgesprochen hat.

Trotzdem wird auch der eifrigste Freund Preußens nicht leugnen können.
^, wie schon der Erfolg lehrt, in dieser Rechnung etwas nicht stimmt. Und
^' näherm Zusehn sind die Momente, welche Preußen außer Rechnung gelassen
nicht schwer zu finden.

Um in einem großen Kriege, ohne doch neutral zu bleiben, eine gewisser-
'"liszen unabhängige Stellung zu behaupten, muß man entweder an Macht
^ Krieg führenden Parteien überlegen sein, oder sich bei den vorläufig nicht
heiligten Staaten eines Credits erfreun, der diese physische Uebermacht er-
^"Se. Wenn Belgien und Holland Krieg führen, so kann Frankreich aller-
'"gs eine ähnliche Rolle spielen, wie sie Preußen sich in diesem Fall ungefähr
^'gestM hat. Eine solche Rolle verlangt, daß man nöthigenfalls allein
°°er mit seinen Verbündeten beiden Krieg führenden Mächten gewachsen sei.
^ einen Staat, der an sich schwächer ist als jede der beiden Krieg führenden
Mächte, bleibt unsers Erachtens keine Wahl, als entweder sich mit der einen
^selben zu verbinden, oder wenn das unter annehmbaren Bedingungen nicht
Östlich jhe^ ,^utral zu bleiben. Eine bewaffnete Intervention ist ein stolz
""gentes Wort, sie führt aber die Gefahr mit sich, von beiden Theilen zu-
^'eh angegriffen zu werden.

.„ Es ist meistens so aufgefaßt worden, als ob der Frieden von Billafrcmca
!^ Pansen eine Niederlage gewesen sei. So weit wir die Sache übersehen
°""en. hat er Preußen vielmehr aus einer großen Verlegenheit befreit. Preußen
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[0369] Ersten eine gesunde Entwicklung Italiens unmöglich machen, ist die von Frankreich und Sardinien gestellte Forderung einer Revision dieser Verträge ^rechtfertigt und die östreichische Kriegserklärung an Sardinien wenigstens l"renat (da vorläufig nur von einer Revision jener Verträge die Rede war) ^ Unrecht. 4) sowol seine Bundespflicht zu erfüllen für den Fall ein^es "K"ffs auf die deutsche Bundesgrenze, als Oestreich zur Aufrechthaltung ^ures Länderbesitzes in Italien Hilfe zu leisten, ist es nöthig, daß. bevor ^'ttißen in Action tritt, mit den übrigen deutschen Staaten die Art der ^egführung vereinbart wird. Diese Vereinbarung ist um so nothwendiger, a die Vundeskriegsverfassung für einen ernsten Krieg nicht ausreicht und da Östreich in diesem Augenblick, als bereits Krieg führende Macht, eine andere Teilung einnimmt als Preußen und das übrige Deutschland. Um daher die tunkte i und 2 wirksam durchzuführen, muß vorher für den Lauf des Krie¬ ges die militärische und diplomatische Leitung des außeröstreichischen Bundes- ondes an Preußen übertragen werden. Dieser Standpunkt scheint an sich sehr logisch, und die Actenstücke zeigen ^6. daß Preußen ihn von vornherein gegen Oestreich, gegen die übrigen ^undesstaaten. ja so weit es diese anging, auch gegen England und Ru߬ end offen ausgesprochen hat. Trotzdem wird auch der eifrigste Freund Preußens nicht leugnen können. ^, wie schon der Erfolg lehrt, in dieser Rechnung etwas nicht stimmt. Und ^' näherm Zusehn sind die Momente, welche Preußen außer Rechnung gelassen nicht schwer zu finden. Um in einem großen Kriege, ohne doch neutral zu bleiben, eine gewisser- '"liszen unabhängige Stellung zu behaupten, muß man entweder an Macht ^ Krieg führenden Parteien überlegen sein, oder sich bei den vorläufig nicht heiligten Staaten eines Credits erfreun, der diese physische Uebermacht er- ^"Se. Wenn Belgien und Holland Krieg führen, so kann Frankreich aller- '"gs eine ähnliche Rolle spielen, wie sie Preußen sich in diesem Fall ungefähr ^'gestM hat. Eine solche Rolle verlangt, daß man nöthigenfalls allein °°er mit seinen Verbündeten beiden Krieg führenden Mächten gewachsen sei. ^ einen Staat, der an sich schwächer ist als jede der beiden Krieg führenden Mächte, bleibt unsers Erachtens keine Wahl, als entweder sich mit der einen ^selben zu verbinden, oder wenn das unter annehmbaren Bedingungen nicht Östlich jhe^ ,^utral zu bleiben. Eine bewaffnete Intervention ist ein stolz ""gentes Wort, sie führt aber die Gefahr mit sich, von beiden Theilen zu- ^'eh angegriffen zu werden. .„ Es ist meistens so aufgefaßt worden, als ob der Frieden von Billafrcmca !^ Pansen eine Niederlage gewesen sei. So weit wir die Sache übersehen °""en. hat er Preußen vielmehr aus einer großen Verlegenheit befreit. Preußen * 45

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/369>, abgerufen am 13.05.2024.