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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Majestät auf seine Ehre übernommen hat zu erfüllen. Der König ist verpflichtet,
Schleswig nicht in Dänemark einzuverleiben, im Herzogthum repräsentative Stände
zu erhalten und die dänische und deutsche Nationalität gleichmäßig zu beschützen,
aber weder der Form noch dem Inhalte nach geben diese Versprechungen Oestreich,
Preußen oder dem deutschen Bunde das Recht, sich in alle Einzelheiten des däni-
schen Herzogthums Schleswig zu mischen. Wäre, es einverleibt oder seiner beson¬
dern Verfassung beraubt, so könnte Deutschland das Recht beanspruchen, zu inter-
vcniren, aber wenn jede Kirchen- und Schulsache in Schleswig zum Gegenstand der
Einmischung des deutschen Bundes werden dürste, so würden die Souveränetäts-
rechte des Königs von Dänemark nur dem Namen nach bestehen bleiben. Die bri¬
tische Regierung wird immer allen Einfluß, den sie am Hofe von Dänemark besitzt,
anwenden, um die Beschützung der deutschen Einwohner von Schleswig zu sichern,
aber wenn die preußische Regierung aus die Gefühle anspielt, welche kürzlich von
I. Maj. Regierung für die italienische Nationalität geäußert sind, so muß daran er¬
innert werden, daß im Herzogthum Schleswig 140,000 Dänen leben und der Rest
der Bevölkerung nicht rein deutsch ist, während weder in Kirche noch Staat des
Königreichs beider Sicilien irgend eine gemischte Bevölkerung sich vorfand.

In eins mögen wir die Verpflichtungen betrachten, welche der König von Dä¬
nemark gegen Oestreich, Preußen und den deutschen Bund übernommen hat, mögen
wir die Befürchtungen der dänischen Regierung erwägen, oder die Mischung der
Racen und die gerechten Rücksichten, weiche Dänen und Deutsche gleichmäßig fordern
können, -- I. Maj. Regierung ist überzeugt, daß niemals eine Frage war, welche
so gebieterisch eine gemäßigte Behandlung forderte, oder bei welcher der Ausbruch
eines Kampfes nachtheiliger für alle Jntercssirtc wäre.


gez. I. Russell.
Herrn W. Lowther,
Kgl. Großbritanischem Geschäftsträger.

Die Antwort auf diese Depesche kann Herrn v. Schleinitz nicht schwer gewor¬
den sein; auf die Bemerkung, daß eine Einmischung Deutschlands in jede einzelne
Vcrwaltungs-Angelegenheit von Schleswig nicht statthaft sei, ist einfach zu erwidern,
daß jeder größere Angriff auf die Rechte Schleswigs aus vielen einzelnen verletzen¬
den'Acten bestehen muß und die systematisch betriebene Danisirung Schleswigs of¬
fenbar ein Schritt zur Einverleibung ist, welche nicht zu unternehmen Dänemark
versprochen hat. Was das Verhältniß der Dänen und Deutschen im Herzogthuwc
betrifft, so hat Lord Russell offenbar aus trüben Quellen geschöpft. Die Schlei
wigsche Ständeversammlung würde ihm unzweifelhaft zeigen, daß er sich correcter aus¬
gedrückt haben würde, wenn er in seiner Depesche gesagt hätte, der Süden Schlei
wigs sei deutsch und der Norden nicht rein dänisch. Wir bezweifeln nicht, daß
diesem Sinne von der Wilhelmsstraße aus geantwortet ist; indeß gestehen wir, nicht
einsehen zu können, was bei diesem Hin- und Hcrschreiben noch weiter herauskom¬
men kann. Der Worte sind genug gewechselt, laßt endlich Thaten reden.


Majestät auf seine Ehre übernommen hat zu erfüllen. Der König ist verpflichtet,
Schleswig nicht in Dänemark einzuverleiben, im Herzogthum repräsentative Stände
zu erhalten und die dänische und deutsche Nationalität gleichmäßig zu beschützen,
aber weder der Form noch dem Inhalte nach geben diese Versprechungen Oestreich,
Preußen oder dem deutschen Bunde das Recht, sich in alle Einzelheiten des däni-
schen Herzogthums Schleswig zu mischen. Wäre, es einverleibt oder seiner beson¬
dern Verfassung beraubt, so könnte Deutschland das Recht beanspruchen, zu inter-
vcniren, aber wenn jede Kirchen- und Schulsache in Schleswig zum Gegenstand der
Einmischung des deutschen Bundes werden dürste, so würden die Souveränetäts-
rechte des Königs von Dänemark nur dem Namen nach bestehen bleiben. Die bri¬
tische Regierung wird immer allen Einfluß, den sie am Hofe von Dänemark besitzt,
anwenden, um die Beschützung der deutschen Einwohner von Schleswig zu sichern,
aber wenn die preußische Regierung aus die Gefühle anspielt, welche kürzlich von
I. Maj. Regierung für die italienische Nationalität geäußert sind, so muß daran er¬
innert werden, daß im Herzogthum Schleswig 140,000 Dänen leben und der Rest
der Bevölkerung nicht rein deutsch ist, während weder in Kirche noch Staat des
Königreichs beider Sicilien irgend eine gemischte Bevölkerung sich vorfand.

In eins mögen wir die Verpflichtungen betrachten, welche der König von Dä¬
nemark gegen Oestreich, Preußen und den deutschen Bund übernommen hat, mögen
wir die Befürchtungen der dänischen Regierung erwägen, oder die Mischung der
Racen und die gerechten Rücksichten, weiche Dänen und Deutsche gleichmäßig fordern
können, — I. Maj. Regierung ist überzeugt, daß niemals eine Frage war, welche
so gebieterisch eine gemäßigte Behandlung forderte, oder bei welcher der Ausbruch
eines Kampfes nachtheiliger für alle Jntercssirtc wäre.


gez. I. Russell.
Herrn W. Lowther,
Kgl. Großbritanischem Geschäftsträger.

Die Antwort auf diese Depesche kann Herrn v. Schleinitz nicht schwer gewor¬
den sein; auf die Bemerkung, daß eine Einmischung Deutschlands in jede einzelne
Vcrwaltungs-Angelegenheit von Schleswig nicht statthaft sei, ist einfach zu erwidern,
daß jeder größere Angriff auf die Rechte Schleswigs aus vielen einzelnen verletzen¬
den'Acten bestehen muß und die systematisch betriebene Danisirung Schleswigs of¬
fenbar ein Schritt zur Einverleibung ist, welche nicht zu unternehmen Dänemark
versprochen hat. Was das Verhältniß der Dänen und Deutschen im Herzogthuwc
betrifft, so hat Lord Russell offenbar aus trüben Quellen geschöpft. Die Schlei
wigsche Ständeversammlung würde ihm unzweifelhaft zeigen, daß er sich correcter aus¬
gedrückt haben würde, wenn er in seiner Depesche gesagt hätte, der Süden Schlei
wigs sei deutsch und der Norden nicht rein dänisch. Wir bezweifeln nicht, daß
diesem Sinne von der Wilhelmsstraße aus geantwortet ist; indeß gestehen wir, nicht
einsehen zu können, was bei diesem Hin- und Hcrschreiben noch weiter herauskom¬
men kann. Der Worte sind genug gewechselt, laßt endlich Thaten reden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/208>, abgerufen am 16.06.2024.