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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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enge einen Hasen zu finden, in dem sie warten oder in dem sie. mit günsti¬
gem Wind kommend, bei plötzlichem Umschlagen desselben sofort Schuh suchen
kann. Nun finden sich an der Straße aus dem Mittelmeer in das Atlantische
nur zwei solche Häfen: Gibraltar und Ceuta. und da letzteres in den Hän¬
den einer Macht ist. die als Seemacht keine Bedeutung hat, so hat anch der
Hufen Ceutas in obiger Beziehung keine Bedeutung, indem es die Engländer
jeden Augenblick verhindern können, daß er von Spanien einer ihnen feind¬
lichen Macht geöffnet wird. So kann man in gewissem Sinne sagen, daß
die Engländer jetzt beide Seiten der Meerenge beherrschen. Etwas ganz An¬
deres wäre es. wenn Ceuta den Franzosen gehörte; dann wäre der Besitz
Gibraltars für Großbritannien von unendlich geringerer Wichtigkeit.

Wir kehren nun zu den marokkanischen Küsten zurück. Beim Cap Spar¬
tel, welches zwei Lieues westlich von Tanger liegt, verläßt man die Meerenge
und tritt in das Atlantische Meer ein. Infolge der erwähnten reißenden
Strömung ist ein Kreuzen an diesen Küsten sehr schwierig, man ist gezwungen,
in kurzen Schlägen zu laviren und sich dem Lande möglichst nahe zu halten,
da man, in die Mitte des Kanals gehend, gewärtig sein müßte, von dem Men-
n'sstwm mit großer Schnelligkeit weit von den Punkten der Küste weggerissen
Zu werden, die man zu beobachten gekommen. Nachdem man das Kap Spar¬
te! umschifft hat, trifft man den kleinen Hafen Arzila, den früher die Por¬
tugiesen besaßen, und dessen Gestade sich sehr gut zu Truppenlandungen eignet.
Man erblickt eine malerische, theilweise in Trümmern liegende Kasbah, eine
Ringmauer, die mit Zinnen gekrönt und an einigen Stellen von einem tiefen
Graben eingefaßt ist. und mehre dicke Thürme, von denen zwei zur Aufnahme
von Geschützen eingerichtet sind. Die Mauer hat auf ihren langen Seiten
1500. auf den schmalen 1200 Fuß Länge. Die Stadt ist fast ganz verlassen.
Nur etwa 500 Maurer und Juden bewohnen dieselbe und ernähren sich vom
Ertrag ihrer Gärtchen und etwas Fischfang. Der größte Theil der Hänser
liegt in Ruinen. Handel wird nicht getrieben. Dagegen ist Arzila als mi¬
litärischer Posten nicht ohne eine gewisse Bedeutung; denn man könnte ohne
übliche Kosten die Ringmauer in Vertheidigungsstand setzen und aus dem
Orte ein Depot für die Operationen machen, die man zu Lande gegen Tanger
"der gegen das 7 Lieues südlich von Arzila gelegne Larasch vorzunehmen
gedächte.

Larasch, eine Stadt von etwa 8000 Einwohnern, liegt am Ausfluß des
El Kos und zwar am linken Ufer desselben, in bezaubernd schöner Gegend,
U'Ngrünt von Orangenhainen und wohlbewässertcn Anpflanzungen, die sich
SU beiden Seiten des Stromes bis in die Gegend der Stadt Alkazar El Ke-
bir hinziehen. Näher betrachtet verlieren indeß diese anmuthigen Gärten ganz
^enso wie die Stadt (wie jede orientalische Stadt), deren malerische Gestalt


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enge einen Hasen zu finden, in dem sie warten oder in dem sie. mit günsti¬
gem Wind kommend, bei plötzlichem Umschlagen desselben sofort Schuh suchen
kann. Nun finden sich an der Straße aus dem Mittelmeer in das Atlantische
nur zwei solche Häfen: Gibraltar und Ceuta. und da letzteres in den Hän¬
den einer Macht ist. die als Seemacht keine Bedeutung hat, so hat anch der
Hufen Ceutas in obiger Beziehung keine Bedeutung, indem es die Engländer
jeden Augenblick verhindern können, daß er von Spanien einer ihnen feind¬
lichen Macht geöffnet wird. So kann man in gewissem Sinne sagen, daß
die Engländer jetzt beide Seiten der Meerenge beherrschen. Etwas ganz An¬
deres wäre es. wenn Ceuta den Franzosen gehörte; dann wäre der Besitz
Gibraltars für Großbritannien von unendlich geringerer Wichtigkeit.

Wir kehren nun zu den marokkanischen Küsten zurück. Beim Cap Spar¬
tel, welches zwei Lieues westlich von Tanger liegt, verläßt man die Meerenge
und tritt in das Atlantische Meer ein. Infolge der erwähnten reißenden
Strömung ist ein Kreuzen an diesen Küsten sehr schwierig, man ist gezwungen,
in kurzen Schlägen zu laviren und sich dem Lande möglichst nahe zu halten,
da man, in die Mitte des Kanals gehend, gewärtig sein müßte, von dem Men-
n'sstwm mit großer Schnelligkeit weit von den Punkten der Küste weggerissen
Zu werden, die man zu beobachten gekommen. Nachdem man das Kap Spar¬
te! umschifft hat, trifft man den kleinen Hafen Arzila, den früher die Por¬
tugiesen besaßen, und dessen Gestade sich sehr gut zu Truppenlandungen eignet.
Man erblickt eine malerische, theilweise in Trümmern liegende Kasbah, eine
Ringmauer, die mit Zinnen gekrönt und an einigen Stellen von einem tiefen
Graben eingefaßt ist. und mehre dicke Thürme, von denen zwei zur Aufnahme
von Geschützen eingerichtet sind. Die Mauer hat auf ihren langen Seiten
1500. auf den schmalen 1200 Fuß Länge. Die Stadt ist fast ganz verlassen.
Nur etwa 500 Maurer und Juden bewohnen dieselbe und ernähren sich vom
Ertrag ihrer Gärtchen und etwas Fischfang. Der größte Theil der Hänser
liegt in Ruinen. Handel wird nicht getrieben. Dagegen ist Arzila als mi¬
litärischer Posten nicht ohne eine gewisse Bedeutung; denn man könnte ohne
übliche Kosten die Ringmauer in Vertheidigungsstand setzen und aus dem
Orte ein Depot für die Operationen machen, die man zu Lande gegen Tanger
"der gegen das 7 Lieues südlich von Arzila gelegne Larasch vorzunehmen
gedächte.

Larasch, eine Stadt von etwa 8000 Einwohnern, liegt am Ausfluß des
El Kos und zwar am linken Ufer desselben, in bezaubernd schöner Gegend,
U'Ngrünt von Orangenhainen und wohlbewässertcn Anpflanzungen, die sich
SU beiden Seiten des Stromes bis in die Gegend der Stadt Alkazar El Ke-
bir hinziehen. Näher betrachtet verlieren indeß diese anmuthigen Gärten ganz
^enso wie die Stadt (wie jede orientalische Stadt), deren malerische Gestalt


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[0479] enge einen Hasen zu finden, in dem sie warten oder in dem sie. mit günsti¬ gem Wind kommend, bei plötzlichem Umschlagen desselben sofort Schuh suchen kann. Nun finden sich an der Straße aus dem Mittelmeer in das Atlantische nur zwei solche Häfen: Gibraltar und Ceuta. und da letzteres in den Hän¬ den einer Macht ist. die als Seemacht keine Bedeutung hat, so hat anch der Hufen Ceutas in obiger Beziehung keine Bedeutung, indem es die Engländer jeden Augenblick verhindern können, daß er von Spanien einer ihnen feind¬ lichen Macht geöffnet wird. So kann man in gewissem Sinne sagen, daß die Engländer jetzt beide Seiten der Meerenge beherrschen. Etwas ganz An¬ deres wäre es. wenn Ceuta den Franzosen gehörte; dann wäre der Besitz Gibraltars für Großbritannien von unendlich geringerer Wichtigkeit. Wir kehren nun zu den marokkanischen Küsten zurück. Beim Cap Spar¬ tel, welches zwei Lieues westlich von Tanger liegt, verläßt man die Meerenge und tritt in das Atlantische Meer ein. Infolge der erwähnten reißenden Strömung ist ein Kreuzen an diesen Küsten sehr schwierig, man ist gezwungen, in kurzen Schlägen zu laviren und sich dem Lande möglichst nahe zu halten, da man, in die Mitte des Kanals gehend, gewärtig sein müßte, von dem Men- n'sstwm mit großer Schnelligkeit weit von den Punkten der Küste weggerissen Zu werden, die man zu beobachten gekommen. Nachdem man das Kap Spar¬ te! umschifft hat, trifft man den kleinen Hafen Arzila, den früher die Por¬ tugiesen besaßen, und dessen Gestade sich sehr gut zu Truppenlandungen eignet. Man erblickt eine malerische, theilweise in Trümmern liegende Kasbah, eine Ringmauer, die mit Zinnen gekrönt und an einigen Stellen von einem tiefen Graben eingefaßt ist. und mehre dicke Thürme, von denen zwei zur Aufnahme von Geschützen eingerichtet sind. Die Mauer hat auf ihren langen Seiten 1500. auf den schmalen 1200 Fuß Länge. Die Stadt ist fast ganz verlassen. Nur etwa 500 Maurer und Juden bewohnen dieselbe und ernähren sich vom Ertrag ihrer Gärtchen und etwas Fischfang. Der größte Theil der Hänser liegt in Ruinen. Handel wird nicht getrieben. Dagegen ist Arzila als mi¬ litärischer Posten nicht ohne eine gewisse Bedeutung; denn man könnte ohne übliche Kosten die Ringmauer in Vertheidigungsstand setzen und aus dem Orte ein Depot für die Operationen machen, die man zu Lande gegen Tanger "der gegen das 7 Lieues südlich von Arzila gelegne Larasch vorzunehmen gedächte. Larasch, eine Stadt von etwa 8000 Einwohnern, liegt am Ausfluß des El Kos und zwar am linken Ufer desselben, in bezaubernd schöner Gegend, U'Ngrünt von Orangenhainen und wohlbewässertcn Anpflanzungen, die sich SU beiden Seiten des Stromes bis in die Gegend der Stadt Alkazar El Ke- bir hinziehen. Näher betrachtet verlieren indeß diese anmuthigen Gärten ganz ^enso wie die Stadt (wie jede orientalische Stadt), deren malerische Gestalt 59*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/479>, abgerufen am 15.06.2024.