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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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ich solle zu ihnen kommen, aNein ich habe dieß jedes Mahl abzulehnen ge.
sucht, ob daß zwar meine letzte Netraitte seyn würde: so leugne ich Ihnen
dennoch nicht, daß mein Hauptwunsch ist auf einige Zeit an einen Ort zu
gehen um meine Gesundheit einigermaßen herzustellen und um unter diesem
Vorwand mich dem blauen Nock zu empfehlen: daß ich gerne Soldat bin
wissen Sie und blos die Wahrscheinlichkeit dann mehr von meinem Vater ab¬
zuhängen ist das was mich unschlüssig macht. Fürstenburg, dem ich sehr
gut hin, weil er wirklich ein braver und guter Mann ist, hat der König blos
no meinem Vater einen Gefallen zu erweisen zum Oberstlieutenant gemacht,
et hat nichts gethan wodurch er Dieß verdiente; allein auffallend ja sondcr-
vahr muß es mir scheinen, daß der Herzog sich mehr für ihn als für seine
eigene Sache interessirt. Dies ist das Letzte von den vielen Beweisen der
größten Gleichgültigkeit die er mir gegeben und nun rathen Sie mir als
Freund, was ich bei solchen Umstanden thun soll: gestern kam der Herzog
hierher er war sehr kalt und ich bemerkte deutlich, daß alles promeditirt war;
er besahe unsere Position und da er bemerkte, daß mein Bataillon weit vor¬
stand, so sagte e,r. >er hoffe wir wären alle Nächte angezogen, in der That
kommen die französischen Scharfschützen bis unter den Kanonen des Bataillons
und wir schießen uns den ganzen Tag mit ihnen herum. Um wieder auf
obiges zu kommen, hielt ich fürs rathsamste eben so ernsthaft und gleichgül¬
tig zu seyn und so gingen wir auseinander nachdem er mich gefragt wie es
mir ginge; die natürliche Antwort war, sehr gut: um aber doch auf etwas
anders zu kommen; so habe ich ernstlich für gewiß gehört, daß Bischoffswerder
sich gänzlich retiriren würde 2, daß nur ein Contingent hier bleibe und alles
übrige nach Hause gehe 3. der Herzog wolle vor dem Winter noch die Armee
verlassen, und der Prinz von Hohenlohe würde gänzlich das Kommando über¬
nehmen. Dies ist das meiste was ich weiß; dennoch bitteich Sie inständigst
nicht darauf nachzusagen. Was meine Lage also betrifft, bin ich äußerst un¬
schlüssig und allein die Gewißheit Ihnen aufrichtig schreiben zu dürfen ist es
die mich so glücklich macht: empfehlen sie mich gütigst Ihrer Frau Gemahlin
"ut Frnuleiu Töchter und seyn ganz von meiner Freundschaft und Hochach¬
W. tung versichert.




ich solle zu ihnen kommen, aNein ich habe dieß jedes Mahl abzulehnen ge.
sucht, ob daß zwar meine letzte Netraitte seyn würde: so leugne ich Ihnen
dennoch nicht, daß mein Hauptwunsch ist auf einige Zeit an einen Ort zu
gehen um meine Gesundheit einigermaßen herzustellen und um unter diesem
Vorwand mich dem blauen Nock zu empfehlen: daß ich gerne Soldat bin
wissen Sie und blos die Wahrscheinlichkeit dann mehr von meinem Vater ab¬
zuhängen ist das was mich unschlüssig macht. Fürstenburg, dem ich sehr
gut hin, weil er wirklich ein braver und guter Mann ist, hat der König blos
no meinem Vater einen Gefallen zu erweisen zum Oberstlieutenant gemacht,
et hat nichts gethan wodurch er Dieß verdiente; allein auffallend ja sondcr-
vahr muß es mir scheinen, daß der Herzog sich mehr für ihn als für seine
eigene Sache interessirt. Dies ist das Letzte von den vielen Beweisen der
größten Gleichgültigkeit die er mir gegeben und nun rathen Sie mir als
Freund, was ich bei solchen Umstanden thun soll: gestern kam der Herzog
hierher er war sehr kalt und ich bemerkte deutlich, daß alles promeditirt war;
er besahe unsere Position und da er bemerkte, daß mein Bataillon weit vor¬
stand, so sagte e,r. >er hoffe wir wären alle Nächte angezogen, in der That
kommen die französischen Scharfschützen bis unter den Kanonen des Bataillons
und wir schießen uns den ganzen Tag mit ihnen herum. Um wieder auf
obiges zu kommen, hielt ich fürs rathsamste eben so ernsthaft und gleichgül¬
tig zu seyn und so gingen wir auseinander nachdem er mich gefragt wie es
mir ginge; die natürliche Antwort war, sehr gut: um aber doch auf etwas
anders zu kommen; so habe ich ernstlich für gewiß gehört, daß Bischoffswerder
sich gänzlich retiriren würde 2, daß nur ein Contingent hier bleibe und alles
übrige nach Hause gehe 3. der Herzog wolle vor dem Winter noch die Armee
verlassen, und der Prinz von Hohenlohe würde gänzlich das Kommando über¬
nehmen. Dies ist das meiste was ich weiß; dennoch bitteich Sie inständigst
nicht darauf nachzusagen. Was meine Lage also betrifft, bin ich äußerst un¬
schlüssig und allein die Gewißheit Ihnen aufrichtig schreiben zu dürfen ist es
die mich so glücklich macht: empfehlen sie mich gütigst Ihrer Frau Gemahlin
"ut Frnuleiu Töchter und seyn ganz von meiner Freundschaft und Hochach¬
W. tung versichert.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/49>, abgerufen am 14.05.2024.