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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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von ungeheuren Granitblöcken erbaut und mit Kasernen für etwa 4000 Mann
versehen, den Hügel du Route krönt. Es ist. indem es außer der Stadt auch
einen großen Theil der Rhede und auf der andern Seite die Eisenbahn be¬
herrscht, der Schlüssel der ganzen Position, wird jedoch zu seiner Vollendung
noch geraume Zeit erfordern. Die Milttärstadt mit den Werften und innern
Hafen liegt nordwestlich von der alten bürgerlichen Stadt. Sie ist von der
letztem durch Walle und einen tiefen mit der See in Verbindung stehenden
Graben getrennt und durch verschiedene Batterien und Forts vertheidigt. An
ihrer Nordostecke erhebt sich auf einer Felsenzunge das Fort du Houel. welches
mit seinen 52 schweren Kanonen die Rhede vollständig beherrscht. Die Erd-
werte, die sich an der östlichen und nördlichen Seefront hinziehen, sind gut
gebaut und werden, wenn sie ihre volle Armirung erhalten haben, mit 82 bis
84 Feuerschlünden gespickt sein. Hinter der Stadt ragen in einem Halbkreis
über den Thälern, welche auf die Rhede zulaufen, die Redouten des Couplets
und du Tot und die Forts des Forches und d'Octeville. Die Westseite der
Rhede wird durch die Batterie Ste. Anne und ein sehr starkes, mit 46 Kano¬
nen und 4 gewaltigen Mörsern armirtcs Fort aus Point Querqucville so wie
durch ein Fort auf dem vor der westlichen Einfahrt liegenden Klippeneiland
Cavagnac vertheidigt werden; indeß ist auch hier noch vieles zu vollenden,
ehe die Rhede vollständig sicher ist.

Im englischen Parlament wurde behauptet, daß Cherbourg einer feind-
lichen Flotte mindestens 3000 Feuerschlünde entgegenstellen könne. Dasselbe
wurde in diesen Blättern gesagt. Buhl. der die Sache gründlich untersucht
hat. nennt dies eine ungeheure Uebertreibung. Er hat die Schießscharten
gezählt und die verschiedenen Forts, Schanzen und Batterien angesehen und
das Ergebniß war. daß nur etwa für 320 Kanonen und ungefähr 40 Mörser
Raum vorhanden ist, ausgenommen die Werke auf dem Wasserbrecher, wo
noch 74 bis 80 Feuerschlünde Platz finden. Wir müssen annehmen, daß er
Recht Hot. zumal auch Capitän Pia in seinen sehr genauen "Notes on Oder-
vourg" von den Batterien und Forts am Lande sagt, daß sie in runder
Summe 314 Kanonen und 32 Mörser haben. Indeß verlieren die Werke
Cherbourgs dadurch nicht an Furchtbarkeit, indem 440 Geschütze, die ihr Feuer
kreuzen, vollkommen hinreichen, einen Angriff von Schiffen zu vereiteln.

Der Kauffahrteihafen Cherbourgs befindet sich ungefähr in der Mitte
des südlichen Randes der Rhede an der Mündung der Bäche Trotebec und
Divette. Der Kriegshafen liegt etwas weiter nach Westen. Er besteht aus
drei großen Becken, die größtentheils in den Felsen gehauen sind. miteinander
in Verbindung stehen und um sich die gewaltigen Etablissements des Arsenals
und der Werften haben. Das äußerste Becken, in welches von der Rhede ein
breiter Kanal führt. wird das Bassin Napoleon oder Avant Port Militaire


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von ungeheuren Granitblöcken erbaut und mit Kasernen für etwa 4000 Mann
versehen, den Hügel du Route krönt. Es ist. indem es außer der Stadt auch
einen großen Theil der Rhede und auf der andern Seite die Eisenbahn be¬
herrscht, der Schlüssel der ganzen Position, wird jedoch zu seiner Vollendung
noch geraume Zeit erfordern. Die Milttärstadt mit den Werften und innern
Hafen liegt nordwestlich von der alten bürgerlichen Stadt. Sie ist von der
letztem durch Walle und einen tiefen mit der See in Verbindung stehenden
Graben getrennt und durch verschiedene Batterien und Forts vertheidigt. An
ihrer Nordostecke erhebt sich auf einer Felsenzunge das Fort du Houel. welches
mit seinen 52 schweren Kanonen die Rhede vollständig beherrscht. Die Erd-
werte, die sich an der östlichen und nördlichen Seefront hinziehen, sind gut
gebaut und werden, wenn sie ihre volle Armirung erhalten haben, mit 82 bis
84 Feuerschlünden gespickt sein. Hinter der Stadt ragen in einem Halbkreis
über den Thälern, welche auf die Rhede zulaufen, die Redouten des Couplets
und du Tot und die Forts des Forches und d'Octeville. Die Westseite der
Rhede wird durch die Batterie Ste. Anne und ein sehr starkes, mit 46 Kano¬
nen und 4 gewaltigen Mörsern armirtcs Fort aus Point Querqucville so wie
durch ein Fort auf dem vor der westlichen Einfahrt liegenden Klippeneiland
Cavagnac vertheidigt werden; indeß ist auch hier noch vieles zu vollenden,
ehe die Rhede vollständig sicher ist.

Im englischen Parlament wurde behauptet, daß Cherbourg einer feind-
lichen Flotte mindestens 3000 Feuerschlünde entgegenstellen könne. Dasselbe
wurde in diesen Blättern gesagt. Buhl. der die Sache gründlich untersucht
hat. nennt dies eine ungeheure Uebertreibung. Er hat die Schießscharten
gezählt und die verschiedenen Forts, Schanzen und Batterien angesehen und
das Ergebniß war. daß nur etwa für 320 Kanonen und ungefähr 40 Mörser
Raum vorhanden ist, ausgenommen die Werke auf dem Wasserbrecher, wo
noch 74 bis 80 Feuerschlünde Platz finden. Wir müssen annehmen, daß er
Recht Hot. zumal auch Capitän Pia in seinen sehr genauen „Notes on Oder-
vourg« von den Batterien und Forts am Lande sagt, daß sie in runder
Summe 314 Kanonen und 32 Mörser haben. Indeß verlieren die Werke
Cherbourgs dadurch nicht an Furchtbarkeit, indem 440 Geschütze, die ihr Feuer
kreuzen, vollkommen hinreichen, einen Angriff von Schiffen zu vereiteln.

Der Kauffahrteihafen Cherbourgs befindet sich ungefähr in der Mitte
des südlichen Randes der Rhede an der Mündung der Bäche Trotebec und
Divette. Der Kriegshafen liegt etwas weiter nach Westen. Er besteht aus
drei großen Becken, die größtentheils in den Felsen gehauen sind. miteinander
in Verbindung stehen und um sich die gewaltigen Etablissements des Arsenals
und der Werften haben. Das äußerste Becken, in welches von der Rhede ein
breiter Kanal führt. wird das Bassin Napoleon oder Avant Port Militaire


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[0039] von ungeheuren Granitblöcken erbaut und mit Kasernen für etwa 4000 Mann versehen, den Hügel du Route krönt. Es ist. indem es außer der Stadt auch einen großen Theil der Rhede und auf der andern Seite die Eisenbahn be¬ herrscht, der Schlüssel der ganzen Position, wird jedoch zu seiner Vollendung noch geraume Zeit erfordern. Die Milttärstadt mit den Werften und innern Hafen liegt nordwestlich von der alten bürgerlichen Stadt. Sie ist von der letztem durch Walle und einen tiefen mit der See in Verbindung stehenden Graben getrennt und durch verschiedene Batterien und Forts vertheidigt. An ihrer Nordostecke erhebt sich auf einer Felsenzunge das Fort du Houel. welches mit seinen 52 schweren Kanonen die Rhede vollständig beherrscht. Die Erd- werte, die sich an der östlichen und nördlichen Seefront hinziehen, sind gut gebaut und werden, wenn sie ihre volle Armirung erhalten haben, mit 82 bis 84 Feuerschlünden gespickt sein. Hinter der Stadt ragen in einem Halbkreis über den Thälern, welche auf die Rhede zulaufen, die Redouten des Couplets und du Tot und die Forts des Forches und d'Octeville. Die Westseite der Rhede wird durch die Batterie Ste. Anne und ein sehr starkes, mit 46 Kano¬ nen und 4 gewaltigen Mörsern armirtcs Fort aus Point Querqucville so wie durch ein Fort auf dem vor der westlichen Einfahrt liegenden Klippeneiland Cavagnac vertheidigt werden; indeß ist auch hier noch vieles zu vollenden, ehe die Rhede vollständig sicher ist. Im englischen Parlament wurde behauptet, daß Cherbourg einer feind- lichen Flotte mindestens 3000 Feuerschlünde entgegenstellen könne. Dasselbe wurde in diesen Blättern gesagt. Buhl. der die Sache gründlich untersucht hat. nennt dies eine ungeheure Uebertreibung. Er hat die Schießscharten gezählt und die verschiedenen Forts, Schanzen und Batterien angesehen und das Ergebniß war. daß nur etwa für 320 Kanonen und ungefähr 40 Mörser Raum vorhanden ist, ausgenommen die Werke auf dem Wasserbrecher, wo noch 74 bis 80 Feuerschlünde Platz finden. Wir müssen annehmen, daß er Recht Hot. zumal auch Capitän Pia in seinen sehr genauen „Notes on Oder- vourg« von den Batterien und Forts am Lande sagt, daß sie in runder Summe 314 Kanonen und 32 Mörser haben. Indeß verlieren die Werke Cherbourgs dadurch nicht an Furchtbarkeit, indem 440 Geschütze, die ihr Feuer kreuzen, vollkommen hinreichen, einen Angriff von Schiffen zu vereiteln. Der Kauffahrteihafen Cherbourgs befindet sich ungefähr in der Mitte des südlichen Randes der Rhede an der Mündung der Bäche Trotebec und Divette. Der Kriegshafen liegt etwas weiter nach Westen. Er besteht aus drei großen Becken, die größtentheils in den Felsen gehauen sind. miteinander in Verbindung stehen und um sich die gewaltigen Etablissements des Arsenals und der Werften haben. Das äußerste Becken, in welches von der Rhede ein breiter Kanal führt. wird das Bassin Napoleon oder Avant Port Militaire 4*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/39>, abgerufen am 21.05.2024.