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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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oder Quark sei. Die Wirthschaft des Herrn aber erfordert eine Wirthin, die
von Jugend auf dabei erzogen ist; auch ist solche Heirath das einzige Mittel,
seine Kinder mit der Zeit zu rechtschaffenen Landedelleuten zu machen." Zu
diesem Ende schlug er mir eine Dame der Nachbarschaft vor, und erbot sich,
selbst den Frciwerber abzugeben. "Sie ist schön, eine gute Wirthin, von
guten Mitteln und altem Hause, das Alles wird der Herr unmöglich in der
Stadt beisammen finden." Als ich ihn hierauf fragte, wie hoch sich ihre
Mittel beliefen, schnitt er von 2000 Thalern auf. Zwar zweifelte ich schon
damals daran, weil dies auf dem Lande ein so großes Heirathsgut ist, daß
auch wol Freiherrn danach schnappen, doch ließ ich mich endlich dazu bereden,
weil die Dame nicht übel gebildet war und der neue Adel mir alle gesunde
Vernunft aus dem Hirn geschafft hatte. Bald sand ich, daß die vorgegebenen
2000 Thaler bis auf 400 schwanden, die noch dazu in einem zweifelhaften
Proceß schwebten, der kaum so viel austragen konnte, als die darauf zu wen¬
denden Unkosten betrugen, oder als mich ein standesgemäßes Beilager kosten
würde. Dem ungeachtet hatte ich im Anfang Liebe zu ihrer guten Gestalt
und schlug mir Alles aus dem Sinn. Da sie mir aber so gar nichts an
Schmuck, Kleidern und andern Franengeschmeiden zugebracht, fragte ich einst
meine Frau Schwiegermutter, wo denn die Kettchen, Ringe und die paar
taffetnen Röcklein wären, mit denen ich doch meine Liebste bekleidet gefunden
hätte, als ich um sie warb. Sie aber gab mir mit höhnischem Gelächter
zur Antwort, wenn ich sie auch nur im bloßen Hemde bekommen hätte,
sollte ich dennoch damit zufrieden sein und mich begnügen, daß sie soweit
von ihrem adligen Geschlecht herabgestiegen sei und mir ihr Kind gegeben
hätte, sie werde noch Ungelegenheit genug haben, diesen Schimpf bei ihrer
Freundschaft abzuwischen, welche die Heirath durchaus nicht hätte zugeben
wollen. Was aber Kleider und Schmuck anbelange, so müßte ich wissen,
daß sie noch mit mehr Töchtern versehen sei, und auch diese zu bedenken hätte.
Auch sei es in der Gegend Gebrauch, mit einem Kleide und Ausputz zwei
bis drei Töchter zugleich zu versorgen; wenn eine von ihnen geputzt wäre,
müßte die andere unterdeß der Wirthschaft obliegen, oder wenn Gäste kä¬
men, sich krank stellen, und im Bette gedulden, bis die Woche oder Reihe
auch an sie käme. Damit mußte ich zufrieden sein, und meine Liebste, wollte
ich sie mir nicht zum Schimpf gehen lassen, mit vollständiger adliger Klei¬
dung und Schmuck von Fuß aus aus eigenen Mitteln versehen. Darüber
ging denn mein baares Geld vollends darauf; zumal mir die Hochzeit sehr
viel gekostet hatte, denn fast die ganze Landschaft lag mir mit Weibern. Kin¬
dern. Gesinden und Pferden länger als vierzehn Tage auf dem Halse und
war nicht wegzubringen, so lange sie in Küche und Keller noch etwas für
sich fanden. Aber auch was ich für meine Gemahlin machen ließ, war ihr


3*

oder Quark sei. Die Wirthschaft des Herrn aber erfordert eine Wirthin, die
von Jugend auf dabei erzogen ist; auch ist solche Heirath das einzige Mittel,
seine Kinder mit der Zeit zu rechtschaffenen Landedelleuten zu machen." Zu
diesem Ende schlug er mir eine Dame der Nachbarschaft vor, und erbot sich,
selbst den Frciwerber abzugeben. „Sie ist schön, eine gute Wirthin, von
guten Mitteln und altem Hause, das Alles wird der Herr unmöglich in der
Stadt beisammen finden." Als ich ihn hierauf fragte, wie hoch sich ihre
Mittel beliefen, schnitt er von 2000 Thalern auf. Zwar zweifelte ich schon
damals daran, weil dies auf dem Lande ein so großes Heirathsgut ist, daß
auch wol Freiherrn danach schnappen, doch ließ ich mich endlich dazu bereden,
weil die Dame nicht übel gebildet war und der neue Adel mir alle gesunde
Vernunft aus dem Hirn geschafft hatte. Bald sand ich, daß die vorgegebenen
2000 Thaler bis auf 400 schwanden, die noch dazu in einem zweifelhaften
Proceß schwebten, der kaum so viel austragen konnte, als die darauf zu wen¬
denden Unkosten betrugen, oder als mich ein standesgemäßes Beilager kosten
würde. Dem ungeachtet hatte ich im Anfang Liebe zu ihrer guten Gestalt
und schlug mir Alles aus dem Sinn. Da sie mir aber so gar nichts an
Schmuck, Kleidern und andern Franengeschmeiden zugebracht, fragte ich einst
meine Frau Schwiegermutter, wo denn die Kettchen, Ringe und die paar
taffetnen Röcklein wären, mit denen ich doch meine Liebste bekleidet gefunden
hätte, als ich um sie warb. Sie aber gab mir mit höhnischem Gelächter
zur Antwort, wenn ich sie auch nur im bloßen Hemde bekommen hätte,
sollte ich dennoch damit zufrieden sein und mich begnügen, daß sie soweit
von ihrem adligen Geschlecht herabgestiegen sei und mir ihr Kind gegeben
hätte, sie werde noch Ungelegenheit genug haben, diesen Schimpf bei ihrer
Freundschaft abzuwischen, welche die Heirath durchaus nicht hätte zugeben
wollen. Was aber Kleider und Schmuck anbelange, so müßte ich wissen,
daß sie noch mit mehr Töchtern versehen sei, und auch diese zu bedenken hätte.
Auch sei es in der Gegend Gebrauch, mit einem Kleide und Ausputz zwei
bis drei Töchter zugleich zu versorgen; wenn eine von ihnen geputzt wäre,
müßte die andere unterdeß der Wirthschaft obliegen, oder wenn Gäste kä¬
men, sich krank stellen, und im Bette gedulden, bis die Woche oder Reihe
auch an sie käme. Damit mußte ich zufrieden sein, und meine Liebste, wollte
ich sie mir nicht zum Schimpf gehen lassen, mit vollständiger adliger Klei¬
dung und Schmuck von Fuß aus aus eigenen Mitteln versehen. Darüber
ging denn mein baares Geld vollends darauf; zumal mir die Hochzeit sehr
viel gekostet hatte, denn fast die ganze Landschaft lag mir mit Weibern. Kin¬
dern. Gesinden und Pferden länger als vierzehn Tage auf dem Halse und
war nicht wegzubringen, so lange sie in Küche und Keller noch etwas für
sich fanden. Aber auch was ich für meine Gemahlin machen ließ, war ihr


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/31>, abgerufen am 21.05.2024.