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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Conversationshause, die berühmte Kochsünstlcrin und stattliche Dame reichlich
wieder gut. An sie wandten sich auch die Fremden, mochten sie nun in dem
Conversationshause oder sonst auf der Insel eine Unterkunft suchen.

Aas von dem Landesfürsten erbaute und von ihm und seiner Familie häufig
benutzte Convcrsationshaus diente einem dreifachen Zwecke: einmal war es
das, was der Name ausdrückt, ein Sammelpunkt der auf der Insel zerstreut
wohnenden Kurfremden, wo sie. wenn nicht täglich, so doch öfter in der Woche,
sich zur Mahlzeit und zu geselligen Vergnügungen zusammenfanden; dann aber
auch Gast- und Kurhaus, indem man daselbst nicht nur wohleingerichtete
Quartiere, wenngleich in beschränkter Anzahl, sondern auch Bäder fand; denn
schwächliche Personen, denen der Arzt das offne Meer untersagte, nahmen
hier ihr Seewasserbad in der Wanne. Die in dem Conversationshause be¬
triebene Wirthschaft, so wie die ganze Badeanstalt, gingen auf Staatskosten.
Zu den geselligen Vergnügungen gehörten nicht allein Gesellschaftsspiele, kleine
Bälle für Große und für Kinder, Bilderstellen u. f. w., sondern auch gemein¬
schaftliche Ausflüge in die Insel, z. B. die Spaziergänge in die Wangcr-
Oger Schweiz. Diesen kühnen Namen führte eine Gegend in den Dünen,
wo man geschützt vor dem Winde, auf dem Rasen gelagert, Kaffee zu genießen
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pflegte. ,".

Nur in den Bademonaten, also vom Juni bis in den September, gab
es einen Fleischer auf Wcmger-Oge; derselbe versorgte auch das in dieser Zeit
bestehende Speisehaus, von welchem die Fremden, die nicht im Conversations¬
hause aßen, ihre Kost bezogen. Nur dann gab es einen Arzt und einet^
Apotheker auf der Insel. Im Frühjahr, Herbst und Winter waren also die
ständigen Bewohner Wanger-Oges auf ihre -- natürlich oft sehr dürftigen
Vorräthe und auf die Sendungen, die mit dem Fährschiffe von dem Festlande
kamen, angewiesen; aber das Fährschiff ging dann weit seltner und sah sich
öfters in der Lage, seine Fahrten ganz auszusetzen. Man denke sich die Lage
des Predigers auf Wauger-Oge! Die Einsamkeit und Verlassenheit, worin
er dann lebte, war ungleich größer als die des Pfarrers in dem Hospiz auf
dem Sanct-Gotthard, wo die Verbindung mit der Welt doch anch im Winter,
offen bleibt. Für die beste Badezeit gelten auf Wcmger-Oge die Monate
Juli und August; im Juni ist, wie Doctor Chemnitz zu sagen pflegte, "das
Meer noch nicht reif". Da die Wirkung zum guten Theil von einem starke"
Wellenschlag abhängt, so wurde nur bei steigender Flut gebadet; daher die
Badezeit mit der Flutzeit auf- und abrückte. Auch die Tafclsiunde im Conver¬
sationshause mußte sich diesem Wechsel bequemen. Der Badestrand lag na¬
türlich auf der Nordseite der Insel, von wo die großen Wellen, auch in weiter
Ferne ungehemmt, in ungebrochener Kraft herankommen. Aus festem See'
fand bestehend und sanft abhängig, zeigte sich dieser Ort ebenso sicher als


Conversationshause, die berühmte Kochsünstlcrin und stattliche Dame reichlich
wieder gut. An sie wandten sich auch die Fremden, mochten sie nun in dem
Conversationshause oder sonst auf der Insel eine Unterkunft suchen.

Aas von dem Landesfürsten erbaute und von ihm und seiner Familie häufig
benutzte Convcrsationshaus diente einem dreifachen Zwecke: einmal war es
das, was der Name ausdrückt, ein Sammelpunkt der auf der Insel zerstreut
wohnenden Kurfremden, wo sie. wenn nicht täglich, so doch öfter in der Woche,
sich zur Mahlzeit und zu geselligen Vergnügungen zusammenfanden; dann aber
auch Gast- und Kurhaus, indem man daselbst nicht nur wohleingerichtete
Quartiere, wenngleich in beschränkter Anzahl, sondern auch Bäder fand; denn
schwächliche Personen, denen der Arzt das offne Meer untersagte, nahmen
hier ihr Seewasserbad in der Wanne. Die in dem Conversationshause be¬
triebene Wirthschaft, so wie die ganze Badeanstalt, gingen auf Staatskosten.
Zu den geselligen Vergnügungen gehörten nicht allein Gesellschaftsspiele, kleine
Bälle für Große und für Kinder, Bilderstellen u. f. w., sondern auch gemein¬
schaftliche Ausflüge in die Insel, z. B. die Spaziergänge in die Wangcr-
Oger Schweiz. Diesen kühnen Namen führte eine Gegend in den Dünen,
wo man geschützt vor dem Winde, auf dem Rasen gelagert, Kaffee zu genießen
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Nur in den Bademonaten, also vom Juni bis in den September, gab
es einen Fleischer auf Wcmger-Oge; derselbe versorgte auch das in dieser Zeit
bestehende Speisehaus, von welchem die Fremden, die nicht im Conversations¬
hause aßen, ihre Kost bezogen. Nur dann gab es einen Arzt und einet^
Apotheker auf der Insel. Im Frühjahr, Herbst und Winter waren also die
ständigen Bewohner Wanger-Oges auf ihre — natürlich oft sehr dürftigen
Vorräthe und auf die Sendungen, die mit dem Fährschiffe von dem Festlande
kamen, angewiesen; aber das Fährschiff ging dann weit seltner und sah sich
öfters in der Lage, seine Fahrten ganz auszusetzen. Man denke sich die Lage
des Predigers auf Wauger-Oge! Die Einsamkeit und Verlassenheit, worin
er dann lebte, war ungleich größer als die des Pfarrers in dem Hospiz auf
dem Sanct-Gotthard, wo die Verbindung mit der Welt doch anch im Winter,
offen bleibt. Für die beste Badezeit gelten auf Wcmger-Oge die Monate
Juli und August; im Juni ist, wie Doctor Chemnitz zu sagen pflegte, „das
Meer noch nicht reif". Da die Wirkung zum guten Theil von einem starke»
Wellenschlag abhängt, so wurde nur bei steigender Flut gebadet; daher die
Badezeit mit der Flutzeit auf- und abrückte. Auch die Tafclsiunde im Conver¬
sationshause mußte sich diesem Wechsel bequemen. Der Badestrand lag na¬
türlich auf der Nordseite der Insel, von wo die großen Wellen, auch in weiter
Ferne ungehemmt, in ungebrochener Kraft herankommen. Aus festem See'
fand bestehend und sanft abhängig, zeigte sich dieser Ort ebenso sicher als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/116>, abgerufen am 14.06.2024.